Nachdem das Bundesverwaltungsgericht am 9. November 2021 das Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten so eingeschränkt hat, dass es praktisch kaum mehr anwendbar ist, stehen die Bewohnerinnen und Bewohner vieler Häuser vor großen Unsicherheiten. Der Berliner Mieterverein (BMV) fordert mit vielen anderen eine schnelle gesetzliche Klarstellung.
Nicht nur Häuser, die zukünftig veräußert werden sollen, sind vom Bundesverwaltungsgericht zum Vorkaufsrecht: Herber Schlag gegen den Milieuschutz betroffen. Auch bei bereits vorgekauften Häusern, deren verhinderte Käufer Klage eingereicht haben, droht der Vorkauf zu scheitern. Selbst Eigentümer, die zur Abwendung eines Vorkaufs mit dem Bezirksamt eine mieterschützende Vereinbarung abgeschlossen haben, könnten nach dem Richterspruch der Ansicht sein, nicht mehr daran gebunden zu sein.
Noch der vorherige Senat hat umgehend mit einer Bundesratsinitiative reagiert. „Im Interesse der Rechtssicherheit und der Wiederherstellung eines nachhaltigen sozialen Erhaltungsrechts muss es uns schnellstmöglich gelingen, eine Einigkeit der Bundesländer zu erreichen“, sagte der damalige Stadtentwicklungssenator Berlins Sebastian Scheel (Linke). Diese Einigkeit fehlt jedoch. In der Bauministerkonferenz hat die bayerische Ministerin Kerstin Schreyer (CSU) eine Gesetzesänderung ablehnt.
Druck macht das Bündnis „Neues Vorkaufsrecht jetzt!“, ein Zusammenschluss von über 50 Hausgemeinschaften und Mieterinitiativen: „Wir wollen keine weitere Verdrängung hinnehmen“, stellt das Bündnis klar. Gefordert werden sowohl Änderungen des Baugesetzbuches als auch Zwischenlösungen für die Häuser, die in der Schwebe sind.
Der Mietervereine fordern in einem „Offenen Brief“ an Bundesbauministerin Geywitz: „Vorkaufsrecht sofort rechtssicher machen“. „Die Hoffnung vieler Mieterinnen und Mieter hängt an dem Vorkaufsrecht der Kommunen, mit dem eine Übertragung an städtische Wohnungsunternehmen und andere erzielt werden kann“, sagt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. Die Unmutsäußerungen sind offenbar bei der vor Kurzem ins Amt gekommenen Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) angekommen. In einem Interview mit der Berliner Morgenpost im Januar kündigte sie Überlegungen an, „wie Kommunen schnellstmöglich wieder ein Vorkaufsrecht an Grundstücken in Milieuschutzgebieten erhalten können“.
Jens Sethmann
29.01.2022