Recht harmlos heißt es in der Modernisierungsankündigung des Wohnungsunternehmens Degewo, es würden „Schadstoffe“ entsorgt. Erst drängende Nachfragen enthüllen: Es handelt sich um eine Asbestsanierung. Bei diesem gefährlichen Stoff wäre allerdings Offenheit angesagt.
Eine 14-seitige Modernisierungsankündigung erhielten die Mieter eines Hauses in der Kreuzberger Naunynstraße Ende 2019. Nur wer sehr gründlich las, entdeckte auf Seite 6: „Rückbau und Entsorgung ev. schadstoffhaltiger Bauteile“ würden durch zertifizierte Fachfirmen entsprechend den geltenden technischen Regeln durchgeführt.
„Ich habe auf Anraten meiner Rechtsvertreterin beim Berliner Mieterverein nachgefragt, ob es sich dabei um eine Asbestsanierung handele“, erinnert sich einer der Mieter. Mit einer konkreten Antwort hielt sich das kommunale Wohnungsunternehmen selbst da noch zurück. Erst die Drohung, einen eigenen Gutachter einzuschalten, führte zur Offenlegung des Sachverhalts und dem Versprechen, die Messprotokolle einsehen zu dürfen.
Ende letzten Jahres waren es nach Senatsangaben auf Anfrage des Grünen-Politikers Andreas Otto 48.746 kommunale Wohnungen, bei denen eine oder als wahrscheinlich vermutet wird. Mit 18.007 Wohnungen verzeichnet die Degewo die zweithöchste Zahl der Fälle nach der Gewobag (18.880).
Im Umgang mit dem Schadstoff sieht Rechtsanwalt Sven Leistikow, der auch asbestgeschädigte Mieter vor Gericht vertritt, eine klare Verantwortung bei den Vermietern: „Wo Asbest im Wohnhaus vorhanden ist, muss das den Bewohnern mitgeteilt werden“, erklärt er. Diese Ansicht scheint die Degewo nicht zu teilen.
Rosemarie Mieder
27.03.2021