Alternative Wohnformen beleben den Kiez. Nehmen wir die Kreutzigerstraße in Friedrichshain: Hier sind aus ehemals besetzten Häusern besondere Wohnprojekte entstanden. In einem davon wohne ich. Von 1996 bis 1999 haben wir unser Haus aus eigener Kraft saniert. Finanziert wurde das aus einem Programm namens „Bauliche Selbsthilfe“. Gibt’s heute nicht mehr, ist von einem Bürgermeister Wowereit und einer Bausenatorin Junge-Reyer abgeschafft worden. Es braucht eben politischen Willen, sollen alternative Wohnprojekte eine Chance haben. Das ist im Übrigen ein Thema, das wir immer wieder in unserer Bezirksgruppe Friedrichshain-Kreuzberg des Berliner Mietervereins diskutieren.
Wir sitzen nahe an der Grenze zu Lichtenberg, hier sind die Mieten beispielsweise für viele Flüchtlinge ein Problem, die es geschafft haben, endlich aus den Gemeinschaftsunterkünften rauszukommen. Oft landen sie in schlimmen, mängelbehafteten und trotzdem überteuerten Wohnungen. Was, wenn das Jobcenter dann die Miete nicht in voller Höhe übernimmt? Auch die Betriebskostennachzahlungen können existenzbedrohend sein. Wasser- und Energieverbrauch sind nämlich gerade bei großen Familien hoch.
Der gekippte Mietendeckel hat uns in der Bezirksgruppe einen ziemlichen Dämpfer versetzt. Genau wie die teilweise Aufhebung des Vorkaufsrechts. Das hat bei vielen die Hoffnung zerschlagen, ihr Mietshaus buchstäblich selber in die Hand nehmen zu können. Wäre das in der Kreutziger seinerzeit nicht gelungen, hätten dort noch mehr Spekulanten zugegriffen. Stattdessen ist bei uns eine wirklich tolle Nachbarschaft entstanden, in der es jetzt – nach der Pandemiezeit – endlich auch wieder ein Straßenfest geben wird. Aber wie ich schon sagte: Die Politik muss für ein buntes Leben im Kiez auch die Voraussetzungen schaffen. Und mitunter muss sie dazu gezwungen werden. Je mehr sich in unserer Bezirksgruppe engagieren, um so besser können wir das durchsetzen.
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29.04.2022