Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW) übt Kritik am System der Mietspiegel in Deutschland. Für den Berliner Mieterverein (BMV) sind die Einwände der Wirtschaftsforscher schlicht „Quatsch“. Unterdessen hat das Landgericht Berlin in zwei Urteilen den Berliner Mietspiegel zum wiederholten Mal bestätigt.
„Die Kritik am Berliner Mietspiegel und an anderen Mietspiegeln wird immer absurder“, erklärt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. Das IW bemängelt, dass die Mietspiegel auf dynamischen Wohnungsmärkten „kein realistisches Bild des Marktes“ zeichneten, und macht dies unter anderem an Berlin fest, wo die Mieten bei Neuverträgen um fast 18 Prozent höher als die vom Mietspiegel ausgewiesene ortsübliche Vergleichsmiete liegen. Zudem genüge der Berliner Mietspiegel keinen wissenschaftlichen Standards, weil er auf einer „mageren Datenlage“ beruhe. Ein „moderner Mietspiegel“ berücksichtigt in der Vision des IW nur neu abgeschlossene Mietverträge: Mieter und Vermieter sollen verpflichtet werden, über die Internet-Immobilienportale die Mietdaten an die Behörden zu übermitteln.
„Das Manöver des IW ist durchsichtig, die Kritik falsch und die Expertise unseriös“, sagt Reiner Wild. Für Wild ist klar: „Es soll offenbar darum gehen, dass zukünftig bei Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen die Angebotsmieten der Wiedervermietung als Maßstab herangezogen werden.“ In angespannten Märkten würde dies zu massiven Mieterhöhungen führen.
Der Vorstoß des IW richtet sich auch gegen einen Gesetzesentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD). Um starke Mietanstiege zu dämpfen, möchte der künftig nicht nur die Mietvereinbarungen und -erhöhungen der letzten vier Jahre in die Berechnung des Mietspiegels einfließen lassen, sondern die der letzten acht Jahre.
Die Liste der fehlgeschlagenen Vermieterangriffe auf den Mietspiegel wird in Berlin indessen immer länger: Vor dem Landgericht scheiterten erneut zwei Vermieter mit Mieterhöhungsbegehren, die über die Mietspiegelwerte hinausgehen. Zwei Kammern des Gerichts haben den Berliner Mietspiegel 2015 als ausreichende Schätzungsgrundlage angesehen. „Damit sollten die Vermieter langsam anerkennen, dass sie mit Angriffen auf den Berliner Mietspiegel nicht mehr durchdringen“, so die stellvertretende BMV-Geschäftsführerin Wibke Werner.
Jens Sethmann
LG Berlin vom 7. Juli 2016 – 67 S 72/16
LG Berlin vom 9. August 2016 – 18 S 111/15
18.12.2016