Seit über zehn Jahren versucht der Bezirk Neukölln, die unhaltbaren Zustände im Haus eines früheren CDU-Funktionärs in den Griff zu bekommen. Doch auch das novellierte Wohnungsaufsichtsgesetz versagt offenbar bei besonders gewieften Eigentümern.
Die Nogatstraße 1 ist eine Goldgrube für den Eigentümer. Hunderte von Menschen, hauptsächlich aus Rumänien und Bulgarien, sollen in dem Haus leben, zu menschenunwürdigen Bedingungen und in Matratzenlagern. Wieviel Miete sie zahlen und welche Art von Verträgen sie haben, ist unklar. Roma würden sich halt nicht so viel beschweren, erklärte der Bruder des Eigentümers, der als Hausverwalter auftritt, dem ZDF 2012 in einem Interview. Eine Recherche des Tagesspiegels deckte „mafiaähnliche Strukturen“ auf. Nach Erscheinen des Artikels musste der Eigentümer Thilo Peter sein Vorstandsamt im CDU-Ortsverband Charlottenburg-Nord niederlegen.
Die „Schrottimmobilie“ hält das Bezirksamt seit Jahren auf Trab. Das Gesundheitsamt hat eine Rattenbekämpfung durchgesetzt, von der Bau- und Wohnungsaufsicht wurden bislang rund 20 Verfahren eingeleitet. Doch weder die Einrichtung einer bezirksinternen Arbeitsgruppe, noch ein Runder Tisch mit den Anwohnern, die unter Lärm und Vermüllung leiden, haben etwas bewirkt. Er sei erschüttert und wütend über die Zustände, sagte Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) letztes Jahr nach einem Vor-Ort-Termin. „Wenn enteignen, dann hier“, meint ein Mitarbeiter des Bezirksamts hinter vorgehaltener Hand.
„Für solche krassen Fälle haben wir eigentlich die Novellierung des Wohnungsaufsichtsgesetzes durchgesetzt“, sagt die Neuköllner Grünen-Abgeordnete Susanna Kahlefeld. Doch das Brüder-Gespann Peter weiß sich zu entziehen. Wenn die Bauaufsicht Druck macht, werden in allerletzter Minute und meist nur provisorisch die Missstände behoben. Eine Treuhänderschaft ist daher derzeit schwer durchzusetzen.
Birgit Leiß
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26.05.2022