Der Zettel an der Pinnwand im Hausflur klingt verlockend – und nach freundlicher Nachbarschaft: „Wer möchte seinen WLAN-Anschluss und die Kosten dafür mit mir teilen?“ Ein Ansinnen, auf das man in Mehrfamilienhäusern gar nicht so selten trifft. Doch Vorsicht: Das gemeinsame Nutzen eines drahtlosen Internetzugangs („WLAN“) birgt erhebliche Risiken.
Handelsübliche Router schicken ihre Signale nicht nur von einem Zimmer ins andere. Sie dringen – wenn nicht abschirmende Wandkonstruktionen den Weg versperren – über weite Strecken und mehrere Etagen und können – abhängig von der Datenübertragungsrate – durchaus viele andere potenzielle Nutzer erreichen. Was die dann allerdings im Internet suchen, herunterladen oder auch bestellen, davon hat der Inhaber eines Anschlusses in der Regel keine Ahnung. „Das Risiko der gemeinsamen Nutzung eines drahtlosen Internetanschlusses würde ich als WLAN-Betreiber nicht eingehen“, warnt der Jurist Jan Wilschke, Leiter einer Beratungsstelle der Verbraucherzentrale Brandenburg.
Wer seinen Anschluss beispielsweise mit Nachbarn teilt, trägt das Risiko eines Missbrauchs, weil alle Netzteilnehmer unter seiner IP-Adresse surfen. Die IP-Adresse ist eine Kennung, die ihn mit Namen und Adresse beim Provider registriert und unter der er haftbar gemacht werden kann. Das ist zum Beispiel häufig dann der Fall, wenn ein Mitnutzer des Internetzugangs unerlaubt Musik herunterlädt und diese dann etwa über eine Tauschbörse an andere weiterverbreitet. „Zu mir kommen Menschen, die legen entsetzt dicke anwaltliche Schreiben auf den Tisch und sind sich doch keiner Schuld bewusst“, sagt der Jurist Jan Wilschke. Die Anschuldigungen kommen von Kanzleien, die urheberrechtliche Streitigkeiten im Auftrag der Musikindustrie führen. Mit richterlichen Beschlüssen haben sie sich Zugang zu den persönlichen Daten hinter einer IP-Adresse verschafft. Nun verlangen sie eine Unterlassungserklärung, Schadensersatz und die Begleichung der Anwaltshonorare. Bei Streitwerten von mehreren zehntausend Euro kommen auf die Betroffenen oft Forderungen in vierstelliger Höhe zu.
Wie schwierig es ist, sich dagegen zu wehren, zeigt ein Fall, der am 12. Mai vorigen Jahres beim BGH entschieden wurde (Aktenzeichen 1 ZR 121/08). Der Beschuldigte war im Urlaub gewesen und in dieser Zeit hatte jemand über seinen drahtlosen Internetanschluss Musik heruntergeladen und weiterverbreitet. „Der Inhaber eines WLAN-Anschlusses, der es unterlässt, die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend anzuwenden“, urteilten die Richter des BGH, „haftet als Störer auf Unterlassung, wenn Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen …“ Der Angeklagte musste zwar letztlich keinen Schadenersatz leisten, aber eine Unterlassungserklärung abgeben – und die anwaltlichen Kosten tragen.
„Es kann aber viel schlimmer kommen“, weiß Hanns-Wilhelm Heibey, Informatiker und stellvertretender Berliner Datenschutzbeauftragter. „Wenn jemand über WLAN Gewaltvideos oder kinderpornographische Inhalte aus dem Netz holt und damit eine Straftat begeht, steht der Staatanwalt vor der Tür des Anschlussinhabers!“
Achtung vor Datenklau und Ausspähung
Der Datenschützer wie der Jurist warnen daher dringend vor einer gemeinsamen WLAN-Nutzung unter Nachbarn. Was nämlich auch bedacht werden will: Es kann technisch geschickten „Mitsurfern“ durchaus gelingen, fremden Datenverkehr „mitzulesen“, Online-Aktivitäten zu verfolgen und Passwörter und Benutzernamen herauszufinden. Auch das kann zu einem wirtschaftlichen Schaden führen, der in keinem Verhältnis zu den paar Euro steht, die man durch die gemeinsame Nutzung eines WLAN-Zugangs spart.
Rosemarie Mieder
Neue Rechtslage:
Der Betreiber eines öffentlichen W-Lans (sogenannter W-Lan-Hotspot), ist seit dem 29. Juni 2017 nicht mehr haftbar, wenn Nutzer über diesen Zugang rechtswidrige Inhalte ins Netz stellen (3. Änderungsgesetz zum Telemediengesetz) . Weiter ist nach neuerer Rechtsprechung der Betreiber eines privaten W-Lans, das er mit anderen Nutzern teilt, von der Haftung ausgenommen, wenn er nachweisen kann, wer die rechtswidrigen Inhalte ins Netz gestellt hat.
MieterMagazin 4/11
Wer den Nachbarn „mitsurfen“ lässt, geht ein Risiko ein
Foto: Sabine Münch
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Schlüssel muss sein
Die meisten WLAN-Router erfordern ein Zugangs-Passwort. Dies ist voreingestellt und sollte bei der Erstinbetriebnahme unbedingt geändert werden. WLAN-Zugänge sollten unbedingt verschlüsselt werden. Eine WEP-Verschlüsselung gilt heute nicht mehr als der aktuelle Stand der Technik – zu leicht kann sie geknackt werden. Es sollte immer eine WPA oder eine WPA2-Verschlüsselung eingestellt werden. Wer damit überfordert ist, sollte sich technischen Rat und Hilfe holen.
rm
13.12.2017