Mit der Restwärme von Grauwasser kann man Energie sparen, und gereinigt kann man es für die Toilettenspülung und in der Waschmaschine einsetzen. Ein Berliner Ingenieurbüro hat dafür ein Pilotprojekt entwickelt, das seit acht Jahren fehlerfrei und effektiv funktioniert. Es nutzt der Umwelt und spart den Bewohnern Kosten.
Wenn in dem sechsstöckigen Eckhaus am Arnimplatz im Ortsteil Prenzlauer Berg geduscht oder der Stöpsel aus der Badewanne gezogen wird, können die Mieter sicher sein: Hier wird nichts verschwendet. Das Wasser und seine Restwärme gurgeln nicht einfach so durch den Abfluss. Über ein separates Rohr fließt es in den Keller, wo es gesammelt wird.
Wasserreinigung ohne Chemie
Das Büro „Nolde & Partner – Innovative Wasserkonzepte“ entwickelte vor etwa zehn Jahren eine Methode, mit der sich das Abwasser aus Dusche und Badewanne in Wasch- und Geschirrspülmaschine („Grauwasser“)nutzen lässt. Aus 41 Wohnungen und vier Gewerbeeinheiten fließt das Grauwasser des Hauses in eine Aufbereitungsanlage im Keller und wird hier zuerst durch ein Sieb von störenden Stoffen befreit, bevor ihm die Wärme durch einen Wärmeübertrager in Form eines Rohrbündels entzogen wird. Die auf diese Weise gewonnene Energie erwärmt kaltes Frischwasser auf 25 Grad Celsius vor, ehe es durch das Blockheizkraftwerk auf die erforderlichen Temperaturen für das ganze Haus gebracht wird. Das dabei abgekühlte Grauwasser fließt über Schaumstoffwürfel in sogenannten Wirbelbettreaktoren. Hier wird es ohne chemische oder biologische Zusätze – allein über Luftzufuhr – durch Mikroorganismen gereinigt, geklärt und mit Hilfe von UV-Licht desinfiziert. Als sogenanntes Betriebswasser ist es optisch von Trinkwasser nicht zu unterscheiden und darf für die Toilettenspülung, die Waschmaschine und die Gartenbewässerung, die Gemüse- und sogar für die Fischproduktion verwendet werden.
„Wer bedenkt, dass wir in Deutschland jeden Tag pro Kopf etwa 122 Liter Trinkwasser verbrauchen, dem muss klar sein, welches Potenzial sich hier verbirgt“, so Erwin Nolde. Denn mit Hilfe von Grauwasserrecycling können mindestens 30 bis 50 Prozent davon eingespart werden. Und das ist nur die eine Seite. Auch energetisch zahlt sich die Zweitnutzung aus: Pro Kubikmeter aufbereitetem Betriebswasser benötigt die Pilotanlage am Arnimplatz für alle ablaufenden Prozesse einschließlich der Rückverteilung des Betriebswassers an Haushalte und Gewerbe insgesamt 1,4 Kilowattstunden Strom. Rechnet man die Wärmerückgewinnung dagegen, steht betriebswirtschaftlich unter dem Strich ein klares Plus.
Als Nolde & Partner die Ergebnisse ihres Projektes 2016 zum Ideenwettbewerb „Das Gute kann jetzt in Serie gehen“ einreichten, erkannte das Gutachterteam vor allem die Klimarelevanz. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) beschloss, Anlagen zur Wärmerückgewinnung vorerst einmal für drei Jahre zu bezuschussen – ein Anreiz für Vermieter von Mehrfamilienhäusern, wenn sie über energetische Sanierung nachdenken. „Dazu kommt aber auch das Sparpotenzial bei den Bewohnern“, so Erwin Nolde. Das liegt im Jahr zwischen 60 und 100 Euro pro Kopf.
Rosemarie Mieder
Auch den Regen kann man nutzen
Neben dem Grauwasser, das im Haushalt anfällt, kann auch Niederschlagswasser als Betriebswasser genutzt werden. Dazu ist der Einbau einer Regenwassernutzungsanlage – meist mit einem Speicher im Erdreich – notwendig. Dort wird das Regenwasser gesammelt und mit Hilfe von Filtern aufbereitet. Die Verwendung von Brauchwasser im häuslichen Bereich erfordert immer einen fachgerechten Einbau. Die Leitung dafür muss von den Trinkwasserleitungen getrennt sein.
rm
29.01.2021