Am 18. Juli hat der Berliner Senat ein Landesenergieprogramm beschlossen. Um 25 Prozent sollen die Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2010, bezogen auf das Vergleichsjahr 1990, reduziert werden. Statt damals 30 Millionen Tonnen dürfen es dann nur noch maximal 22 Millionen Tonnen sein. Der Berliner Mieterverein kritisierte das Programm als schlechte Luftnummer, weil kaum realistische Umsetzungsschritte enthalten sind.
Um rund 14 Prozent hat Berlin den Kohlendioxidausstoß seit 1990 bereits reduziert – Grund genug für den Senat, im neuen Programm auch die bisherigen Maßnahmen ausführlich zu schildern.
Zu ausführlich, meinen Kritiker: „Das Programm gleicht in weiten Teilen einer Imagebroschüre. Seitenweise werden Erfolge aufgeführt, die zum Teil nicht einmal auf eigene Aktivitäten zurückzuführen sind“, meint Andreas Jarfe, Landesgeschäftsführer des BUND Berlin. Er möchte lieber von einem Landesenergiepapier als von einem Arbeitsprogramm sprechen: „Konkrete Handlungsmaßnahmen, Impulse, eine genaue Auswertung der bisherigen Maßnahmen kommen zu kurz.“ Franziska Eichstädt-Bohlig, Spitzenkandidatin der Grünen für Berlin, geht noch weiter. Sie hält das Programm für „ein wahlkampftaktisches Manöver, das davon ablenken soll, dass der Senat in den letzten fünf Jahren keine praktische Energiepolitik betrieben hat.“ Zwar würden einige Ziele genannt, jedoch nicht, wie sie erreicht werden sollen.
Ingeborg Junge-Reyer, die als Senatorin für Stadtentwicklung das Landesenergieprogramm vorgelegt hat, verweist hingegen auf eine Reihe konkreter Projekte. Dazu zählen zum Beispiel die so genannten Energiesparpartnerschaften: Private Unternehmen, vom großen Energieversorger bis zum kleinen Ingenieurbüro, übernehmen die Finanzierung, Planung, Umsetzung und Betreuung von Energiesparmaßnahmen in einem Landesgebäude. 2,2 Millionen Euro niedrigere Energiekosten macht das für Berlin jährlich aus, zusätzlich 50 Millionen Euro weniger Investitions- und Instandhaltungskosten.
Im Bereich „Erneuerbare Energien“ setzt Berlin in erster Linie auf die Kraft der Sonne. Photovoltaikanlagen zur Erzeugung von 6 Megawatt Strom und mehr als 47.000 Quadratmeter Solarkollektorfläche sind laut Junge-Reyer hier installiert. Sie verweist auch auf den neuen Berliner Hauptbahnhof: „Auf einer Fläche von 1870 Quadratmetern erzeugen 78 Solarzellen 160.000 Kilowatt Strom im Jahr.“ Das decke rund zwei Prozent des Stromverbrauchs des Bahnhofs. Private Nutzer können Dächer öffentlicher Gebäude im Rahmen der Initiative „Solardachbörse Berlin“ mieten und dort Photovoltaikanlagen installieren.
Sparpotenziale auf der Straße
Auch auf der Straße sollen die Kohlendioxidemissionen noch stärker gesenkt werden, etwa durch den weiteren Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs und die Nutzung schadstoffärmerer Technologien. Ein Beispiel: Die BVG setzt in Zukunft vermehrt auf die Wasserstofftechnik zum Antrieb ihrer Busflotte. Doch auch im Verkehrssektor könnte der Senat nach Meinung des BUND sehr viel mehr tun: mit Parkraumbewirtschaftung, Tempo-30-Zonen oder durch noch stärkeren Ausbau von Bahnstrecken.
Im Vergleich zum Ende 2005 vorgelegten Entwurf seien auch einige Kritikpunkte des BUND in das endgültige Programm aufgenommen worden, so Jarfe: „Der Senat beruft sich nun weit mehr auf konkrete Zahlen und will zudem eine Stelle einrichten, in der die statistischen Erhebungen gesammelt werden. Und auch im öffentlichen Beschaffungswesen wird nun mehr Wert auf Energieeffizienz gelegt.“
Kristina Simons
MieterMagazin 9/06
47.000 Quadratmeter Solarkollektorfläche zählt Berlin insgesamt: das sind rund 200 mal 200 Meter – nicht sehr viel
Foto: Rolf Schulten
Energieeffizient wohnen
Einsparpotenziale sollen auch im Wohnbereich verstärkt genutzt werden, beispielsweise durch gute Wärmedämmung oder effiziente Heizungsanlagen. Das gilt unter anderem für einen Teil der 270.000 Wohnungen der ehemals städtischen Wohnungsunternehmen. Zusammen mit dem Verband Berlin- Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU) arbeitet der Senat außerdem an einer Klimaschutzvereinbarung.
Landesfördermittel für Modernisierung und Instandsetzung von Gebäuden stehen allerdings nicht mehr zur Verfügung. Stattdessen verweist der Senat auf bundesweite Programme der KfW-Förderbank wie das
CO2-Gebäudesanierungsprogramm
www.kfw-foerderbank.de.
ks
16.11.2018