Mit einer Verdreifachung ihrer Mieten nach Modernisierung sind die Mieter der Zeughofstraße 20 in Kreuzberg konfrontiert. Dazu kommen extrem rücksichtslose Bauarbeiten, die offenbar ein Ziel haben: es den Bewohnern so ungemütlich wie möglich zu machen.
Der neue Eigentümer, ein Rechtsanwalt aus München, trat zunächst ausgesprochen mieterfreundlich und kooperativ auf. Persönlich kam er mit seinen Kindern bei den Mietern vorbei und versprach eine sozialverträgliche Modernisierung. Nur Heizung und Fenster sollten gemacht werden. Ob das nur Taktik war oder ob sich seine Pläne geändert haben, ist unklar. Fest steht, dass die Mieter im Dezember 2014 mit einer Modernisierungsankündigung geschockt wurden, wonach sich die Mieten mehr als verdreifachen sollen. Geplant ist das ganze Programm, inklusive Fahrstuhleinbau und Grundrissänderungen.
Das 1902 erbaute denkmalgeschützte Wohn- und Geschäftshaus soll komplett umgebaut werden. In den Fabriketagen im Hinterhaus, die früher die Freie Schule sowie ein Kino beherbergten, sollen exklusive Wohnlofts entstehen. Die umfangreichen Bauarbeiten, die auch die Verlagerung des Kinos umfassen, sind für die Mieter mit einer enormen Lärmbelastung verbunden. Bereits im März wurden die Schornsteinzüge stillgelegt. Die Folge: In den ofenbeheizten Wohnungen ist es bitterkalt. Weil zudem die Gasleitungen gekappt wurden, hat die Hälfte der Mieter – darunter Familien mit Kindern – seit Wochen kein Gas zum Kochen und für Warmwasser. Die Hausverwaltung „Berlin Residential“, die noch vor einigen Jahren auf ihrer Website mit ihrem „Entmietungsmanagement“ warb, scheint das nicht zu interessieren. „Wenn wir uns beschweren, heißt es nur, wir könnten ja ausziehen“, meint ein Mieter. Gegenüber dem MieterMagazin wollte der Eigentümer keine Stellungnahme abgeben.
Mit einer Ausnahme haben sämtliche Mieter die Modernisierungsduldung nicht unterschrieben. Viele wohnen seit Jahrzehnten hier, die künftigen Mieten von 12 Euro warm pro Quadratmeter können sie sich nicht leisten. Vom Bezirksamt kam bislang keine Unterstützung. Fast alle Baumaßnahmen wurden genehmigt, trotz Milieu- und Denkmalschutz. Nach Auskunft von Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne) wurde im Nachtragsverfahren auf die bereits genehmigte Tiefgarage verzichtet, und im Gewerbegebäude sollen statt Wohnungen Büros entstehen. Doch im Internet werden die Lofts nach wie vor für fast 18 Euro warm inseriert.
Birgit Leiß
02.01.2018