Seit nunmehr sechs Jahren kämpfen die Bewohner der Siedlung am Steinberg („Kleinkleckersdorf“) in Tegel gegen die Modernisierung und den Verkauf ihrer Wohnungen und Reihenhäuschen. Nun wurde vor Gericht ein bemerkenswerter Sieg errungen, der zumindest einigen Mietern endgültig Ruhe verschaffen dürfte.
Viele Mieter der denkmalgeschützten 20er-Jahre-Siedlung wurden mittlerweile von der „Am Steinberg Entwicklungsgesellschaft mbH“ auf Duldung der teuren Modernisierung verklagt. In einem vor Gericht verhandelten Fall erwies sich nun ein bestimmter Passus im Mietvertrag als Segen. Wörtlich heißt es in der 1986 mit dem Land Berlin geschlossenen Vereinbarung: „Ausbesserungen und bauliche Veränderungen, die zwar nicht notwendig, aber doch zweckmäßig sind, dürfen ohne Zustimmung des Mieters vorgenommen werden, wenn sie den Mieter nur unwesentlich beeinträchtigen“. Von einer unwesentlichen Beeinträchtigung kann bei dem derzeit geplanten Umbau keine Rede sein, hatte schon das Amtsgericht Wedding als Erstinstanz entschieden (AG Wedding vom 28. Juli 2016 – 17 C 43/16). Die geplante „erhebliche Umgestaltung“ sei – unabhängig von der Klausel – schon deshalb nicht zu dulden, weil sie aus der Mietsache etwas völlig Neues schaffe.
Das Landgericht Berlin wies in der Berufung ebenfalls einen Duldungsanspruch der Eigentümer zurück – allerdings mit einer anderen Begründung. Hier wird vor allem auf die Klausel im Mietvertrag abgestellt. Diese sei als AGB (Allgemeine Geschäftsbedingung) zu werten und auch für den neuen Eigentümer bindend (LG Berlin vom 8. Dezember 2016 – 67 S 276/16). Im Klartext: ohne Zustimmung der Mieter keine Modernisierung. Die vom Eigentümer verlangte Entfernung eines Anbaus und einer vom Mieter selbst eingebauten Gasetagenheizung wurde vom Gericht ebenfalls zurückgewiesen. Beides war den Mietern vom Voreigentümer genehmigt worden. Das Urteil ist rechtskräftig, eine Revision ist nicht zugelassen.
Für die meisten anderen Mieter geht der Kampf jedoch weiter. Nur einige aus der Siedlung haben die ungewöhnliche Formularklausel in ihrem Mietvertrag. „Wir wehren uns weiter gegen die Verdrängung – bisher sind nur wenige weggezogen“, berichtet Hans-Hartmut Lenz, einer der Aktivisten. Einmal wöchentlich treffen sich die zum Teil betagten Mieter. Mit Protest-T-Shirts und Plakaten besuchen sie Gerichtsverhandlungen und Bezirksverordnetenversammlungen. „Unserem Eigentümer geht es nicht um eine mieterfreundliche Sanierung, sondern vermutlich um den Verkauf und die steuerlichen Vorteile aus der Sonderabschreibung für Denkmal-Immobilien“, so Lenz.
Birgit Leiß
03.01.2018