Rund 110 Jahre sind die Mieter eines Hauses in der Neuköllner Warthestraße 49 zu Fuß die fünf Stockwerke hinaufgestiegen. Nach dem Willen der Eigentümer wird nun „aufgewertet“ – mit einen Fahrstuhl.
Der Blick hinauf durch ein dreieckiges Treppengeländer auf die Lichtkuppel und nach unten auf das schön geflieste Podest gehören bei Erscheinen dieser MieterMagazin-Ausgabe wahrscheinlich schon der Vergangenheit an. In der Neuköllner Warthestraße 49 wird nämlich ein Fahrstuhl eingebaut – „und auf diese Weise etwas zerstört, was in Berlin einmalig ist“, erklärt Mathias Zellweger, der mit seiner Frau in dem alten Gründerzeithaus wohnt. Er meint damit nicht nur die Architektur des Hausflurs, sondern auch das, was sich auf und um diese Treppe entwickelt hat: Eine ganz besondere Nachbarschaft, in der man sich kennt, sich trifft, sich hilft – vor allem aber, wo regelmäßig kleine Kunst-Events stattfinden. Zu denen kommen seit 2008 nicht nur jene, die nur ihre Wohnungstür öffnen müssen, sondern auch viele aus der weiteren Nachbarschaft. Die Mieter haben eine Bühne aus ihrem Hausflur gemacht: für Konzert und Theater, Tanz und fröhliches Beisammensein. Ein ganz besonderes Kiezleben, das der Fahrstuhleinbau beenden wird.
Die allermeisten der 26 Mietparteien haben sich daher gegen den Einbau ausgesprochen und mit vielen Mitteln versucht, sich durchzusetzen: mit einem Einspruch gegen den Bauantrag, mit Anträgen bei ihrer Denkmalschutzbehörde und dem Berliner Denkmalamt.
In der Warthestraße 49 wohnt noch immer eine bunte Mischung aus Künstlern, Selbstständigen, Angestellten und Transfergeld-Empfängern. Für einige von ihnen könnte es künftig zu teuer werden, wenn die Modernisierungsumlage erhoben wird und wegen des Fahrstuhls die Betriebskosten steigen.
Das Haus solle an zeitgemäße Anforderungen angepasst werden, begründet die Hausverwaltung ihr Vorhaben. Die Mieter befürchten, dass die langjährigen Eigentümer es nur attraktiver machen wollen, um es zu einem Höchstpreis zu verkaufen.
Rosemarie Mieder
23.03.2018