In immer mehr Berliner Hinterhöfen steht neuerdings eine „Orange Box“. Die kommunalen Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) wollen damit an recycelbare Wertstoffe herankommen, die bisher meist in der grauen Restmülltonne landen – oder in der „Gelben Tonne plus“ des privaten Konkurrenten Alba, die seit einigen Jahren in vielen Großwohnsiedlungen steht.
„Mit der Orange Box bringen wir gewissermaßen den ‚kleinen Recyclinghof’ zu den Verbrauchern nach Hause“, sagt BSR-Chefin Vera Gäde-Butzlaff. In einer Abfallanalyse habe man festgestellt, dass sich in den grauen Restmülltonnen jede Menge Verwertbares befinde. So sei die Idee mit der getrennten Wertstoffsammlung entstanden. Kein Wunder, denn viele Wertstoffe lassen sich wiederverwerten.
Elektrokleingeräte, Kunststoffe, Spielzeug, Metalle, Alttextilien, Holz und Datenträger dürfen in die orange Tonne, Verpackungen gehören dagegen weiterhin in die normale Gelbe Tonne von Alba. Dass die Berliner sich daran halten und nicht versehentlich doch Verpackungsmüll in die orange Tonne werfen, befürchtet die BSR nicht. Die Orange Box sei klar gekennzeichnet und die Mieter würden ausführlich informiert. Zunächst will die BSR rund 10.000 orange Tonnen innerhalb und etwa 150 Wertstoff-Iglus außerhalb des S-Bahnrings aufstellen. Eine Ausweitung auf ganz Berlin ist ab Januar 2011 geplant.
Die getrennte Wertstoffsammlung rechne sich finanziell für die Berliner, so Gäde-Butzlaff. In der laufenden Tarifperiode orientierte sich die BSR bei den Gebühren für die orange Tonne zwar noch an denen für die graue Tonne. Zukünftig wolle man jedoch einen deutlich niedrigeren Tarif kalkulieren. Gleichzeitig könne die getrennte Wertstoffsammlung eine teurere Restmülltonne im Hof überflüssig machen.
Die orange BSR-Tonne stößt indessen auf erbitterten Widerstand des privaten Entsorgers Alba. Der hatte bereits 2005 mit dem Segen der zuständigen Senatsumweltverwaltung in größeren Wohnsiedlungen das Pilotprojekt Gelbe Tonne plus gestartet. In diese erweiterte Gelbe Tonne dürfen im Unterschied zur BSR-Tonne nicht nur Wertstoffe, sondern auch Verpackungen. Mitte Juli hat der Berliner Senat Alba allerdings die Wertstoffsammlung untersagt und bis zum 13. August sollte der Entsorger das „plus“ von seinen rund 9000 Tonnen entfernen. Die Senatsumweltverwaltung berief sich dabei auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Juni 2009 (BVerwG vom 18. Juni 2009 – 7 C 16.08): Das sprach öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern – wie der BSR – die grundsätzliche Zuständigkeit für Abfälle aus privaten Haushalten zu. Dass der Senat jetzt die Konsequenzen aus dem Urteil zog, habe sich Alba selbst zuzuschreiben. „Wir haben die Gelbe Tonne plus weiter geduldet, weil wir zunächst die für Jahresende geplante Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes auf Bundesebene abwarten wollten“, erklärt Regina Kneiding, stellvertretende Sprecherin der Senatsumweltverwaltung. Doch dann habe Alba ohne Abstimmung mit dem Senat die Ausweitung der Gelben Tonne plus auf weitere Stadtgebiete angekündigt. „In dem Moment mussten wir handeln“, so Kneiding. Alba hat daraufhin Klage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht und einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. „Wir werden nun erstmal dieses Urteil abwarten“, sagt Kneiding. Es sei jedoch eher unwahrscheinlich, dass das Berliner Gericht anders entscheide als das Bundesverwaltungsgericht.
Wenn ein Monopol, dann ein kommunales …
Allerdings könnte die besagte Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wieder hinfällig machen. Laut Referentenentwurf soll im neuen KrWG die Verantwortung sowohl privater als auch öffentlich-rechtlicher Entsorger und insbesondere die gewerbliche Sammlung von getrennt gehaltenen Haushaltsabfällen zur Verwertung abgesichert werden. Dennoch wähnt sich die BSR mit ihrer Wertstofftonne auf der sicheren Seite: „Mit der Orange Box werden wir den Forderungen aus dem Entwurf zum Kreislaufwirtschaftsgesetz gerecht.“
Der Berliner Mieterverein (BMV) bewertet die Orange Box der BSR positiv. „Hingegen besteht bei einer flächendeckenden privaten Wertstoffsammlung die Gefahr, dass die Müllgebühren steigen“, sagt BMV-Hauptgeschäftsführer Reiner Wild. Ein kommunales Monopol sei jedenfalls besser als ein privates.
Kristina Simons
MieterMagazin 9/10
Orange macht Putz: Der private Entsorger Alba soll die Hände von den Wertstoffen lassen
Foto: Sabine Münch
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In der Tonne schlummert bares Geld
Die Berliner Stadtreinigung verwertet nach eigenen Angaben bereits heute 450 000 Tonnen Wertstoffe im Jahr. Davon werden 78 Prozent recycelt und 22 Prozent energetisch verwertet. „Wir haben also schon Verwer-tungswege, die wir auch für die Orange Box nutzen können“, sagt BSR-Chefin Vera Gäde-Butzlaff. Wiederverwertung ist ökologischer und kostengünstiger als Verbrennen, und mit einigen Stoffen lässt sich sogar noch Geld verdienen. Besonders wertvoll sind Metalle. Diese werden eingeschmolzen, so dass man daraus von der Konservendose bis zur Autokarosserie alles mögliche produzieren kann.
ks
09.05.2017