Wenn es darum geht, die Mietpreisbremse zu umgehen, sind Vermieter erfinderisch. Neueste Masche: Sie versuchen, Wohnungsmietern teilgewerbliche Mietverträge unterzuschieben.
Als Katrin Weber* und Paul Weiß* ihren neuen Mietvertrag unterschreiben wollten, staunten sie nicht schlecht. „Mietvertrag für Mieträume mit teilgewerblicher Nutzung“ war er überschrieben. In der Friedrichshainer Vierzimmerwohnung, die sie anmieten wollten, soll demnach ein Raum gewerblich genutzt werden. „Das wollen wir nicht, das stand vorher auch nirgendwo, und das wurde uns auch nicht bei der Besichtigung gesagt“, versichert Katrin Weber.
Mit diesem dreisten Manöver will der Vermieter offensichtlich die Mietpreisbremse umgehen. Diese besagt, dass die Miete bei Wiedervermietung in der Regel höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Die hier verlangten 1450 Euro für knapp 102 Quadratmeter gehen weit darüber hinaus. Weber und Weiß kannten die Rechtslage und wollten die Miethöhe nach der Vertragsunterzeichnung anfechten. Doch die Mietpreisbremse greift nur bei Wohnraum. In einer Anlage zum Mietvertrag wird die Miete für den Wohnraum mit 756 Euro angegeben – dies liegt im Rahmen des nach der Mietpreisbremse Möglichen. Dazu kommt ein „Zuschlag für den gewerblich genutzten Raum“ in Höhe von 694 Euro.
Auch wenn die behauptete gewerbliche Nutzung dieser ganz normalen Altbauwohnung ganz offensichtlich zur Aushebelung der Mietpreisbremse dient, hätten die Mieter beweisen müssen, dass von einer gewerblichen Nutzung nie die Rede gewesen war. Weber und Weiß konnten das nicht und haben deshalb den Mietvertrag nicht unterschrieben.
Bei der im Februar beschlossenen Nachbesserung der Mietpreisbremse hat die Bundesregierung keines der vielen Schlupflöcher abgedichtet.
Jens Sethmann
* Namen geändert
27.03.2020