Tag und Nacht ein belebter Begegnungsort, Hafen diverser Nationalitäten, gesäumt von Bauten verschiedener Epochen und heute vom Leerstand wegen der Pandemie getroffen – so kann man die Kantstraße beschreiben.
Eine Sonderausstellung in Charlottenburg-Wilmersdorf nähert sich den schillernden Facetten des Straßenzugs mit künstlerischen, forschenden Fragen. Natürlich ist die berühmte Paris-Bar in der Schau vertreten, aber auch die Kioske und Spätis der Kantstraße sind als fester Bezugspunkt präsent. Aus kleinen Notaten erfährt der Besucher, was die Berufstrinker den ganzen Tag so bewegt, wenn sie dort abhängen. Ebenso lebt der legendäre „Groschenkeller“ an den Kant-Garagen in einer Erzählung von Franz Jung wieder auf. In der nachempfundenen Atmosphäre der Originalkneipe ertönt die Stimme Robert Stadlobers vom Band, der die Geschichte vorliest. Oder aber eine Installation mit Gehwegplatten und drei zunächst belanglosen Straßenaufnahmen entpuppt sich als Perspektivwechsel: die Kantstraße, gesehen mit den Augen einer Maus. Mit Malerei, Collage, Skulptur und Installation, Foto, Video und in Texten wird die Vielfalt der Straße reflektiert: ihre Architektur, ihre Bewohner, ihre Historie, Kulinarik und Ökonomien. Für den Soziologen Richard Sennett ist die Kantstraße „eine Manifestation der offenen Stadt, die von Unvollständigkeit, Aneignungen und Widerspruch gekennzeichnet ist“.
js
Die Kant: Text_Kunst_Straße
Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim, Schloßstraße 55, 14059 Berlin
Dienstag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertage von 11 bis 17 Uhr, Zugang barrierefrei, Eintritt frei, bis 15. Mai 2022
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