Noch immer entfallen rund 40 Prozent des Endenergieverbrauchs und rund ein Drittel der CO2-Emissionen auf den Gebäudebereich. Um hier bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, müssen nicht nur der Niedrigstenergiestandard für Neubauten definiert und Bestandsgebäude modernisiert, sondern auch effektive Instrumentarien entwickelt werden.
Der 2007 eingeführte Energieausweis für Gebäude, mit dem Vermieter und Immobilienmakler mittlerweile potenzielle Mieter oder Käufer ungefragt informieren müssen über den energetischen Zustand eines Gebäudes, ist in die Jahre gekommen. Allerdings: Funktioniert hat er auch in jungen Jahren nie. Kein Bundesland hat je kontrolliert, ob die Daten im Energieausweis korrekt sind und ob er immer vorgelegt wird. Und wo nicht kontrolliert wird, schrecken auch Bußgelder von bis zu 15.000 Euro nicht.
Nach wie vor können Mieter und Käufer mit dem Energieausweis auch nicht viel anfangen. Ihr Urteil: zu kompliziert, keine Vergleichsmöglichkeit, nicht mehr aktuell. Schon die Einteilung in Verbrauchs- und Bedarfsausweise überfordert viele. Baujahr und Größe eines Hauses entscheiden darüber, welche Variante zur Anwendung kommt. Die Wohnungsknappheit lässt Mietern kaum Chancen, beim energetischen Zustand allzu wählerisch zu sein.
Die ersten ausgestellten Energieausweise haben 2017 ihre Gültigkeit verloren. Eine Verlängerung ist nicht möglich. Neu ausgestellte Energieausweise haben zwar eine Registriernummer, die stichprobenartige Kontrollen ermöglichen soll. Aber wer wie oft kontrolliert, ist noch immer nicht klar. Die Angabe der Effizienzklassen ist neu, aber wenig aussagekräftig. Nach wie vor entspricht der im Energieausweis ausgewiesene Energieverbrauch nicht dem tatsächlichen Wert.
Ulrich Ropertz, Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes: „Auch nach zehn Jahren sind die Geburtsfehler des Energieausweises nicht ausgeräumt.“ Die notwendige Transparenz bringe er deshalb nicht in die Wohnungsmärkte. Hinzu komme, dass Billig-Energieausweise auch online erhältlich seien – und an deren Qualität darf man durchaus zweifeln. So verkommt eine eigentlich gute Idee zu einem Papiertiger. Und Papiertiger beißen nicht.
Rainer Bratfisch
29.01.2018