„Das Beste für Berlin“ lautet die Überschrift des Koalitionsvertrags, den CDU und SPD ausgehandelt haben. Er enthält viele unkonkrete Ankündigungen – auch in der Wohnungs- und Mietenpolitik. Für Mieterinnen und Mieter ist Schwarz-Rot eher nicht mit der Aussicht auf eine Verbesserung bei Preisen und Verfügbarkeit verbunden.
Die landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen ihre Bestände durch Ankauf von 350.000 auf 500.000 Wohnungen aufstocken, so die Große Koalition. Dafür bekommen sie Eigenkapitalzuschüsse aus dem Landeshaushalt. Diese Stärkung der Landeseigenen ist für den Berliner Mieterverein (BMV) „ein Lichtblick“, so Geschäftsführer Sebastian Bartels. Allerdings fehlen im Koalitionsvertrag soziale Verpflichtungen für die Unternehmen.
Offensichtlich dient die Ankündigung eines massiven Ankaufs auch dazu, die im Raum stehende Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen großer Privatunternehmen besser abwehren zu können. Sollte die Expertenkommission die Enteignung befürworten, haben CDU und SPD ein Vergesellschaftungsrahmengesetz angekündigt, das die allgemeinen Bedingungen für Vergesellschaftungen festlegt. In Kraft treten soll dies zwei Jahre nach Verkündung. So würden – wenn denn überhaupt – erst weit nach Ende dieser Wahlperiode Wohnungen vergesellschaftet werden. „Was SPD und CDU da planen, ist eine extrem teure Verschleppung des Volksentscheids“, sagt Isabella Rogner, Sprecherin der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.
Das Mietenkataster faktisch beerdigt
Der Koalitionsvertrag bietet auch sonst Anlass zur Sorge: „Die Regelungen beim Mieterschutz bleiben vage“, kritisiert BMV-Geschäftsführerin Wibke Werner. Die in Aussicht gestellte „Prüfstelle zur Einhaltung der Mietpreisbremse“ sei zwar begrüßenswert. „Unklar bleibt, welche Durchgriffsrechte diese haben soll.“ Auch beim geplanten Mieten- und Wohnungskataster sieht der BMV „Mutlosigkeit“ am Werk. Das Berliner Kataster soll auf dem Gebäude- und Wohnungsregister des Bundes aufbauen, das frühestens 2028 kommt. „Das ist faktisch die Beerdigung des Projekts“, kommentiert Katrin Schmidberger, Mietenpolitikerin der Grünen.
Starkes Gewicht legen CDU und SPD auf den Neubau. Helfen soll ein „Schneller-Bauen-Gesetz“, mit dem Genehmigungsverfahren zu Lasten von Denkmalschutz, Natur- und Artenschutz verkürzt werden. Nachverdichtungen sollen vorangetrieben werden, auch unter verstärkter Nutzung des Einfügungsparagraphen 34 des Baugesetzbuches, mit dem viele grüne Innenhöfe flugs zu Bauland umfunktioniert werden können.
„Bis zu 5000“ Sozialwohnungen sollen pro Jahr entstehen. Es wird ein „drittes Fördermodell für mittlere Einkommen“ eingeführt. Ein Teil der Fördergelder fließt also auch in Wohnungen für Haushalte, die ein höheres Einkommen haben als die Hälfte der Bevölkerung.
Schwarz-Rot will außerdem die Programme zur Eigentumsförderung „weiterentwickeln und verstärken“. In den neuen Stadtquartieren wollen CDU und SPD „einen begrenzten Anteil von freifinanzierten Eigentumswohnungen für Familien mit unterdurchschnittlichen Einkommen“ reservieren – wie das ohne Fördergelder gehen soll, bleibt ihr Geheimnis.
Jens Sethmann
Das neue Personal
Die bisherige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) soll Senatorin für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen werden. Auf diesem Gebiet hat sie vor einem Jahr mit viel Aufwand ein Wohnungsbündnis präsentiert, das so unverbindlich ist, dass die unterzeichnenden Wohnungsbauunternehmen es folgenlos missachten können. Für die Immobilienwirtschaft hat Giffey ein offenes Ohr: Einem spendablen Luxusimmobilienentwickler schrieb sie, er könne sie „gerne direkt ansprechen“. Justizsenator soll Jan-Marco Luczak werden, der als CDU-Bundestagsabgeordneter Mietrechtsverbesserungen aktiv behindert und mit einer Klage den Berliner Mietendeckel zu Fall gebracht hat. Tatkräftig unterstützt wurde er dabei vom designierten Regierenden Bürgermeister Kai Wegner, damals baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.
js
Download des Koalitionsvertrages:
https://spd.berlin/koav/
Berliner Mieterverein beurteilt Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD differenziert:
Licht und Schatten bei leistbarem Bauen und Wohnen
27.04.2023