Eine alte Gagfah-Siedlung in Nikolassee soll modernisiert werden. Dem jetzigen Eigentümer Deutsche Wohnen ist egal, was die Mieter über Jahre hinweg selbst in die Wohnungen investiert haben. An ihren Bedürfnissen vorbei sollen beispielsweise Bäder verkleinert und neuwertige Heizungen herausgerissen werden. Die angekündigte Mietsteigerung wäre enorm – die behauptete Energieeinsparung ist dagegen fragwürdig.
Die Modernisierungsankündigung ihres Vermieters hat Jacqueline R. alarmiert. Seit 34 Jahren wohnt sie in der alten Gagfah-Siedlung im Dreieck zwischen Spanischer Allee, Hoiruper Straße und Avus. Und wie die meisten ihrer alteingesessenen Nachbarn hat sie nun Angst vor der Zukunft. Denn in den elf Häuserblocks aus den 1930er Jahren will die Deutsche Wohnen vom Sommer an Wasser- und Elektroinstallationen erneuern, Treppenhäuser renovieren, Dachböden und Keller dämmen, Bäder modernisieren und erstmals eine Zentralheizung einbauen. Was die 177 Mietparteien erwartet, sind neben notwendigen Instandhaltungen viele ungewollte und unnötige Neuerungen. Vor allem aber eine Mietsteigerung zwischen 20 und 40 Prozent.
„Meine Miete soll sich um über 200 Euro erhöhen“, so Jacqueline R. „Das kann ich nicht mehr bezahlen.“ Genau wie viele ihrer Nachbarn hat sie in den zurückliegenden Jahrzehnten viel eigenes Geld in ihre Wohnung gesteckt. Die Gagfah, langjährige Vermieterin in der Siedlung, besserte zwar Anfang der 1990er Jahre Dächer und Fassaden aus, Umbauten in den Wohnungen überließ das Wohnungsunternehmen aber liebend gerne den Mietern. Nun sollen beispielsweise die ohnehin kleinen Bäder noch mehr verkleinert, raumsparende Wannen, Handtuchtrockner und wandhängende WCs eingebaut werden. Es würden Gas- durch Stromherde ersetzt und zugunsten einer zentralen Heizung die von vielen Mietern selbst eingebauten Gasetagenheizungen und auch Nachtspeicheröfen herausgerissen. „Wenn das realisiert wird, ist es eine Wohnwertverschlechterung“, urteilt BMV-Rechtsberater Thomas Fischer-Lück. Weiter bemängelt er, dass die Energieeinsparung, die mit den Maßnahmen angekündigt wird, nicht nachprüfbar ist.
Rosemarie Mieder
03.01.2018