Ein Balkon steht auf der Wunschliste vieler Wohnungssuchender ganz oben. Kein Wunder also, dass immer mehr Eigentümer ihre Häuser entsprechend nachrüsten. Für die Mieter wird das mitunter richtig teuer.
Vor allem große, für Familien geeignete Wohnungen sind ohne Balkon nur schwer zu vermieten. Der Austritt ins Freie ist nun mal ein Stück Wohnqualität, auf das viele nicht verzichten möchten. Immer häufiger werden daher Balkone nachträglich angebaut, sei es im Rahmen der kompletten Sanierung des Hauses oder als Einzelmaßnahme. So auch in der Heinrich-Heine-Straße 2-16 in Mitte. „Wir haben vor einigen Jahren unter unseren Mietern eine Umfrage gemacht und da hatte der Wunsch nach einem Balkon höchste Priorität“, erklärt Ina Dürre von der Wohnungsbaugenossenschaft „Berolina“.
Seitdem hat die Genossenschaft ein großes Balkonanbauprogramm gestartet und über 1000 Balkone errichtet. Im Wohnblock in der Heinrich-Heine-Straße, wo ursprünglich nur 80 der 400 Wohnungen über einen Balkon verfügten, hat sich die Miete dadurch, je nach Balkontypus, um rund 38 bis 44 Euro erhöht. Die gesetzlich zulässige Umlage – elf Prozent der Modernisierungskosten – würde bis zu 100 Euro betragen, doch im Sinne des Genossenschaftsgedankens trägt die Berolina die Hälfte der Kosten selber. „Wir betrachten das als langfristige Investition in die Attraktivität unserer Wohnungen“, so Ina Dürre. Die Mieter konnten sich sogar aussuchen, ob sie den Balkon lieber zur Straßenseite oder zum Hof haben wollten und einige legten auch gar keinen Wert auf einen Balkon. Da aus Gründen der Statik ohnehin nicht alle Wohnungen einen Balkon bekommen können, wurden durch einen Wohnungstausch innerhalb des Hauses alle Bewohner zufrieden gestellt.
Trend zum Zweit-Balkon?
Sehr viel häufiger aber wird der Balkonanbau den Mietern einfach als Modernisierungsmaßnahme aufgezwungen. „Grundsätzlich gilt das als Wohnwertverbesserung und muss daher vom Mieter geduldet werden“, sagt Frank Maciejewski, Rechtsexperte des Berliner Mietervereins (BMV). Allerdings gibt es Ausnahmen. So war das Landgericht Berlin der Auffassung, dass der Anbau eines zweiten Balkons in einer Zweizimmerwohnung keine Verbesserung ist, wenn auf dem vorhandenen ein bis zwei Personen Platz haben (LG Berlin vom 15.11.2005 – 63 S 77/05).
Das heißt aber nicht, dass sich Mieter generell gegen einen Zweitbalkon wehren können. Es kommt auf den Einzelfall an. So befand das Landgericht Berlin, dass der Anbau eines Balkons zum nicht geräuschbelasteten Innenhof auch dann eine Wertverbesserungsmaßnahme ist, wenn die Wohnung bereits straßenseitig über einen vorne verglasten Freisitz verfügt (LG Berlin vom 12.11.2007 – 67 S 16/07).
Technisch ist die Nachrüstung meist kein Problem. Die Höhe der Kosten und damit auch der Modernisierungsumlage hängt unter anderem von Art und Größe des Balkons und von der Qualität der verwendeten Materialien ab. Mitunter schlägt der Anbau mit 100 Euro und mehr pro Monat zu Buche – unter diesen Umständen würden die meisten lieber darauf verzichten.
Das Landgericht Berlin stellte kürzlich klar, dass das Anbringen von Balkonen in Berlin keine allgemein übliche Maßnahme im Sinne des Paragrafen 554 Absatz 2 Satz 4 Bürgerliches Gesetzbuch ist (LG Berlin vom 19.1.2010 – 65 S 285/09). Das bedeutet, dass Mieter Härtegründe geltend machen können. Wenn die Mieterhöhung zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung führen würde, muss die Modernisierung nicht geduldet werden.
Birgit Leiß
MieterMagazin 6/10
Balkone sind bei Mietern beliebt – nachträglich angebaut sind sie auch teuer
Foto: Sabine Münch
Rat und Tat
Neuer Balkon – mehr Quadratmeter
Mit einem Balkonanbau verändert sich auch die Wohnfläche, was bei der Umlage von Wasser, Müll und so weiter in der Nebenkostenabrechnung eine Rolle spielt. Eine entsprechende Änderung des Mietvertrags ist nicht erforderlich, die Modernisierungsvereinbarung reicht aus. Nach der Wohnflächenverordnung ist ein Balkon in der Regel mit einem Viertel seiner Fläche anzurechnen.
bl
03.01.2018