Stand: 6/24
Folgende Fragen zum energetischen Zustand behandelt dieser Artikel:
- Wie wird der energetische Zustand
in der Merkmalgruppe „Gebäude“ berücksichtigt - Warum wird dem Energieverbrauchskennwert
eine besondere Bedeutung beigemessen? - Wo finde ich den Energieverbrauchskennwert?
- Wie ermittle ich aus meiner Heizkostenabrechnung
den Energieverbrauchskennwert? - Kann ich bei vorhandener Gasetagenheizung
einen Verbrauchskennwert für das Gebäude herausfinden? - Kann ich die wohnwertmindernden Merkmale
eines hohen Verbrauchskennwertes geltend machen,
wenn mein Wohngebäude unter Denkmalschutz steht? - Wie wende ich den ermittelten Energieverbrauchskennwert
in der Merkmalgruppe (Stufensystem) an?
Die Berücksichtigung des energetischen Zustands von Wohngebäuden bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Berliner Mietspiegel erfolgt in der Spanneneinordnung. Daher gibt es entsprechende Hinweise in der sogenannten Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung, die allerdings unterschiedliche Merkmale für die Bewertung des energetischen Zustands vorsieht.
Mit dem Berliner Mietspiegel 2009 wurden erstmals Energieverbrauchskennwerte als Merkmale eingeführt, die den energetischen Zustand umfassender würdigen als Einzelmerkmale. Gleichzeitig werden in der Merkmalgruppe „Wohnung“ die Merkmale „überwiegend Einfachverglasung“ (wohnwertmindernd) und „überwiegend Wärmeschutzverglasung (ab 2002) oder Schallschutzfenster“ (wohnwerterhöhend) beibehalten, obwohl die beiden Merkmale unstreitig einen nicht unerheblichen Einfluss auf den energetischen Zustand haben und eigentlich im Energieverbrauchskennwert aufgehen könnten.
Die Merkmale wurden jedoch nicht alternativ zur Anwendung von Energieverbrauchskennwerten gestellt, weil sie wohnungsbezogen anwendbar sind, die Fenster im Gebäude oft unterschiedlich sind und außerdem auch der (fehlende) Schallschutz hier mitberücksichtigt werden kann.
Das 7-Punkte-Programm zur Ermittlung
des energetischen Zustands
1. Wie wird der energetische Zustand in der Merkmalgruppe „Gebäude“ berücksichtigt
Der Berliner Mietspiegel sieht hier zwei Alternativen vor.
Alternative 1 sieht folgende Merkmale vor: „unzureichende Wärmedämmung oder Heizanlage mit ungünstigem Wirkungsgrad (Einbau/Installation vor 1995)“ und „Wärmedämmung zusätzlich zur vorhandene Bausubstanz oder Einbau/Installation einer modernen Heizanlage ab 2009 (wenn Bezugsfertigkeit vor diesem Zeitpunkt)“.
Alternative 2 sieht die Berücksichtigung des Energieverbrauchskennwertes für das Gebäude in bis zu drei Stufen vor mit der Möglichkeit, bei sehr gutem oder sehr schlechtem energetischen Zustand innerhalb der Merkmalgruppe eine dreifache Bedeutung des Merkmals zu erhalten. Die in der Orientierungshilfe des Mietspiegels wiedergegebenen Verbrauchskennwerte beziehen sich auf Kennwerte aus Energieausweisen. Die darin enthaltene Flächenangabe ist eine Gebäudenutzfläche, die gemäß § 82 Abs. 2 GEG bei Wohngebäuden mit mehr als zwei Wohneinheiten mit dem 1,2 fachen Wert der Wohnfläche angesetzt ist.
Es gibt keine weitere Erläuterung, wann welche Alternative Anwendung finden muss. Denkbar wäre, dass der Mieter bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete aus der Heizkostenabrechnung einen Energieverbrauchskennwert von mehr als 235 kWh/qm/Jahr ermittelt (3-fach wohnwertmindernd), der Vermieter aber auf eine vor vielen Jahren getätigte Wärmedämmung (mit geringer Dämmstoffdicke und schlecht ausgeführt) verweist (1-fach wohnwerterhöhend).
2. Warum wird dem Energieverbrauchskennwert eine besondere Bedeutung beigemessen?
Für die Anwendung des Mietspiegels benötigen Mieter wie Vermieter möglichst einfache und gleichermaßen umfassende Kriterien. Insoweit bieten sich Kennwerte an, weil dadurch auf eine umfangreiche Liste von Merkmalen zu allen möglichen Bauteilen des Gebäudes verzichtet werden kann. Die Verwendung eines Energieverbrauchskennwertes ist plausibel, weil bei Durchführung energetischer Sanierungen (an der Gebäudehülle, der Fenster oder der Heizanlage) ein direkter Zusammenhang zum sinkenden Energieverbrauch erwartet werden darf. Umgekehrt ist der Energieverbrauch in ungedämmten Wohngebäuden mit ineffizienter Heizanlage hoch. Ein verfälschender Effekt durch das Nutzerverhalten wird in der Regel nur bei sehr kleinen Wohngebäuden (z.B. 1- und 2-Familienhäuser) oder bei extrem homogener Nutzerstruktur (z.B. Altenheim) auftreten können. Das mit der Mietspiegelerstellung 2009 beauftragte Forschungsinstitut hatte im Rahmen einer Zusatzerhebung zum energetischen Zustand einen eindeutigen Mietpreiseffekt ermittelt: Je niedriger der Verbrauchskennwert, je höher die Nettomiete. Je höher der Verbrauchskennwert, je niedriger die Nettomiete. Mit der Einführung von Energieausweisen bei der Anmietung von Wohnraum hat der Bundesgesetzgeber die Bedeutung von darin abgebildeten Energiekennwerten für den energetischen Zustand von Gebäuden unterstrichen.
3. Wo finde ich den Energieverbrauchskennwert?
Es gibt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, den Energieverbrauchskennwert eines Wohngebäudes zu bekommen:
A. Aus der letzten Heizkostenabrechnung, wenn das Gebäude zentral beheizt ist und
B. aus dem Energieausweis, soweit dieser dem Mieter zugänglich gemacht oder ausgehändigt wurde.
Zu A.)
Nur aus sehr wenigen Heizkostenabrechnungen kann der Energieverbrauchskennwert direkt als Wertangabe entnommen werden. In der Regel muss er durch ein (einfaches) Rechenverfahren ermittelt werden (siehe 4.)
Zu B.)
Bei der Wohnungsvermietung (z.B. Besichtigung) haben Vermieter seit 1.5.2014 in allen Wohnungsbeständen den potenziellen Mietern einen Energieausweis oder eine Kopie davon vorzulegen bzw. bei Mietvertragsabschluss auszuhändigen. In diesem Ausweis ist in der Regel ein Energiekennwert als Verbrauchskennwert des Gebäudes abgebildet, der direkt bei der Prüfung der Mieterhöhung verwendet werden kann. Verbrauchskennwerte aus Energieausweisen sind auf der Basis des Durchschnittswertes der drei letzten Heizkostenabrechnungen vor Erstellung des Ausweises ermittelt worden. Allerdings wird bei der Verbrauchskennwertermittlung für Energieausweise nicht die Wohnfläche als Bezug genommen, wie im Mieterhöhungsverfahren, sondern eine um den Faktor 1,2 vergrößerte Fläche, die als Gebäudenutzfläche bezeichnet wird. Da aber die in der Orientierungshilfe angegebenen Energieverbrauchskennwerte ebenfalls aus Energieausweisen stammen und auf Gebäudenutzfläche bezogen sind, muss bei vorliegendem Energieausweis keine Umrechnung erfolgen. Die Kennwerte können direkt miteinander verglichen werden.
Ist im Energieausweis kein Verbrauchskennwert, sondern ein Bedarfskennwert abgebildet, dann kann auch dieser übernommen werden. Für die Einsortierung in die Stufen der Merkmalgruppe müssen die dort angegebenen Verbrauchskennwerte jedoch zuvor um jeweils 20 % erhöht werden. Nur so wird die Vergleichbarkeit von Bedarf und Verbrauch gewahrt.
Wer keinen Energieausweis des Vermieters für das bewohnte Gebäude hat, kann auch neuzugezogene Nachbarn fragen.
4. Wie ermittle ich aus meiner Heizkostenabrechnung den Energieverbrauchskennwert?
Der größte Teil der Heizkostenabrechnungen weist inzwischen auch die im Abrechnungszeitraum verbrauchte Energie aus. Leider sind die Maßeinheiten nach wie vor sehr unterschiedlich. Öl wird meist in Litern angegeben, Gas in Kubikmetern (cbm) oder Gigajoule (GJ) und Fernwärme in Megawattstunden (MWh). Zur Eingruppierung wird jedoch die Maßeinheit Kilowattstunden benötigt.
Achtung: Mit Hilfe eines Programms kann die Ermittlung des Kennwertes auch auf der Internetseite des BMV vorgenommen werden:
Rechner zur Ermittlung des energetischen Zustandes
Erster Schritt: Umrechnung der Maßeinheiten des Verbrauchs in Kilowattstunden (kWh):
1 Liter x 10 (Beispiel: 56.730 l = 567.300 kWh),
1 cbm Gas x 11 (Beispiel: 27.500 cbm = 302.500 kWh),
1 GJ x 278 (Beispiel: 1088 GJ = 302.464 kWh)
1 MWh x 1000 (Beispiel: 360,580 MWh = 360.580 kWh)
1 cbm Wärmelieferung x 64 (Beispiel: 250 cbm = 16.000 kWh)
Zweiter Schritt: Der so ermittelte Jahresenergieverbrauch in kWh muss nun durch die Gebäudenutzfläche (nicht Wohnfläche) geteilt werden, weil in der Orientierungshilfe Kennwerte auf Basis von Gebäudenutzflächen benannt sind. Die Gebäudenutzfläche ist die um den Faktor 1,2 erhöhte Wohnfläche des Gebäudes in Quadratmetern (Beispiel: Wohnfläche 500 qm = 600 qm Gebäudenutzfläche).
Bei zentraler und dezentraler Warmwasserversorgung bestehen spezifische Unterschiede im Energieverbrauch. Gebäude mit dezentraler Warmwasserversorgung weisen im statistischen Durchschnitt einen höheren Kennwert aus. Als Korrekturfaktor müssen daher bei dezentraler Warmwasserversorgung dem Energieverbrauchskennwert für die Beheizung noch 20 kWh/qm/Jahr hinzugefügt werden.
Dritter Schritt: Da die Abrechnungszeiträume unterschiedlich warm und kalt ausfallen, muss der Kennwert auf ein Normjahr bezogen werden. Dazu muss ein Klimabereinigungsfaktor verwendet werden.
Mit dem Inkrafttreten der Novelle der Energieeinsparverordnung zum 1.5.2014 können für Verbrauchskennwertberechnungen bei Energieausweisen nur noch die Klimafaktoren des Deutschen Wetterdienstes verwendet werden, die nach Postleitzahlen und Abrechnungszeiträumen differenziert sind. Da in Berlin fast 200 Postleitzahlen existieren, lassen sich die Klimafaktoren nicht mehr in einer übersichtlichen Tabelle darstellen. Man findet die Klimafaktoren als Download in einer Excel-Datei auf der Internetseite des Deutschen Wetterdienstes Wetter und Klima – Deutscher Wetterdienst – Leistungen – Klimafaktoren (KF) für Energieverbrauchsausweise (dwd.de).
Einfacher ist es jedoch die Kennwertberechnung aus der Heizkostenabrechnung direkt beim Rechner des Berliner Mietervereins durchzuführen, in dem die Klimafaktoren des Deutschen Wetterdienstes hinterlegt sind (Rechner zur Ermittlung des energetischen Zustandes)
Wichtige Empfehlung des Berliner Mietervereins:
Führt ein Überwiegen der Merkmale des energetischen Zustands (Energieverbrauchskennwert) dazu, dass einem Mieterhöhungsverlangen nicht oder nur teilweise zugestimmt wird, sollten neben der Verbrauchskennwertermittlung aus der letzten Heizkostenabrechnung zwecks Verifizierung auch noch die Verbrauchskennwerte der beiden zuvor erstellten Heizkostenabrechnungen errechnet und von allen drei Kennwerten der Mittelwert gebildet werden. Der Mieter muss in diesem Fall also zur weiteren Prüfung die früheren Heizkostenabrechnungen vorlegen.
5. Kann ich bei vorhandener Gasetagenheizung einen Verbrauchskennwert für das Gebäude herausfinden?
Bei Gasetagenheizungen steht den Mietern nur die Abrechnung für die eigene Wohnung zu Verfügung. Ein Rückschluss auf das Gebäude ist damit nicht möglich. Energieverbrauchskennwerte können daher bei Etagenheizungen jeglicher Art für einzelne Wohnungen nicht ermittelt werden.
Allerdings können Energieausweise auf Verbrauchsbasis auch für Wohngebäude, die ausschließlich über Gasetagenheizungen verfügen, erstellt werden. In diesen Fällen stellen die Gasversorger den Vermietern auf Antrag anonymisierte Verbrauchszahlen für das gesamte Wohngebäude zur Verfügung.
Liegt weder ein Energieausweis auf Verbrauchsbasis noch auf Basis des Energiebedarfs vor, bleibt nur die Berücksichtigung der alten Einzelmerkmale, die schon in früheren Mietspiegeln vorhanden waren.
6. Kann ich die wohnwertmindernden Merkmale eines hohen Verbrauchskennwertes geltend machen, wenn mein Wohngebäude unter Denkmalschutz steht?
Sie können dann nicht geltend gemacht werden, wenn die Umsetzung von energetischen Sanierungen gegen denkmalschutzrechtliche Belange verstoßen würde oder deren Umsetzung durch denkmalschutzrechtliche Auflagen unverhältnismäßig (teuer) wäre.
Ob das Wohngebäude unter Denkmalschutz steht, ist der Berliner Denkmalliste
Denkmalliste – Berlin.de,
die auch beim BMV vorliegt, zu entnehmen.
7. Wie wende ich den ermittelten Energieverbrauchskennwert in der Merkmalgruppe (Stufensystem) an?
Wenn der Energieverbrauchskennwert ermittelt wurde, dann ist es möglich, ein, zwei oder drei Merkmale anzukreuzen, je nach Höhe des vorliegenden Verbrauchskennwertes. Liegt der Energieverbrauchskennwert z.B. bei 300 kWh/qm/Jahr, können alle drei Kästchen als wohnwertminderndes Merkmal angekreuzt werden, da dieser hohe Verbrauchskennwert für die Zeile „Energieverbrauchskennwert größer als 155 kWh/qm/Jahr“ genauso zutrifft wie für die Zeilen „Energieverbrauchskennwert größer als 195 kWh/qm/Jahr“ und „Energieverbrauchskennwert größer als 235 kWh/qm/Jahr“. Ein besonders guter wie ein besonders schlechter energetischer Zustand (Energieverbrauchskennwert) wirkt daher 3-fach wohnwertmindernd oder wohnwerterhöhend in der Merkmalgruppe Gebäude. Damit soll die besondere Stellung dieses Merkmals gegenüber anderen Merkmalen dieser Merkmalgruppe hervorgehoben werden.
08.08.2024