Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer hat eine Reihe von sogenannten Baugeboten ausgesprochen, um Grundeigentümer zum Wohnungsbau zu bewegen. In Berlin hält man dieses Instrument nicht für praktikabel.
In der württembergischen Universitätsstadt Tübingen herrscht Wohnungsmangel, während 550 Baugrundstücke, auf denen rund 1000 Wohnungen entstehen könnten, brach liegen. Oberbürgermeister Boris Palmer hat deshalb im April öffentlichkeitswirksam erste Baugebote ausgesprochen. Die angeschriebenen Eigentümer sollen sich dazu verpflichten, innerhalb von zwei Jahren einen Bauantrag zu stellen und in vier Jahren neuen Wohnraum zu bauen. Alternativ könnten sie auch die Flächen zum Verkehrswert an die Stadt verkaufen. Weigert sich ein Eigentümer, dem Baugebot nachzukommen, kann die Stadt eine Enteignung einleiten.
Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) möchte Grundeigentümer stärker in die Pflicht nehmen. Das Baugesetzbuch solle so geändert werden, dass die Städte Baugebote leichter aussprechen können. Der Deutsche Städtetag fordert derartige Änderungen schon länger: So sollten Baugebote nicht nur für einzelne Grundstücke, sondern auch für ganze Baugebiete verhängt werden können.
In Berlin haben die Bezirksämter noch nie ein Baugebot ausgesprochen. Das habe mehrere Gründe, erklärt Katrin Dietl, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Ein Baugebot greife stark in das Eigentumsrecht des Grundbesitzers ein, könne gleichzeitig aber nicht genau steuern, was und wie gebaut werde. „Verfügt der zum Bauen Verpflichtete beispielsweise über ein Grundstück, das in einem Mischgebiet verortet ist, liegt es in seiner Hand, ob er dort Wohn- oder Gewerbegebäude errichtet, denn beides wäre planungsrechtlich dort zulässig“, erklärt die Senatssprecherin.
Als milderes Mittel gegen die Spekulation mit Baugrundstücken hat der Berliner Senat im vergangenen Jahr die Bauordnung geändert: Baugenehmigungen und Bauvorbescheide sind nur noch zwei statt drei Jahre gültig und verfallen, wenn der Bau nach sechs Jahren nicht fertiggestellt wurde.
Jens Sethmann
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27.05.2019