Styropor darf wieder mit anderem Bauschutt entsorgt und verbrannt werden. Vorübergehend. Gegen seine Einstufung als Sondermüll war die Baubranche Sturm gelaufen. Der Grund: Die Abfälle türmten sich, und niemand nahm die alten Dämmplatten mehr ab. Nun wird eine Lösung gesucht.
Als am 30. September vorigen Jahres der am häufigsten eingesetzte Dämmstoff zum gefährlichen Abfall erklärt wurde, wandelte sich quasi über Nacht ein Milliardengeschäft in ein riesiges Problem. Mit Polystrol, bekannt unter seinem Markennamen Styropor, werden seit Jahrzehnten Häuser eingepackt, um sie vor Wärmeverlusten zu schützen und Heizkosten zu sparen. Dass der Schaumkunststoff seine Tücken hat, ist seit Längerem bekannt – jedenfalls wenn ihm das Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) beigefügt wurde. HBCD ist ein langlebiges organisches Umweltgift, es verbreitet sich über große Entfernungen und wurde sogar in Fischen und bei Greifvögeln in der Arktis nachgewiesen.
Ein Bundesratsbeschluss verbot im letzten Jahr nun, Schaumstoffplatten mit anderem Bauschutt zu sammeln, zu schreddern und anschließend in Heizkraftwerken zu verbrennen. Die daraufhin sehr viel aufwendigere Entsorgung in speziellen Müllverbrennungsanlagen hätte aber nicht nur für Hauseigentümer, sondern auch für Mieter teuer werden können. „Gibt es in einigen Jahren eine nachholende Modernisierung, weil der Vermieter einen neuen Dämmstoff mit besserer Energieeinsparung aufträgt, werden die Entsorgungskosten des bisherigen Dämmstoffs zu den Modernisierungskosten zählen“, warnte Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins.
Es waren heftige Proteste der Baubranche, die die Verfügung im Dezember 2016 wieder aufhoben. Innerhalb weniger Wochen hatten sich Berge von Styropor angesammelt, denn es gibt deutschlandweit nur wenige Müllverbrennungsanlagen, die den neuen Erfordernissen entsprochen haben.
Eine Übergangslösung soll nun den Entsorgungsnotstand erst einmal beseitigen: Ein Jahr lang darf Styropor wieder mit anderen Bauabfällen verbrannt werden. Für die Umwelt entstehe kein Schaden, wenn der Stoff rückstandslos verbrennt, ließ das Bundesumweltministerium mitteilen.
Rosemarie Mieder
23.02.2017