Eine Säule der Sozialpolitik für Mieter ist das Wohngeld. Politiker verweisen darauf, dass es sich nicht um ein staatliches Almosen handelt, sondern um eine notwendige und begründete Unterstützungsleistung für einkommensschwache Haushalte. Berlin hat mit seinen städtischen Wohnungsunternehmen eine weitere Maßnahme zur Senkung der Mietkosten bei niedrigem Einkommen eingeführt.
Ob mancher Mieter und Wohnungseigentümer keine Ahnung von seinem Anspruch auf Wohngeld hat, sich für das Inanspruchnehmen einer staatlichen Hilfe geniert oder ob er den – zugegebenermaßen – erheblichen Aufwand beim Beantragen scheut, das weiß man nicht. Was man weiß: Erheblich mehr als jene 1,9 Prozent beziehungsweise 783 000 deutschen Haushalte, die nach Angaben des Statistischen Bundesamts Wohngeld beziehen, könnten in den Genuss dieser staatlichen Leistung kommen. Erst recht in Berlin. Hier, wo die durchschnittlichen Einkommens- und Miethöhen in einem vergleichsweise ungünstigen Verhältnis zueinander stehen, ist die Anzahl der Wohngeldbezieher mit 1,7 Prozent beziehungsweise 35 000 Haushalten, ungewöhnlich niedrig.
Wohngeld ist ein Zuschuss zu Miete und Nebenkosten für Haushalte mit geringem Einkommen. Die Ausgaben von 1,2 Milliarden Euro jährlich tragen Bund und Länder hälftig. Nicht nur Mieter haben gegebenenfalls einen Hilfeanspruch, auch Besitzer von Eigentumswohnungen und Eigenheimen können einen Antrag stellen.
Ob der Antrag Erfolg hat und in welcher Höhe Wohngeld vom Staat gezahlt wird, hängt ab vom Einkommen eines Haushalts, der Anzahl seiner Mitglieder, der Fläche der Wohnung und der Höhe der Miete – bei Wohneigentümern entsprechend den finanziellen Aufwendungen für das Wohnen. Die Miethöhe wird aber nur bis zu einem von der Haushaltsgröße abhängigen Maximalbetrag berücksichtigt.
Eine Rolle spielt auch der übergeordnete Faktor „Mietenstufe“. Mit ihr wird jeder deutschen Kommune eine Kennzahl zwischen I und VI zugeordnet, womit der Gesetzgeber den unterschiedlichen Mietniveaus zwischen Stadt und Land, begehrten und weniger nachgefragten Regionen und Orten Rechnung trägt. Berlin hat die Mietenstufe IV und liegt damit etwas über dem deutschen Mittelwert.
Durchschnittlich erhält ein wohngeldberechtigter Haushalt deutschlandweit 113 Euro, immerhin knapp ein Drittel seiner Bruttokaltmiete. Für die Höhe spielt die Anzahl der Haushaltsmitglieder die wichtigste Rolle: In Berlin bezieht der Single in der Regel 84 Euro, der Vierpersonenhaushalt 163 Euro Wohngeld.
Wie nun vorgehen beim Beantragen? Ein vernünftiger erster Schritt besteht im Überprüfen, ob man für einen Zuschuss überhaupt in Betracht kommt. Grundsätzlich nicht in Betracht kommt derjenige, bei dem Ausgaben für das Wohnen bereits in einer anderen staatlichen Unterstützung berücksichtigt sind – vereinfacht gesagt: jeder, der Arbeitslosengeld oder Grundsicherung oder Leistungen aus der Bundesausbildungsförderung („Bafög“) und ähnliches erhält. Wer kein Bafög erhält, aber Student oder Auszubildender ist, kann dagegen sehr wohl Anspruch auf Wohngeld haben. Auch kommt man als Freiberufler oder Selbstständiger in Betracht. Und natürlich ebenso als Rentner. Aber Achtung: Das gilt für den Bezieher einer „normalen“ Altersrente. Wer „Grundsicherung im Alter“ erhält, ist Bezieher einer staatlichen Transfer-Leistung und somit nicht berechtigt.
Ist dieser grundsätzliche Punkt geklärt, leistet im zweiten Schritt ein „Wohngeldrechner“ (siehe unten) gute Dienste. Im Internet finden sich etliche solcher Prüfangebote, die nach Eintrag der erforderlichen Faktoren und Werte einen möglichen Wohngeldanspruch automatisch berechnen. Dabei bedient man sich als Berliner sinnvollerweise des kostenlosen Wohngeldrechners auf den Internetseiten des Senats, der Berliner Besonderheiten wie die Mietenstufe von sich aus berücksichtigt und auch nicht weniger komfortabel ist als andere Angebote, für die man teilweise sogar bezahlen muss.
Für die Einträge im Wohngeldrechner sind einige detailgenaue Daten erforderlich: die Größe der Wohnung, die Höhe der Gesamtmiete, die Höhe der monatlichen Vorschüsse für Heizkosten und, falls separat gezahlt, für Warmwasser, eventuelle Zuschläge für Garage oder Untervermietung, aber auch die Einnahmen aus einer Untervermietung oder die Angabe, zu welchem Prozentsatz die Wohnung gegebenenfalls gewerblich genutzt wird. Weiter wird die Eingabe des monatlichen oder jährlichen anrechenbaren Einkommens und der Werbekosten abgefragt, wobei zumindest grundlegend mittels Hilfe-Buttons erläutert wird, was darunter zu verstehen ist. In der Regel besteht in der für Berlin maßgeblichen Mietenstufe IV ein Wohngeldanspruch unterhalb eines anrechenbaren Einkommens von 880 Euro bei einem Single-Haushalt, 1120 Euro bei einem Zweipersonen- und 1810 Euro bei einem Vierpersonenhaushalt.
Der Wohngeldrechner weist darauf hin, dass die Berechnung unverbindlich ist und sich aus ihr kein Anspruch ableiten lässt. In der Tat ist im schriftlichen Wohngeldantrag – dem dritten Schritt – und bei der Berechnung des Einkommens und zu berücksichtigender Ausgaben etliches mehr zu beachten. Deswegen ein Tipp: Um zu ermitteln, wie nahe Sie an einem Wohngeldanspruch sind, können Sie beim „anzurechnenden Einkommen“ einmal verschiedene Werte im Rechner durchspielen. Sind Sie „nahe dran“, sollten Sie sich die Mühe des schriftlichen Antrags machen. Vielleicht werden in der komplizierten Praxis Dinge berücksichtigt, die Sie außer Acht gelassen haben. Das gilt erst recht, wenn es sich in Ihrem Fall um eine etwas kompliziertere Haushaltssituation handelt, etwa mit schwerbehinderten oder pflegebedürftigen Angehörigen, oder Sie Alleinerziehende(r) mit Kindern unter zwölf Jahren, selbstständig sind und/oder dergleichen mehr. Zwar wird auf diversen Internet-Seiten die Berechnung von Frei- und Abzugsbeträgen hinreichend erläutert, auch ein beim Berliner Mieterverein erhältliches Merkblatt und die Wohngeldbroschüre (siehe unten) der Bundesregierung erklären die Regelungen, doch im Zweifelsfall ist der schriftliche Antrag der sichere Weg, um den persönlichen Anspruch auszuloten. Das Antragsformular zum Wohngeld (siehe unten) („Mietzuschussantrag“) kann man neben weiteren erforderlichen Formbögen im Online-„Formularcenter“ der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung downloaden. Erhältlich sind sie ebenso beim bezirklichen Wohnungsamt (siehe unten), wo der Antrag schließlich auch unterschrieben eingereicht werden muss. Immer bedenken sollte man: Wer zum Durchschnitt der Berechtigten zählt und auf seinen Anspruch verzichtet, verzichtet in der Regel auf rund 1300 Euro im Jahr.
Neben dem Wohngeld gibt es für Berliner Mieter, die bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften (WBGen) wohnen, eine weitere Möglichkeit, Geld bei der Miete zu sparen – dies im Wortsinn, denn hier gibt es keinen staatlichen Zuschuss zur Miete, sondern die Begrenzung einer Mieterhöhung in ganz speziellen Fällen. Im September 2012 zwischen dem Berliner Senat und den WBGen vereinbart und zum 1. Januar des neuen Jahres noch einmal nachgebessert, sieht diese Regelung vor, dass die Kaltmiete bei 30 Prozent des Nettoeinkommens eines Haushalts gekappt wird, falls eine neue Mieterhöhung zu einer darüber liegenden Miete führen würde.
Anspruchsberechtigt sind alle Mieter bei den städtischen WBGen, die mit ihrem Einkommen in den Bemessungsgrenzen des Berliner Wohnberechtigungsscheins liegen. Für einen Einpersonenhaushalt beträgt diese Grenze 16800 Euro, für einen Zweipersonenhaushalt 25200 Euro im Jahr. Mit jedem weiteren Erwachsenen im Haushalt erhöht sich die Grenze um 5740 Euro, mit jedem Kind um 700 Euro. Wie beim Wohngeld gilt auch hier: Für die Berechnung des anrechenbaren Einkommens (siehe unten)sind möglicherweise diverse Ab- und Zuschläge im Einzelfall zu berücksichtigen. Diese werden unter dem Stichwort „Wohnberechtigungsschein“ in der sogenannten Mieterfibel des Senats und im BMV-Merkblatt „Tipps zum Wohnberechtigungsschein“ (siehe unten)im Einzelnen ausführlich dargestellt.
Weist eine Wohnung bei den städtischen Vermietern besonders hohe Heizkosten aus, dann wird bei einer Mieterhöhung im Härtefall die Kaltmiete nicht bei 30, sondern schon bei 27 Prozent gekappt. Dafür muss der sogenannte Energieverbrauchskennwert (siehe unten)höher als 170 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/m²a) sein.
Zusätzlich ist vorgesehen, dass bei besonderen Lebensumständen die für den Härtefall geltenden Wohnflächengrenzen im Einzelfall um bis zu 20 Prozent überschritten werden dürfen. Auch das kann sich zusätzlich in Euro und Cent auszahlen. Hingewiesen sei aber darauf, dass nach den bisherigen Erfahrungen deutlich weniger als ein Prozent der theoretisch Berechtigten in den Genuss der Härtefall-Regelung gekommen sind. Auch wissen die Rechtsberater des Berliner Mietervereins, dass Energieverbrauchskennwerte von über 170 kWh/m²a eher ungewöhnlich sind. Aber es gilt auch hier: den Anspruch überschlägig prüfen und bei hinlänglicher Aussicht auf Erfolg den Antrag stellen. Dazu genügt ein formloses Schreiben an die Wohnungsbaugesellschaft, die dem Mieter dann erläutert, anhand welcher Unterlagen er seine Einkommensverhältnisse offen legen muss, damit sie den Antrag prüfen kann. Bitte beachten Sie: Ein Antrag kann nur in der Folge einer Mieterhöhung gestellt werden – es besteht kein Anspruch darauf, dass eine bereits in der Vergangenheit gezahlte höhere Miete gesenkt wird.
Udo Hildenstab
Mehr Informationen zum Thema Wohngeld:
- BMV-Info 60: Wohngeld
- BMV-Beratungsangebot zu Wohngeld, WBS, Mietzuschüsse und ALG II
- Wohngeldrechner der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/wohngeld/diwoformular.shtml
- Wohngeldbroschüre: www.stadtentwicklung.berlin.de/ wohnen/wohngeld/download/wohngeld-ratschlaege-und-hinweise.pdf
- Antragsformulare zum Wohngeld: www.stadtentwicklung.berlin.de/service/formulare/de/wohnen.shtml
Und hier steuert das Finanzamt etwas bei
Gelegentlich lassen sich Kosten, die im Zusammenhang mit der Wohnung entstehen, auch durch steuerliche Vergünstigungen senken. So berücksichtigt das Finanzamt bei den sogenannten Werbungskosten die Ausgaben, die für einen berufsbedingten Wohnungsumzug anfallen. Als berufsbedingt anerkannt wird, wenn sich dadurch der Anfahrtsweg zur Arbeit um mindestens eine Stunde verkürzt oder eine doppelte Haushaltsführung vermieden wird. Auch Alter und Gesundheitszustand kommen in Betracht.
Daneben besteht die Möglichkeit, sogenannte haushaltsnahe Dienstleistungen steuerlich geltend zu machen (§ 35 a Einkommensteuergesetz). Dazu zählen Reinigungsarbeiten durch Haushaltshilfen und Fensterputzer, aber auch an Handwerker vergebene Renovierungs- und Reparaturaufträge. Die Kosten für ein Umzugsunternehmen zählen ebenfalls dazu. 20 Prozent der Ausgaben, maximal 4000 Euro im Jahr, kann jeder Lohn- und Einkommensteuerpflichtige bei den haushaltsnahen Dienstleistungen, ebenfalls 20 Prozent, maximal 1200 Euro bei den Handwerkerleistungen geltend machen. Möglicherweise wird auch das Arbeitszimmer in der Wohnung vom Finanzamt steuermindernd berücksichtigt. Hierfür sind die Voraussetzungen aber streng: Das Arbeitszimmer muss Mittelpunkt der beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit sein und es darf kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehen, also auch nicht beim Arbeitgeber. Diese Voraussetzungen erfüllen außer Lehrern nicht viele Berufstätige.
uh
Weitere Informationen zum Thema
Erläuterung zum anrechenbaren Einkommen beim Wohnberechtigungsschein: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mieterfibel/de/mf_wbs.shtml
Infoblätter des Berliner Mietervereins im Internet:
„Wohngeld“ (Nr. 60)
„Tipps zum Wohnberechtigungsschein“ (Nr. 72)
„Energetischer Zustand von Wohngebäuden im Berliner Mietspiegel“ (Nr. 196) –
enthält eine Anleitung zur Berechnung des Energieverbrauchskennwerts
Die Infoblätter sind erhältlich in den Beratungsstellen des Berliner Mietervereins online unter www.berliner-mieterverein.de/recht/infoblaetter
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