Briefe, die nicht ankommen, Paketzusteller, die nicht klingeln – Anlässe, sich über die diversen Post- und Paketdienste zu ärgern, gibt es zuhauf. Oder aber zerknickte Großbriefe und völlig durchnässte Zeitungen stecken im Briefkasten und bringen einen zur Weißglut – woran nicht immer der Postbote schuld sein muss, oft verursacht auch ein zu kleiner Briefkasten den Dauerärger. Doch diese Fälle sind in der Minderzahl. Man muss kein großer Prophet sein, um vorauszusehen, dass das Chaos eher noch zunehmen wird, sobald nach dem endgültigen Fall des Briefmonopols Ende 2007 weitere neue Zustelldienste ihr Geschäft mit der Paket- und Briefbeförderung machen wollen: Jeder mit unterschiedlichen Zustellrichtlinien, alle unter Zeit- und Kostendruck nach der Devise: die Sendung möglichst schnell irgendwo loswerden.
Klaus Lehmanns Adresse hatte sich zu einer kleinen, effektiven Postagentur entwickelt: „Die Pakete und Päckchen für die übrigen Hausbewohner fanden fast immer den Weg zu mir“, berichtet er. Dass der Grafiker tagsüber zu Hause arbeitet, hatten die diversen Paketboten schnell raus. „Also klingelten sie bei mir, gaben schnell die Sendung ab, und sofort konnte es weitergehen auf ihrer Tour“, schildert er die Arbeitsteilung, „den Rest habe ich dann für die erledigt.“ Wenn die übrigen Bewohner des Mietshauses abends eintrudelten, konnte er ihnen die Pakete überreichen. Die Kommunikation im Haus wurde darüber zwar hervorragend, aber irgendwann reichte es dem inoffiziellen Postmitarbeiter dann doch. Inzwischen nimmt Klaus Lehmann nur noch eigene Sendungen an, meistens jedenfalls.
Freundliche Nachbarn sind Gold wert
Häufig finden sich diese privaten Lagerstätten für Pakete und dicke Briefe aber in Geschäften und Kiosken, deren freundliche Inhaber für die gesamte Nachbarschaft in deren Abwesenheit die Sendungen entgegennehmen. Den meisten Empfängern ist das nur recht, sparen sie sich dadurch doch den Weg zum oft weit entfernten Abholort, und die Öffnungszeiten sind auch noch kundenfreundlich. Wenn die Boten zuvor vorschriftsmäßig ein Benachrichtigungskärtchen in den Briefkasten gesteckt haben, wo sich das Paket ab sofort zur Abholung befindet, ist für viele eigentlich alles in bester Ordnung – vor allem, wenn man weiß, wie problematisch die Paketzustellung bei den verschiedenen Dienstleistern sein kann. Ein Blick in das einschlägige Internetforum bei „ebay“, einem der größten Online-Umschlagplätze für Waren, deren Anbieter auf den Versand angewiesen sind, offenbart nämlich, was alles schief gehen kann – egal ob man nun beispielsweise DHL, die Tochter der Deutschen Post, den Paketshop DPD oder den Privatpaketservice „Hermes Versand“ beauftragt hat: Von der Sendung, die irgendwo, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, abgegeben wurde, bis hin zum sorglos einfach im Hausflur abgeworfenen Paket, das dann geklaut wurde, ist alles möglich.
Empfohlen: der Durchwurf
Doch manchmal ist das Problem auch banaler, denn vielen Mietshäusern wäre mit einem freundlichen Zeitgenossen gedient, der die Haustüre öffnet, wenn der Postbote oder der Zustelldienst in den Flur muss, um sein Kärtchen in einen innen liegenden Briefkasten einzuwerfen. Doch oft macht schon niemand mehr auf, weil ständig jemand klingelt, vor allem die Werbezettelverteiler gehen auf die Nerven, aber zunehmend auch die Paketdienste. Während es die Deutsche Post geschafft hat, über die Jahre hinweg Schlüssel für die entsprechenden Häuser zur Briefzustellung zu bekommen, haben die diversen Paketdienste keine selbstständige Zutrittsmöglichkeit, und auch der private Postdienstleister „PIN AG“ hat nur vereinzelt Hausschlüssel, wie ein Zusteller auf Nachfrage erklärte. Und welcher Hausbesitzer wird wohl in Zukunft bereit sein, der noch weiter wachsenden Anzahl der Lieferfirmen jeweils einen eigenen Haustürschlüssel zu überlassen?
Als effektivste Lösung für dieses Problem wird von den Briefkastenfirmen eine so genannte Durchwurf-Briefkastenanlage empfohlen, wo die Sendungen von außen eingesteckt und von innen entnommen werden können. Aber welcher Hauseigentümer lässt schon gerne Hauswände aufstemmen? Zudem ist dort wiederum oft nicht genügend Platz, um alle Fächer unterbringen zu können, so dass eine frei stehende Briefkastenanlage vor dem Haus die einzig sinnvolle Lösung wäre. Aber da beginnt meist schon öffentliches Straßenland, als Ausweichstandort dient deshalb häufig der Innenhof. Hier müssen zwar wieder alle Zusteller erst klingeln, aber zumindest reicht dort der Platz aus, um wirklich große Briefkästen montieren zu können. Denn einen Anspruch auf einen entsprechend dimensionierten Briefkasten haben die Mieter. In Streitfällen gilt hier sogar eine europäische Norm, die unter anderem gewährleistet, dass ein Umschlag im Format C4, ohne ihn zu falten oder zu beschädigen, zugestellt werden können muss, und zwar so, dass das Postgut auch niemand mit langen Fingern aus dem Kasten angeln kann. So sollten zumindest zerknickte Kunstdrucke und geklaute Illustrierte endlich der Vergangenheit angehören.
Jens Sethmann
Lesen Sie auch zu diesem Thema:
MieterMagazin 10/05
Lesen Sie auch
zu diesem Thema:
Da kommt Freude beim Postboten auf: Adresshinweise im Treppenhaus eines Berliner Altbaus
Fotos: Jens Sethmann
Beim Eigenbau eines Postbehältnisses bitte berücksichtigen, welche Zustellungen erwartet werden
Fotos: Jens Sethmann
Beim „Deutschen Verband für Post und Telekommunikation“
( www.dvpt.de)
können Verbraucher sich über Missstände bei der Postzustellung beschweren.
Der Briefkasten – europäisch genormt
Die DIN EN 13724, (die die alte deutsche DIN 32617 abgelöst hat), weist zwei verschiedene Einwurfgrößen aus: 325 bis 400 Millimeter bei Quereinwurf und 230 bis 280 Millimeter bei Längseinwurf, die Einwurfhöhe des Schlitzes muss 30 bis 35 Millimeter betragen. Damit wird eine Zustellung zumindest eines C4-Briefumschlags gewährleistet, in den man ein übliches DIN A4-Format ohne zu falten eintüten kann. Da die „Großbriefe“ der Deutschen Post allerdings bis zu 353 Millimeter lang und bis zu 250 Millimeter breit sein können, ist deren unversehrte Zustellung auch durch die neue Norm nicht gesichert. Die „Maxibriefe“ der Post können zudem bis zu 50 Millimeter dick sein. Die DIN EN schreibt weiter vor, dass der Kasten gegen Eindringen von Wasser und Korrosion geschützt sowie durch stabile Materialien und ein entsprechendes Schloss aufbruchsicher ist. Zur Gewährung der Vertraulichkeit sind Hausbriefkästen ohne Sichtfenster auszustatten.
js
26.03.2021