Bei Eigenbedarfskündigungen haben die Mieter vor Gericht oft keine gute Karten. Um so erfreulicher ist ein aktuelles Urteil des Berliner Landgerichts.
Drei Jahre lang hat das Paar aus der Reichenberger Straße 73 in Kreuzberg um seine Wohnung gebangt. „Unser Leben drehte sich nur noch um den nächsten Prozesstermin.“ Nun sind sie sehr erleichtert, dass die Eigenbedarfsklage auch in zweiter Instanz zurückgewiesen wurde. Ohne ihren Anwalt Cornelius Krakau, ohne die Unterstützung aus dem Bündnis „Zwangsräumung verhindern“, der Initiative „Eigenbedarf kennt keine Kündigung!“ sowie der Nachbarschaft und des Freundeskreises hätten sie es nicht geschafft, sagen sie.
Ihr Vermieter, der CDU-Politiker Ernst Brenning, hat in den vergangenen Jahren allein in der Reichenberger Straße sechsmal wegen Eigenbedarfs gekündigt. In keine der Wohnungen zog auf Dauer tatsächlich ein Familienmitglied ein, so eine Mieterin, die seit 1985 im Haus wohnt. Ihre Wohnung wurde angeblich für die Nichte des Vermieters benötigt. Doch schon vor dem Amtsgericht konnte die junge Frau, die als Zeugin geladen war, ihren dringenden Wohnbedarf nicht überzeugend darlegen. Unsichere Lebensplanungen seien zwar für junge Menschen ganz normal, so der Richter am Landgericht. Fraglich sei jedoch, ob der Eigentümer dem folgen müsse. Einen dringlichen Nutzungswunsch der Nichte konnte das Gericht nicht erkennen. Die Kündigung sei zudem rechtsmissbräuchlich, weil ein halbes Jahr danach eine andere, gleich geschnittene Wohnung im Haus frei geworden war. In die zog jedoch der Stiefbruder der Nichte ein.
Nach Recherchen von Christoph Trautvetter für seine Studie „Wem gehört die Stadt?“ besitzt der „Familienclan Brenning“ in Berlin mehr als 20 Mietshäuser mit einem geschätzten Wert von mehr als 100 Millionen Euro.
Birgit Leiß
28.03.2022