Die Sanierung der Kavalierstraße 19/19a in Pankow wurde von der Wohnungsbaugesellschaft Gesobau überraschend verschoben. Grund sei, so das Unternehmen, die ablehnende Haltung der Mieter. Diese wehren sich gegen eine Verschandelung des Gründerzeitbaus durch Dämmplatten und PVC-Fenster.
Vor einem Jahr wurde zwischen Mietern und Wohnungsunternehmen ein Rahmenvertrag zur sozialverträglichen Modernisierung geschlossen. Die Zeichen standen auf Dialog. Doch Anfang April hat die Gesobau Duldungsklagen eingereicht. Vor einer Sanierung wolle man nun den Ausgang der Verfahren abwarten.
„Ein komplettes Haus wird verklagt – muss das sein?“, fragt Eva Köppen von der Mieterschaft. Die Verschiebung der Sanierung bedeute nichts Gutes für den dringend instandsetzungsbedürftigen Altbau. Obwohl das Haus nicht unter Denkmalschutz steht, ist es nach Überzeugung von Fachleuten ein architektonisch bedeutendes Gebäude. Die geplanten energetischen Maßnahmen wären verheerend, sagt etwa Architekturhistoriker Frank Seehausen. So sollen die Fassade gedämmt und die alten Holzkastendoppelfenster durch Kunststofffenster ersetzt werden. Eines der beiden Türmchen im Hof – ehemalige Dienstbotenaufgänge – soll als Fahrstuhlschacht dienen. Die elf Mietparteien fordern dagegen eine behutsame, denkmalgerechte Sanierung. Auf einer zusammen mit dem Verein „Denk mal an Berlin“ organisierten Veranstaltung äußerten sich Denkmalschützer, Bauhistoriker, aber auch ein Volkswirtschaftler. Der Tenor: Es sei völlig unsinnig und unwirtschaftlich, fast 50 Zentimeter dicke Altbaumauern zu dämmen.
Die Gesobau beharrt dagegen auf den Maßnahmen. Eine Aufarbeitung der Kastendoppelfenster sei dreieinhalb mal so teuer wie neue Fenster – eine Zahl, die von den Mietern bezweifelt wird. Außerdem soll nur die hofseitige Fassade Dämmplatten erhalten. „An der Vorderfassade soll ein zwei Zentimeter dicker mineralischer Dämmputz aufgetragen werden“, so Sprecherin Kirsten Huthmann. Auch das würde die Verzierungen der Fassade zerstören, meinte dazu Sebastian Rost vom Verband Restaurator im Handwerk e.V. auf der Veranstaltung.
Beim Berliner Mieterverein (BMV) zeigt man sich verwundert über das Vorgehen der Gesobau. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Verhandlungen abgebrochen wurden, sagt Stefan Schetschorke, Leiter der BMV-Rechtsabteilung: „Von einem Scheitern des Dialogs kann keine Rede sein.“ Dass man nun die Verschiebung der Sanierung erklärt und gleichzeitig die juristische Keule schwingt, sei ein eigensinniges Vorgehen. „Das steht einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft nicht gut zu Gesicht“, meint Schetschorke.
Birgit Leiß
03.01.2018