Das Wort „entmieten“ hat schnell (viel zu schnell?) Eingang in den Duden gefunden – als Synonym für „Mieter zum Auszug veranlassen“. Synke Köhler hat dazu ihren Debüt-Roman geschrieben.
Die Story ist im Kiez am Wasserturm, im Ortsteil Prenzlauer Berg angesiedelt. Und auch wenn die Marner Straße 13 Fiktion ist – das Vorgehen ist längst nicht nur in Berlin gängige Gentrifizierungspraxis: Der Vermieter plant für das Haus „umfangreiche Umbaumaßnahmen“, einige Wohnungen sollen vollständig abgerissen werden – für den Bau luxuriöser Eigentumswohnungen. Den Mietern, die zum Teil seit Jahrzehnten hier wohnen, wird gekündigt. Für viele bricht eine Welt zusammen – nein, nicht irgendeine, sondern ihre. Dieter Sonntag organisiert den Widerstand der Haus- und Schicksalsgemeinschaft. Wem gehört die Stadt? Wie wollen wir leben? Diese und andere Fragen stellt die Autorin mit viel Empathie für die Mieter – kritisch, fundiert, selbstbewusst. Sie weiß, wovon sie schreibt, denn sie wohnt in Friedrichshain und ist selbst von Verdrängung bedroht. Auch wenn einige ihrer Figuren sich mit einer Abfindung zufrieden geben – die Chancen der Mieter, ihren Kampf zu gewinnen, verändern sich ständig. Die Hausverwalterin Verena, die die Interessen der Vermieter vor Ort umsetzen muss, ist nicht mehr als eine traurige Gestalt. Die die Fäden im Hintergrund ziehen, bleiben anonym. Aber Klischees werden immer wieder in Frage gestellt. Das macht das hochaktuelle Buch spannend bis zur letzten Seite.
rb
02.02.2020