Auf der Karl-Marx-Allee ist die Einkaufstour der Deutsche Wohnen vorerst gestoppt. Doch der „gestreckte Erwerb“, mit dem über das Vorkaufsrecht der Mieter die Wohnungen an die städtische Gewobag gehen sollen, kann noch nicht vollzogen werden.
Es gibt noch viele offene Fragen rund um die fünf Blöcke der Karl-Marx-Allee, die die Deutsche Wohnen kaufen wollte. „Wir haben jetzt einen Schwebezustand“, erklärte Rechtsanwalt Stephan Werle auf einer Mieterversammlung, die der Berliner Mieterverein (BMV) im Auftrag des Senats einberufen hatte. Eine einstweilige Verfügung der WBF gegen den Verkauf der Häuser an die Deutsche Wohnen blockiert vorerst jeglichen Eigentümerwechsel. Wird sie vom Landgericht bestätigt, wird der Kauf rückabgewickelt. Auch der „gestreckte Erwerb“* wäre dann nichtig, das Unternehmen Predac bliebe Eigentümerin. Nur wenn der Einspruch abgewiesen wird, kommt der Vorkauf zugunsten der Gewobag ins Rollen.
Dann entsteht eine kuriose Eigentümergemeinschaft, die sich zum Beispiel beim Block C-Süd zu 40 Prozent aus der Gewobag, zu knapp 60 Prozent aus der Deutschen Wohnen und aus einigen Einzeleigentümern zusammensetzt. Da für Modernisierungen eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist, kann die Deutsche Wohnen einzelne Maßnahmen nicht im Alleingang durchsetzen. „Der Gemischtwarenladen, der hier möglicherweise entsteht, ist ein ziemliches Unikum“, sagt Norbert Bogedein vom Mieterbeirat.
Die Mieter, die ihre Wohnung für die Gewobag gekauft haben, werden mit ihr einen neuen Mietvertrag abschließen müssen. Sie haben gute Chancen, die Vorteile ihres alten Vertrag in den neuen mitzunehmen. „Sie sind da in einer guten Verhandlungsposition“, sagt Stephan Werle.
Solange die Eigentumsfrage noch ungeklärt ist, muss die Predac ihre Vermieterpflichten erfüllen. „Mit einem Urteil ist erst in Monaten zu rechnen“, schätzt der stellvertretende BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels.
Jens Sethmann
* Hierzu unser Beitrag in MieterMagazin 1+2/2019, Seite 11:
„Gestreckter Erwerb – In die Kommune statt an die Börse“
Der BMV ist vom Senat mit der Beratung der Mieter beauftragt und bietet auch Nicht-Mitgliedern kostenlose Einzelberatungen montags von 17 bis 19 Uhr im BMV-Beratungszentrum Frankfurter Allee 85 an:
20.02.2019