Immer mehr Menschen bestellen im Internet – auch, um Zeit zu sparen. Die hat man aber ganz schnell wieder verloren, wenn man das Paket nicht selbst entgegen nehmen kann. Abhilfe sollen private Paketboxen im Hinterhof schaffen, wie sie der Paketzusteller DHL und andere Anbieter gerade einführen.
2014 wurden in Deutschland fast 2,8 Milliarden Päckchen und Pakete verschickt – die Zahl steigt seit Jahren kontinuierlich. Die meisten davon enthalten Internet-Bestellungen. Verwunderlich ist das nicht: Während man sich beim konventionellen Shoppen mitunter durch überfüllte Einkaufspassagen quält oder lange Wege zurücklegen muss, um das Gewünschte zu bekommen, ist es im Internet immer nur einen Klick entfernt. Dass die Rechnung aber manchmal auch nicht aufgeht, weiß jeder, der tagsüber wenig zu Hause ist und häufiger eine Benachrichtigungskarte im Briefkasten findet. Das Paket könne beim Nachbarn abgeholt werden, heißt es da (der dann garantiert nicht zu Hause anzutreffen ist), oder in der nächsten Filiale (die nur von 9 bis 18 Uhr geöffnet hat und wo zu den Stoßzeiten Schlangestehen garantiert ist).
Verschiedene Anbieter, unterschiedliche Konzepte
Um die Kunden und auch die eigenen Paketzusteller zu entlasten, tüfteln die Zustellunternehmen seit Jahren an Lösungen. Der Anbieter DHL hat vor Jahren Paketstationen im öffentlichen Raum eingeführt, die an registrierte Kunden rund um die Uhr Sendungen ausspucken oder Rücksendungen entgegennehmen. Nun geht das Unternehmen noch einen Schritt weiter: mit fest am Wohnhaus installierten privaten Paketkästen, in die der Zusteller DHL-Sendungen direkt hineinlegt. Der Kunde erhält per SMS oder E-Mail eine Benachrichtigung und öffnet sein Fach mit einem Computerchip. Auch Rücksendungen können über den Paketkasten abgewickelt werden. Der Konzernvorstand spricht von der „größten Erfindung seit dem Briefkasten“. Die diebstahlsicheren Kästen sind bereits erhältlich, sie können in unterschiedlicher Größe und Ausstattung gekauft (ab 99 Euro) oder gemietet (ab 1,99 Euro pro Monat) werden. Paketkästen lassen sich – das Einverständnis des Eigentümers oder der Hausverwaltung vorausgesetzt – auch vor Mehrfamilienhäusern montieren. Seit März betreibt DHL ein Pilotprojekt mit Mietshäusern der Vonovia (früher: Deutsche Annington) auch in Berlin.
Ein ähnliches System entwickeln momentan auch die Wettbewerber DPD, GLS und Hermes. Sie haben im September gemeinsam die Firma ParcelLock gegründet, die einen anbieterneutralen Paketkasten auf den Markt bringen will. In diesen können sämtliche Zustellfirmen, also etwa Lieferdienste von Supermarktketten, Biokisten oder Apotheken, Kurierdienste und sogar Pizza-Services oder Freunde und Bekannte ihre Lieferungen ablegen. Möglich macht es eine entsprechend offene IT-Struktur, die mit individuellen und zeitlich begrenzten TAN-Nummern für die Zusteller – ähnlich wie beim Online-Banking – arbeitet. In der Anbieteroffenheit unterscheidet sich die Box vom DHL-Paketkasten, der „aus Sicherheitsgründen“ nur firmeneigene Sendungen aufnimmt. Die ersten ParcelLock-Paketkästen sollen im Sommer 2016 auf den Markt kommen. Für Mietshäuser sind Pakettaschen geplant, die direkt an der Wohnungstür angebracht werden können, ohne Schäden zu hinterlassen.
Neben den Zustelldiensten haben auch zahlreiche Unternehmen und Start-ups die Marktlücke erkannt und bieten unterschiedliche, diebstahlsichere Aufbewahrungssysteme für Ein- und Mehrfamilienhäuser an. Einige dieser Systeme sind auch für Mieter interessant, da sie keine Festinstallation benötigen. Etwa die „Lockbox“: Pakete werden in einer Plastikbox angeliefert und diese per Metallseil und Anker an der Tür befestigt. Oder der „PaketButler“, eine faltbare Kiste, in der Lieferungen verstaut werden.
Katharina Buri
Innovative Zustellungs-Ideen
Je schneller und innovativer, desto besser: Im Wettkampf um Kunden lassen sich die Zustellfirmen einiges einfallen. Hier eine Auswahl aktueller Ideen:
- Zustellung per Drohne: Amazon und Google experimentieren mit Drohnen, die Pakete ausliefern – Google will schon 2017 in den USA damit starten. Auch DHL testet einen „Paketkopter“, der Pakete in schlecht zugängliche Gebiete zustellt.
- Lieferung in den Kofferraum: DHL, Amazon und Audi haben sich für ein Pilotprojekt zusammengetan, bei dem Pakete in den Kofferraum des geparkten Autos zugestellt werden.
- Privatleute als Paketboten: Diverse Anbieter testen Plattformen, bei denen Privatpersonen die Auslieferung übernehmen und sich so etwas dazuverdienen.
- Transport per Fernbus: Ein Berliner Startup will Pakete flexibel und ökologisch mit Fernbussen auf die Reise schicken.
- Flexibler Zustellungsort: Bei UPS „MyChoice“ (leider noch nicht in Deutschland angeboten) kann die Lieferadresse kurzfristig verändert werden – je nachdem, wo sich der Empfänger aufhält.
- Umweltfreundlich ans Ziel: UPS testet in Hamburg die Zustellung mit Sackkarre, Lastenrad und E-Cargo-Bike anstelle von LKW. Das Resultat: weniger zugeparkte Straßen, keine Emissionen auf der „letzten Meile“.
06.03.2023