Im März haben die börsennotierten Wohnungskonzerne ihre Geschäftsberichte über das Jahr 2020 vorgelegt. Trotz der Corona-Pandemie, die fast die gesamte Wirtschaft trifft, fahren Immobilienunternehmen weiterhin hohe Gewinne ein. Während viele Mieter nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen, können sich die Aktionäre über steigende Dividendenzahlungen freuen.
Der Gewinn des Immobilien-Giganten Deutsche Wohnen aus der Wohnungsbewirtschaftung ist – bedingt durch den Mietendeckel – von 730 Millionen auf 720 Millionen Euro zurückgegangen. Dem Dax-Konzern macht das aber nichts aus. Denn gleichzeitig verzeichnet er eine Wertsteigerung seines Immobilienbestandes um 1,9 Milliarden Euro. Der Zuwachs resultiert nur minimal aus Modernisierungsinvestitionen, sondern ganz überwiegend aus einer Steigerung des Bodenwertes. Mit Immobilienbesitz wird man ohne eigenes Zutun immer reicher. Die Deutsche Wohnen erhöht daher die Dividendenausschüttungkräftig: Die Anteilseigner sollen 1,03 Euro je Aktie bekommen – das sind 14,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Pro Wohnung und Gewerbeeinheit schüttet der Konzern rund 2340 Euro aus. Das bedeutet, die Mieter zahlen im Durchschnitt jeden Monat mit ihrer Miete 195 Euro allein an die Aktieninhaber – etwa 40 Prozent der Miete fließt direkt in deren Taschen.
Bei den anderen börsennotierten Vermietern sieht es ähnlich aus. Die Vonovia, Deutschlands größter Wohnungskonzern mit 355.000 Wohnungen, bekommt den Mietendeckel weniger zu spüren, da sie in Berlin „nur“ 43.000 Wohnungen hat. Die Durchschnittsmiete ist bei der Vonovia um 3,1 Prozent auf 6,95 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Der Immobilienwert ist um 4,9 Milliarden Euro angewachsen. Die Aktionäre können sich auf eine Dividendenausschüttung freuen, die 7,6 Prozent höher ist als im letzten Jahr. Auf die Wohnung gerechnet sind das knapp 2300 Euro, also 191 Euro im Monat.
„Grand City“ hat die Dividende nicht erhöht. Der Konzern mit Sitz in Luxemburg hat 63.800 Wohnungen, davon 7800 in Berlin. Er schüttet etwa 2170 Euro pro Wohnung aus. Grand-City-Mieter zahlen also im Schnitt monatlich rund 180 Euro an die Anteilseigner.
Das Unternehmen Adler – bis September 2020 „ADO Properties“ – hat im vergangenen Jahr in seinen knapp 70.000 Wohnungen die Mieten um 2,2 Prozent gesteigert. In den 19.900 Berliner Wohnungen hat Adler ein „negatives Mietwachstum“ von 0,7 Prozent zu verzeichnen. Grund hierfür sei der Mietendeckel, den es in seinem Geschäftsbericht allerdings mit der Mietpreisbremse des Bundes durcheinanderbringt. Ausgeschüttet werden 775 Euro pro Wohnung, also knapp 65 Euro monatlich.
Den Vogel schießt die schwedische „Akelius“ ab. Sie hat angekündigt, in diesem Jahr 142 Millionen Euro auszuschütten. Berechnet auf ihre weltweit 45.000 Wohnungen sind das jeweils 3150 Euro. Jeden Monat reicht Akelius also von seinem durchschnittlichen Mieter 262 Euro als Rendite für die Aktionäre weiter.
Die Aktienunternehmen haben keine Skrupel
Der Berliner Mieterverein (BMV) kritisiert das Ausquetschen der Mieter scharf: „Diese börsennotierten Wohnungsunternehmen haben keine Skrupel: Während Zigtausende wegen Kurzarbeit, Jobverlust oder ausgebliebener Einnahmen die Miete aus ihren Ersparnissen bezahlen, wachsen auf der anderen Seite die Vermögen aus Immobilienbesitz“, sagt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. „Wohnen aber gehört zur Daseinsvorsorge. Deshalb müssen Bund und Länder endlich Lösungen finden, wie der Wohnungsbestand dieser börsennotierten Unternehmen wieder dem Gemeinwohl verpflichtet werden kann.“
Jens Sethmann
Keine Profite mit der Miete!
Zurzeit läuft die zweite Phase der Unterschriftensammlung für das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Profitorientierte Immobilienfirmen, die in Berlin mehr als 3000 Wohnungen besitzen, sollen nach Artikel 15 des Grundgesetzes vergesellschaftet werden. Die enteigneten Wohnungen sollen in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführt und im Sinne des Gemeinwohls bewirtschaftet werden. Bis zum 25. Juni müssen knapp 175.000 gültige Unterschriften zusammengekommen sein. Wenn das gelingt, könnten die Berliner Wahlberechtigten am 26. September, dem Tag der Bundestags- und Abgeordnetenhauswahlen, auch über die Vergesellschaftung der großen Immobilienkonzerne abstimmen. Der Berliner Mieterverein unterstützt das Volksbegehren.
js
27.08.2023