Der Berliner Mieterverein fördert den Zusammenschluss von Mietern in sogenannten Mietergemeinschaften. Davon profitieren beide Seiten.
„Gemeinsam ist man stärker“ – getreu diesem Motto tun sich in Berlin Mieter eines Wohnhauses oder einer Wohnanlage zu sogenannten Mietergemeinschaften zusammen. Sie wählen einen Sprecher, der sie dann beim Berliner Mieterverein (BMV) als Gruppe vertritt. Davon profitieren beide Seiten: Der BMV spart Zeit, weil er nicht mehr viele einzelne Mitglieder zum gleichen Rechtsproblem mit dem gleichen Vermieter beraten muss, sondern nur noch einen Ansprechpartner für mehrere Mitglieder hat. Und die Mieter haben den Vorteil, in den Genuss eines ermäßigten Mitgliedsbeitrages zu kommen (siehe Kasten).
Auch sonst hat der Zusammenschluss in Mietergemeinschaften seine Vorzüge, erklärt Klaus Kießling, Rechtsberater beim Berliner Mieterverein: „Der Vermieter kann die Mieter nicht mehr so leicht einzeln ,weichkochen‘, denn sie wissen die anderen Mieter im Rücken und fühlen sich dadurch gestärkt.“ Zusätzlich können sie sich gegenseitig unterstützen und beraten.
Besonders gut funktioniert dieses Prinzip in einem Wohnhaus in der Lothar-Bucher-Straße in Steglitz. Seit über 20 Jahren hat hier Wolfgang Zabel die Funktion eines Sprechers der Mietergemeinschaft. Aktuell gehören 28 der 140 Mietparteien des Altbaus zu dem Zusammenschluss. „Begonnen hat es damit, dass die Hausverwaltung die Beheizung des Gebäudes auf Fernwärme umgestellt hat“, erzählt Wolfgang Zabel. „Wir Mieter waren mit den Kosten nicht einverstanden und wollten etwas dagegen unternehmen.“ Anstatt dass nun alle einzeln zum Mieterverein gingen, ließen sich die Mieter auf den Vorschlag eines Beraters ein, sich zu einer Gruppe zusammenzuschließen. Der kommunikative Wolfgang Zabel wurde einstimmig zum Gruppensprecher gewählt – und ist es bis heute geblieben. Inzwischen ist er zu einem gefragten Experten in Sachen Mietrecht geworden. Es kommt öfters vor, dass abends Nachbarn bei ihm vor der Tür stehen und ihn bitten, dass er ihre Betriebkostenabrechnung durchsieht. „Viel zu tun ist immer, wenn mal wieder eine Mieterhöhung ins Haus steht“, sagt Wolfgang Zabel. Dann stehen die Leute bei ihm Schlange. Gemeinsam rechnen die Mieter aus, ob die Mieterhöhung gerechtfertigt ist oder nicht.
Ein Jahr lang Mietminderung
Den größten Erfolg konnte die Mietergemeinschaft im Jahr 1999 verbuchen, als die Hausverwaltung umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen durchführte und dafür eine höhere Miete verlangte. „Ein ganzes Jahr lang war unser Haus eingerüstet, man wollte uns aber nur drei Monate Mietminderung zugestehen“, berichtet Wolfgang Zabel. Die Mieter beriefen eine Versammlung ein. Unterstützt vom BMV minderten sie die Miete ein ganzes Jahr lang um 40 Prozent.
Wenn Wolfgang Zabel in einem Fall unsicher ist und nicht weiter weiß, ruft er Klaus Kießling an, seinen Berater beim BMV. Manchmal treffen sich die beiden und sprechen über neue Gerichtsurteile oder mietrechtlich relevante Regelungen. Sobald es neue Informationen gibt, schickt Klaus Kießling diese an Wolfgang Zabel, der kopiert sie für die anderen Mieter und verteilt sie im Haus. Die Kosten für die Kopien und andere Auslagen übernimmt die Mietergemeinschaft.
Obwohl Wolfgang Zabel noch berufstätig ist, nimmt er sich gerne die Zeit für seine Arbeit als Gruppensprecher. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht. Er ist von der Idee überzeugt und die Erfolge seiner Mietergemeinschaft geben ihm immer wieder Recht.
Sina Tschacher
MieterMagazin 5/10
Bei Mietersprecher Wolfgang Zabel (rechts im Bild) fragen die Nachbarn häufig um Rat
Foto: Sabine Münch
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Wie funktioniert eine Mietergemeinschaft?
Der Berliner Mieterverein unterstützt die Bildung von Mietergemeinschaften. Voraussetzung ist, dass sich mindestens zehn Mieter eines Wohnhauses zusammenfinden und einen gemeinsamen Sprecher wählen, der für den Kontakt zum BMV zuständig ist. Der BMV-Monatsbeitrag für Mitglieder einer solchen Mietergemeinschaft beträgt dann nur 6 Euro pro Mitglied anstatt der üblichen 7,50 Euro.
Um eventuell anfallende Ausgaben, etwa für Porto, Telefon oder Kopien, gerecht zu verteilen, empfiehlt es sich, eine Gemeinschaftskasse anzulegen, in die jedes Mitglied den gleichen Betrag einzahlt. Bei gemeinsamen Treffen kann der Sprecher die Gemeinschaft über neue Entwicklungen informieren. Wie oft diese Treffen stattfinden, kann natürlich jede Gruppe individuell entscheiden.
tsc
03.01.2018