Lärm in der Nachbarschaft ist ein häufiger Anlass für Mietrechtsstreitigkeiten. Oft liegt jedoch die eigentliche Ursache für die Lärmbelästigung in einem ungenügenden Schallschutz. Seit Jahren engagieren sich deshalb die Interessenvertreter der Mieter und Verbraucher für eine Verbesserung des Schallschutzes beim Neubau und bei der Sanierung. Die neue Norm DIN 4109 verteuert aber lediglich das Bauen.
Über dreizehn Jahre hat sich der Normenausschuss Bau-Arbeitsschutz im Deutschen Institut für Normung mit einer neuen Norm zum „Schallschutz im Hochbau“ beschäftigt. In den nächsten Wochen soll sie endlich veröffentlicht werden. Der Deutsche Mieterbund, Mitglied im Verbraucherrat, der Berliner Mieterverein, Mitglied in der Expertenrunde Wohnungswesen des Verbraucherrates, und weitere Interessenvertreter der Verbraucher forderten von dem Ausschuss eine Erhöhung des Mindest-Schalldämm-Maßes um 3 Dezibel (dB) bei Luftschall und 5 dB bei Trittschall. Durch diese Änderung würde die Norm endlich dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Aber diese Werte, wirtschaftlich durchaus vertretbar, fanden keinen Eingang in die neue Regelung. Sie müssen auch weiterhin freivertraglich vereinbart werden. Auch die Vertreter der Akustiker und der Ingenieurverbände forderten ein höheres Schallschutzniveau. Durchgesetzt hat sich jedoch letztendlich die Lobby der Baustoffhersteller.
„Die Rechtslage wird auf keinen Fall einfacher“, bestätigt Frank Schultz, Akustik- und Schallschutzberater in Berlin. Das neue Verfahren zur Berechnung der Luftschalldämmung, das das bishere Verfahren ablöst, ist zwar genauer, aber komplizierter, und könnte dazu führen, dass „prophylaktisch“ größere Wand- und Deckenstärken geplant werden, was die Baukosten weiter in die Höhe treibt. Als Nachteile sieht Frank Schultz des Weiteren einen längeren Zeitaufwand für die Berechnungen in der Planungsphase und die Notwendigkeit einer neuen Software. Sein Fazit: „Die Nachweise und Planungen werden nun voraussichtlich nur noch den Spezialisten vorbehalten sein. Das macht alles komplizierter und das Bauen teurer.“
Damit beschäftigt sich bereits die Baukostensenkungskommission im Bundesbauministerium. Auch die Interessenvertreter der Bauherren und der Mieter und der Verbraucherzentrale Bundesverband sind enttäuscht. Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins bilanziert: „Die Chance, den völlig unzureichenden Schallschutz bei Gebäuden zu verbessern und das verloren gegangene Vertrauen der Anwender in diese Norm wiederherzustellen, wurde nicht genutzt.“
Rainer Bratfisch
09.06.2016