Immer mehr kleinere Anbieter können die enorm gestiegenen Kosten, die für Strom und Gas an den Handelsbörsen seit einigen Monaten aufgerufen werden, nicht mehr bezahlen. Sie kündigen nun massenhaft Verträge. Wie sollen sich Betroffene verhalten?
Ob gas.de, Stromio oder Grünwelt: Bis Ende Dezember haben mindestens 38 Anbieter bei der Bundesnetzagentur angezeigt, dass sie ihre Kunden nicht mehr mit Energie beliefern werden. Teilweise haben sie von einem Tag auf den anderen ihren Kunden gekündigt. Eine Unterbrechung der Energieversorgung droht aber nicht. Die örtlichen Grundversorger übernehmen in solchen Fällen lückenlos die Belieferung. „Es wird also niemand aufgrund einer solchen Kündigung in einer Wohnung ohne Strom sitzen müssen“, sagt Lenia Baga, Juristin bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.
Das Problem sind die Kosten. Der Grundversorgungs-Tarif, in den man vom lokalen Anbieter automatisch aufgenommen wird, ist oft deutlich teurer als der Tarif des bisherige Anbieters. Das blüht auch den tausenden betroffenen Berliner Kunden beim Grundversorger Vattenfall.
Die Verbraucherzentrale rät, umgehend einen günstigeren Tarif zu recherchieren und zu wechseln. Hierfür bieten sich Vergleichsportale wie Verivox oder Check24 an. Aber Achtung: Viele Anbieter werben mit einem Wechselbonus, der im ersten Vertragsjahr das Angebot besonders günstig macht. Solche Versorger lohnen sich nur, wenn man bereit ist, jährlich zu wechseln. Andernfalls droht im zweiten Jahr eine teure Überraschung. Verbraucherschützer warnen auch vor nicht mehr aktuellen Preisen in den Portalen und raten dringend, Tarife mit den Internetseiten der Anbieter abzugleichen.
Noch vor der Neuanbietersuche sollten gekündigte Kunden die Einzugsermächtigung gegenüber dem bisherigen Anbieter schriftlich widerrufen oder den Dauerauftrag kündigen. Wichtig ist es auch, den Zählerstand zum Belieferungsende selbst abzulesen und sowohl dem bisherigen Lieferanten als auch dem jetzigen Grundversorger mitzuteilen.
Bundesregierung und Verbraucherexperten betrachten die Kündigungen als Vertragsbrüche der Anbieter. Die Verbraucherzentrale rät betroffenen Kunden, Schadenersatz gegenüber den Anbietern geltend zu machen. Zahlen Kunden mehr, wenn sie nach einer unwirksamen Kündigung in die Grundversorgung rutschen, entsteht mit der Differenz zwischen beiden Tarifen ein Mehraufwand. Diesen müssen Kunden gegenüber dem Anbieter darlegen, wenn sie für den Schaden einen Ausgleich fordern.
Katharina Buri
bietet gekündigten Energiekunden ein Musterschreiben, um Schadenersatz gegenüber ihrem Anbieter geltend zu machen.
29.01.2022