Die Komplettsanierung einer Siedlung mit 1600 Wohnungen verlangt den Mietern einiges ab. Das weiß man auch bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“. Dennoch fragen sich viele Bewohner der John-Locke-Siedlung in Lichtenrade: Geht es nicht auch weniger chaotisch? Viele der Maßnahmen sind in ihren Augen ohnehin übertrieben.
Seit zwei Jahren leiden die Mieter der 1964 erbauten Siedlung unter unerträglichem Lärm durch die Abriss- und Bauarbeiten. „Es geht an die Substanz“, meinte eine fast 80-jährige gehbehinderte Mieterin. Zeitweise musste sie trotz Kälte in das Buswartehäuschen auf der Straße flüchten.
Für allgemeinen Unmut sorgt auch der Umbau der Ladenzeile. Das Wohnungsunternehmen plant einen Stadtplatz, dafür müssen der Partyraum und das Gemeinschaftswaschhaus weichen. Für die Bewohner war die Ladenzeile bisher ein Treffpunkt, nun ist hier seit über einem Jahr eine Einöde. Es habe „aus verschiedenen Gründen“ eine Verzögerung bei der Sanierung des Stadtplatzes gegeben, heißt es dazu bei Stadt und Land. Noch im Mai sollen die Arbeiten nun endlich beginnen. Insgesamt 70 Millionen Euro soll die Sanierung kosten. Geplant ist neben einer Wärmedämmung, neuen Fenstern und einer Generalüberholung von Dächern, Balkonen und Aufzügen auch eine Neuordnung der Siedlung. Um die Identifikation der Bewohner mit ihrer Siedlung zu erhöhen, wird sie in vier Quartiere eingeteilt. Die drei Hochhäuser sollen nachts durch ein blaues Lichtband erleuchtet werden.
„Aufzüge, die man ohne Stufen erreichen kann, wären wichtiger“, meint dazu Peter Schoebe, seit 30 Jahren im Mieterbeirat der Siedlung. Am meisten ärgert ihn aber der Umgang mit von Mietern vorgenommenen Einbauten. Viele Mieter haben umfangreich in ihre Wohnung investiert. Nun soll alles herausgerissen und durch den Standard des Sozialen Wohnungsbaus aus den 1960er Jahren ersetzt werden, wie Schoebe kritisiert.
Die Entfernung von Fliesen und anderen Einbauten sei zwingend notwendig, weil asbesthaltiger Kleber unter den Fußbodenbelägen entfernt werden muss, sagt dazu die Pressesprecherin von Stadt und Land, Andrea Setzepfandt. Und weiter: „Nach unserer Einschätzung kann hier von einer vorbildlichen und die Mieterinteressen weitestgehend berücksichtigenden Sanierung gesprochen werden.“ Als kleine Entschädigung für den Baulärm will man den Mietern Jahreskarten für den Britzer Garten spendieren.
Birgit Leiß
05.02.2018