Nach dem Verkauf der ehemals landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW im Jahr 2004 stiegen dort die Mieten stärker an als in den Wohnungsunternehmen, die im Eigentum des Landes Berlin geblieben sind. Das ergab eine Kleine Anfrage, die der Linken-Abgeordnete Uwe Doering im Abgeordnetenhaus stellte und die von der Finanzstaatssekretärin Iris Spranger (SPD) beantwortet wurde.
Seit 2004, dem Jahr, in dem Berlins bis dahin größte Wohnungsbaugesellschaft GSW an das Fonds-Konsortium Cerberus/Whitehall verkauft wurde, sind die Nettokaltmieten in den dortigen Beständen um durchschnittlich zwölf Prozent erhöht worden. Zum Vergleich: Die im Landesbesitz verbliebenen sechs Wohnungsbaugesellschaften haben ihre Mieten um 4,5 bis 10,5 Prozent erhöht, im Mittel also um etwa acht Prozent. Die „Heuschrecke“ nutzt also die Mieterhöhungsmöglichkeiten deutlich konsequenter aus als die öffentlichen Unternehmen.
Starker Anstieg auch bei Bestandsverträgen
Spielräume für Mieterhöhungen bot die GSW zum Zeitpunkt des Verkaufs reichlich. 2004 verlangte das Unternehmen mit durchschnittlich 4,09 Euro pro Quadratmeter noch die zweitniedrigsten Nettokaltmieten unter den städtischen Gesellschaften. Innerhalb von drei Jahren hat die GSW die Grundmieten auf durchschnittlich 4,58 Euro erhöht. Damit hat sie das Mietniveau der Gewobag und der „Stadt und Land“ überholt und würde nun unter den öffentlichen Vermietern den Mittelplatz einnehmen. „Die Zahlen decken sich mit unseren Erfahrungen, dass die neuen Investoren flächendeckend Mietsteigerungen durchführen“, sagt Reiner Wild, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV). Im Gegensatz zu den städtischen ziehen die privatisierten Unternehmen die Mieten auch bei bestehenden Mietverhältnissen stark an.
Abgesehen von der GSW hat sich im Mietengefüge der städtischen Gesellschaften von 2004 zu 2007 nichts geändert. Am günstigsten wohnt man nach wie vor bei der Gesobau (4,19 Euro), die höchsten Mieten verlangt weiterhin die Howoge (5,02 Euro). Im Durchschnitt aller Vermieter liegt die Nettokaltmiete bei 4,75 Euro.
Die Statistik gebe „anhand von Durchschnittsmieten nur ein sehr unvollständiges Bild der Lage auf dem Wohnungsmarkt wieder“, bemängelt Andreas Otto, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen. Die Durchschnittswerte täuschten darüber hinweg, „dass in Berlin in großem Umfang Segregation stattfindet“. Teure Citylagen stehen preisgünstigen Bereichen gegenüber. Otto: „Je stärker sich diese Mietendifferenzierung ausprägt, umso mehr findet soziale Entmischung statt.“
An der Nettokaltmiete kann man die Einnahmen der Wohnungsunternehmen ablesen. Aus Sicht der Mieter ist allerdings nicht allein die Nettokaltmiete, sondern vor allem die Gesamtmiete entscheidend. Die Betriebs- und Heizkosten sind aber je nach Zustand der Gebäude sehr unterschiedlich. Bei der Gesobau, der Gesellschaft mit den niedrigsten Kaltmieten, ist ein Großteil des Bestandes im Märkischen Viertel unsaniert, so dass etwa durch fehlende Wärmedämmung und veraltete Heizungsanlagen hohe Heizkosten anfallen. Die Howoge konnte hingegen ihre Wohnungen fast vollständig sanieren, daher kommen hier zu der relativ hohen Grundmiete deutlich niedrigere Nebenkosten hinzu.
Jens Sethmann
MieterMagazin 7+8/08
Wer bei der an private Spekulanten verkauften GSW wohnt, musste seit 2004 die höchste Mietsteigerungsrate hinnehmen
Foto: Kerstin Zillmer
05.02.2018