Unerwartet hohe Zuzüge in die Hauptstadt haben die Wohnungsnachfrage erhöht. Die Neuabschlussmieten haben in den vergangenen Jahren deutlich angezogen, die Versorgung mit preiswertem Wohnraum wurde immer schwieriger. Auch die Zahl der Wohnungen im Sozialen Wohnungsbau ist nach wie vor rückläufig. Wir fragen zur Abgeordnetenhauswahl in Berlin wieder die Parteien, wie sie die aktuellen Probleme im Bereich der Wohnungs- und Mietenpolitik in den nächsten fünf Jahren angehen wollen. Sie, die Leser des MieterMagazins und Mietervereinsmitglieder, bitten wir: Machen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch – gehen Sie wählen. Und beziehen Sie als Mieter in Ihre Wahlentscheidung mit ein, welche Vorschläge und Problemlösungen die Parteien in diesem Bereich anbieten.
Fragen an Bündnis 90/Die Grünen
Die Wahlprüfsteine hatten wir in Vorbereitung einer Veranstaltung (siehe Bericht im MieterMagazin 9/2016, Seite 6) den Parteienvertretern zukommen lassen. Die „Piraten“ wie auch die „AfD“ haben auf unsere Einladung nicht reagiert.
Fragen an die SPD
Berliner Mieterverein: Die Bedingungen für mehr preisgünstigen beziehungsweise Sozialen Wohnungsneubau werden zum Teil schlechter, weil das Potenzial an städtischen Grundstücken sehr begrenzt ist und die Boden- und Grundstückspreise davongaloppieren. In Anbetracht des weiterhin deutlichen Nachfrageüberhangs scheint die Spekulation mit Grund und Boden ein wichtiger Bremsklotz für den Wohnungsneubau zu werden.
Sehen Sie Instrumente, mit denen der Senat diese Entwicklung bei den Grundstückspreisen stoppen beziehungsweise Grundstückseigentümer zur Bebauung ihrer Grundstücke bewegen kann?
Wieviel Sozialen Wohnungsneubau durch welche Eigentümer halten sie in Berlin für erforderlich, und wie kann dies finanziert werden?
Der Neubau von Sozialwohnungen gleicht aber den Verlust von Preis- und Belegungsbindungen im Bestand nicht aus. War es falsch, im Landeshaushalt für 2016 250 Millionen Euro als Einnahmen aus vorzeitiger Rückzahlung von Darlehen einzustellen?
SPD: Als ein bodenpolitisches Instrument zur Aktivierung von unbebauten baureifen Grundstücken kann die Grundsteuer genutzt werden. Eine Möglichkeit wäre, den Ländern eine Öffnungsklausel für die Entwicklung eigener Steuermesszahlen einzuräumen, damit diese die Grundsteuer als ein Instrument zur Baulandaktivierung für den Wohnungsneubau nutzen können. In der gegenwärtig diskutierten Grundsteuerreform ist eine entsprechende Öffnungsklausel zur bodenpolitischen Steuerung bereits ein Thema, die nach der Neubestimmung der Bemessungsgrundlage gesetzlich zu fixieren wäre.
Die Grunderwerbsteuer leistet einen Beitrag dazu, die Spekulation mit unbebauten Grundstücken zu mindern. Der spekulative Kauf und Verkauf von unbebauten Grundstücken zur Gewinnmaximierung hemmt die Realisierung des Neubaus von Wohnungen. Teilweise wird bei der Grundstücksübertragung mit sogenannten Share Deals gearbeitet, um durch Umgehung der Grunderwerbsteuer den Gewinn zu maximieren. Die diesbezüglichen Lücken im Grunderwerbsteuergesetz sollten geschlossen werden. Die bisherige alleinige Länderbefugnis bei der Grunderwerbsteuer (Artikel 105 Abs. 2 a Grundgesetz) zur Bestimmung eines Steuersatzes sollte zugunsten von mehr bodenpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten für die Länder geändert werden (zum Beispiel unterschiedliche Steuersätze in Abhängigkeit vom Erwerbsvorgang).
Der geförderte Wohnungsbau wird zurzeit zum Großteil durch die landeseigenen Wohnungsunternehmen umgesetzt. Diese werden aber den für Berlin notwendigen Umfang von gefördertem Wohnungsbau nicht allein bewältigen können. Daher ist es wichtig, private Vorhabenträger und Wohnungsbaugenossenschaften für die Wohnungsneubauförderung zu gewinnen. Dies geschieht über möglichst attraktive Förderkonditionen und Instrumente wie das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung.
Die Förderkonditionen sind im Herbst 2015 noch einmal verbessert worden. Neben der Förderalternative „Zinsloses Darlehen mit 25%igem Tilgungsverzicht“, bei der die durchschnittliche Anfangsnettokaltmiete bei 6,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche liegt, gibt es die Förderalternative „Zinsloses Darlehen mit einkommensorientierten Zuschüssen“. Hier liegt die Anfangsnettokaltmiete bei 8 Euro pro Quadratmeter. Abhängig vom Einkommen des einziehenden Haushalts wird die Miete durch eine Subjektförderung auf bis zu 6 Euro heruntersubventioniert. Die tatsächlichen Zahlungen sind vom Verhalten der Eigentümer und den Zinshöhen abhängig. Sind die Zinsen für die Förderdarlehen höher als die Zinsen auf dem Kapitalmarkt, kann man die Rückzahlung nicht verhindern. Also müssen die Zinsen der Förderdarlehen gesenkt werden, um keinen Anreiz für eine Rückzahlung des Förderdarlehens zu bieten.
Die möglichen Änderungen der Rahmenbedingungen von vorzeitigen Rückzahlungen wurden in Angriff genommen:
- Für vorzeitige vollständige Rückzahlungen ab September 2015 wurde die sogenannte Nachwirkungsfrist für Bindungen von 10 auf 12 Jahre verlängert (neuer § 11 a Wohnraumgesetz Berlin, eingeführt durch Art. 1 Wohnraumversorgungsgesetz).
- Die IBB wurde Ende Juni 2016 mit der Absenkung von Zinsen auf die Förderdarlehen beauftragt, um die Anreize zur Ablösung durch zinsgünstige Kapitalmarkt-Darlehen zu reduzieren (Umsetzung einer sogenannten Sofortmaßnahme der „Expertenrunde Sozialer Wohnungsbau“).
Berliner Mieterverein: Auf den Randflächen des Tempelhofer Feldes hätte preisgünstiger Wohnungsbau mit Hilfe der städtischen Wohnungsunternehmen entstehen können. Der Volksentscheid hat dem einen Riegel vorgeschoben, möglicherweise auch, weil die Bürger sich bei dem, was dort passieren sollte, nicht richtig mitgenommen sahen.
Was lief da falsch, und welche Erfahrungen konnten für die Bürgerbeteiligung bei weiteren umfänglichen Neubauvorhaben gewonnen werden?
Wie soll ein Ausgleich mit Freiflächen für die zunehmende Dichte einer wachsenden Stadt geschaffen werden?
Mit Einrichtung der Wohnungsbauleitstelle haben Investoren und Bezirke seit Mai 2013 einen zentralen Anlaufpunkt bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, der zur Aktivierung des Wohnungsbaus in der Stadt beiträgt und eventuell vorhandene Hemmnisse bei Planungs- und Genehmigungsverfahren abzubauen hilft.
Seit November 2014 ist auch der Neubaubeauftragte Frank Bielka tätig, um den Wohnungsbau in Berlin voranzutreiben. Zudem leitet er die Clearingstelle bei der Wohnungsbauleitstelle zur Klärung besonderer Konfliktsituationen.
Berliner Mieterverein: Nach wie vor gibt es nach Auffassung des Berliner Mietervereins keine sozialverträgliche Lösung für Energie- und Klimaschutzmaßnahmen im Wohngebäudebestand. Darüber dürfen wir uns auch nicht durch die derzeit niedrigen Energiepreise hinwegtäuschen lassen.
Berlin soll bis 2050 klimaneutral werden. Das erfordert massive Investitionen zur Einsparung von Heizenergie in Wohngebäuden. Gleichzeitig soll die Energie- und Wärmewende sozialverträglich sein.
Welcher ordnungsrechtlichen Instrumente bedarf es dafür?
Welche Veränderungen sind bei den Fördermittelangeboten Beziehungsweise den Subjekthilfen für Mieter notwendig?
SPD:
Berliner Energiewendegesetz – EWG Bln vom 22.3.2016
Rücksichtnahme auf soziale und kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung sowie auf städtebauliche Besonderheiten im Land Berlin (§ 3 EWG Bln).
Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 – BEK (SB vom 7.6.2016)
Sozialverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit sind als Rahmenbedingungen bei vorgesehenen entsprechenden Maßnahmen zu berücksichtigen.
- Prüfung der Berücksichtigung von angemessenen Richtsätzen der KdU-Werte für ALG II-Wohnen („Klimabonus“) für energetisch modernisierte Wohnungen.
- Unterstützung des Bundes bei Einführung einer Klima-Komponente beim Wohngeld („Klimawohngeld“) [Bundesrecht!].
- Einbeziehung der Betroffenen (Energienutzer) in die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen unter anderemin Bezug auf die Sozialverträglichkeit (Befragung/Information bzw. Kommunikation).
- Öffentliche Bestände sollen sich am Ziel der Warmmietenneutralität orientieren. Prüfung der Vorgabe von Richtwerten für Verhältnis von Mieterhöhung und Heizkostenersparnis für Privatvermieter.
- Unterstützung des Bundes bei der Reform der Modernisierungsumlage gemäß § 559 BGB zur (Wieder-)Einführung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes und näherer Härtefallregelungen bei der Modernisierungsumlage [Bundesrecht!].
- Die Ausgestaltung eines Energiespar-Förderungsprogramms ist im Rahmen eines Prüfauftrags zu präzisieren. Bevorzugt werden Wohnungen mit Mieten vor Modernisierung unterhalb des einschlägigen Mietspiegels. Eine Beratung ist Plicht.
Neukonzeption von EnEV und EEWärmeG
Die Bauministerkonferenz bekräftigte am 13. April 2016 in Berlin ihre auf der 127. Bauministerkonferenz am 29./30 Oktober 2015 in Dresden geäußerte Auffassung, dass eine strukturelle Neukonzeption von EnEV und EEWärmeG im Jahre 2016 notwendig ist, die eine hohe Klimaschutzwirkung mit niedrigen Bau- und Bewirtschaftungskosten vereinbaren muss, insbesondere im Hinblick auf Bündnisse für bezahlbares Bauen und Wohnen im Bund und den Ländern. Die Bauministerkonferenz bittet einstimmig die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, im weiteren Gesetzgebungsverfahren sicherzustellen, dass die vorgenannten Aspekte sachgerecht berücksichtigt werden.
Fragen an die CDU
Berliner Mieterverein: Der Soziale Wohnungsbau muss wieder eine größere Rolle spielen, um die Lösung der Wohnungsmarktprobleme voranzutreiben.
Stimmen Sie dem zu? Gilt das Ihrer Auffassung nach auch für die 116.000 noch bestehenden Sozialwohnungen?
Halten Sie eine objektbezogene einkommensorientierte Richtsatzmiete, an deren Finanzierung sich die öffentliche Hand und die Eigentümer der Sozialwohnungen beteiligen, für sachgerecht?
Wieviel soziale Neuwohnungen soll Berlin per anno fördern und wer soll die Fördermittel abrufen?
Reicht die Förderung pro Wohnung dazu aus?
Unterstützen Sie den Einstieg in längerfristige Bindungen oder auch eine durch den Bund gewährte unternehmensbezogene Förderung im Sinne einer „Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit“?
CDU: Damit die Mieten bezahlbar bleiben, müssen vor allem deutlich mehr Wohnungen gebaut werden. Neubau ist langfristig das einzige Mittel, um steigende Mieten nachhaltig zu bekämpfen. Dafür wollen wir die richtigen Rahmenbedingungen setzen: mehr und preiswertes Bauland ausweisen, Genehmigungsverfahren beschleunigen und überzogene kostspielige Baustandards auf den Prüfstand stellen.
Wir wollen, dass jedes Jahr 30.000 neue Wohnungen gebaut werden. Davon sollen mindesten 6000 Wohnungen gefördert sein, um so preisgünstigen Wohnraum für kleine und mittlere Einkommen bereitzustellen. Dabei wollen wir sowohl den städtischen als auch den privaten Wohnungsneubau vorantreiben. Mit unserem Berliner Modell stellen wir sicher, dass bei großen Entwicklungsvorhaben ein deutlicher Anteil von Wohnungen geschaffen wird, die auch für Menschen mit geringerem Einkommen bezahlbar sind. So bleibt auch im Wohnungsbau die Berliner Mischung erhalten. Das Bündnis für Wohnen werden wir erneuern und die Allianz von städtischen Wohnungsbaugesellschaften, Wohnungsbaugenossenschaften, privaten Wohnungsunternehmen, Projektentwicklern, Bauträgern sowie Baugruppen erfolgreich fortsetzen.
Wir wollen außerdem ein neues Förderprogramm auflegen, das für die Wohnungseigentümer Anreize schaffen soll, in die bestehenden Sozialwohnungen zu investieren und Mietpreisbindungen dafür um bis zu 20 Jahre zu verlängern. So sollen zinslose Modernisierungsdarlehen in Höhe von 25.000 Euro je Wohnung gewährt werden, wenn der Vermieter die Sozialbindung um bis zu zwei Jahrzehnte verlängert. Löst der Vermieter das Darlehen erst nach 20 Jahren ab, soll er zudem mit einer Prämie von bis zu 2600 Euro je Wohnung belohnt werden. Die Mieten im bestehenden Sozialen Wohnungsbau sollen durch Senkung der Zinsen reduziert und auch deren Bindung verlängert werden. Eine pauschale Richtsatzmiete wird aufgrund der unterschiedlichen Objektbedingungen nicht funktionieren. Wir zielen darauf ab, dass durch Senkung der Zinsen Mieten im Bereich von 5,50 Euro und 6,50 Euro auch im Sozialen Wohnungsbau nachhaltig gesichert werden können.
Das Thema neue Wohnungsgemeinnützigkeit halten wir nicht für zielführend. Schon jetzt können Genossenschaften sich steuerlich privilegieren lassen. Dazu benötigt es keine neuen Gesetze. Wir plädieren vielmehr dafür, durch Erhöhung der allgemeinen Abschreibung der technischen Entwicklung in Gebäuden Rechnung zu tragen und damit auch dem Neubau einen Anreiz zu geben. Jede neue Wohnung nimmt Druck vom Markt – daher gilt es umso mehr, diese zu bauen. Für uns gehören auch die rigiden energetischen Regeln auf den Prüfstand. Sie sind einseitig und geben genau den einzigen und meist sehr viel teureren Weg zur Energieeinsparung vor. Wir wollen dies technologieoffen gestalten und Wettbewerb haben, der im Ergebnis die Kosten und die Mieten senkt.
Berliner Mieterverein: Die Modernisierung bestehender Wohngebäude und insbesondere die energetische Aufrüstung führen häufig zu Konflikten im Mietverhältnis. Ursache bei den Klimaschutzmaßnahmen ist vor allem das Missverhältnis von Mieterhöhung und einzusparenden Heizkosten. 35 Cent pro Quadratmeter monatlicher Einsparung stehen durchschnittliche Mieterhöhungen von 1,50 Euro pro Quadratmeter im Monat gegenüber. Bei rund einem Viertel aller energetischen Sanierungen steigt die Miete um mehr als 2,50 Euro pro Quadratmeter. Mietverbilligende öffentliche Förderung ist selten gegeben beziehungsweise bleibt intransparent.
Halten Sie die jüngste Berliner Bundesratsinitiative hinsichtlich des Mieterschutzes für ausreichend?
Wie können Haushalte mit Transfereinkommen oder Wohngeldbezug besser geschützt werden?
Unterstützen Sie eine besondere Berliner Landesförderung der energetischen Modernisierung, und wie könnte diese aussehen?
CDU: Grundsätzlich gilt, dass die energiepolitischen Maßnahmen im Gebäudebestand für die jeweiligen Eigentümer und Mieter finanzierbar bleiben müssen. Für eine wohnwertsteigernde Modernisierung kann auch eine angepasste Miete erwartet werden. Die Mieter profitieren durch eine energetische Sanierung. Ihre Heizkosten entwickeln sich im Vergleich zum unsanierten Gebäude deutlich günstiger.
Bei der wichtigen, aber meist teuren energetischen Sanierung wollen wir die Mieter nicht allein lassen. Die erfolgreichen Modernisierungs- und Instandsetzungsprogramme der Vergangenheit wollen wir wieder aufleben lassen, damit die Miete auch nach Modernisierungsmaßnahmen bezahlbar bleibt.
Berliner Mieterverein: Ein Jahr nach Inkrafttreten hat der Mieterverein jüngst mittels drei Expertisen festgestellt, dass die Mietpreisbremse nur eine vollkommen unzureichende Wirkung entfaltet.
Setzt sich die CDU – auch im Bund – dafür ein, dass noch mit der zweiten Tranche der Mietrechtsreform eine Nachbesserung erfolgt?
Wie soll gegebenenfalls diese Nachbesserung aussehen?
Unterstützen Sie auch die Korrektur des Wirtschaftsstrafgesetzes, so dass Mietpreisüberhöhungen wieder bußgeldbewehrt werden?
CDU: Die in Berlin in Kraft gesetzte Mietpreisbremse ist ein zusätzliches Mittel, um kurzfristig Mietsteigerungen zu dämpfen, bis ausreichend neue Wohnungen gebaut sind und der Mietwohnungsmarkt sich wieder entspannt. Die von uns eingebrachte Bundesratsinitiative soll der Mietpreisbremse mehr Wirkung verschaffen und Überforderung von Mietern durch Modernisierungen verhindern. Ebenso ist das Thema Wirtschaftstrafgesetz dort mit enthalten.
So wichtig eine Mietpreisbremse jedoch auch ist, sie schafft keine einzige neue Wohnung. Berlin benötigt in allen Preissegmenten ein Angebot an Wohnraum. Um den Vermietungsmarkt wieder ins Gleichgewicht zu bekommen – wie wir das in den Jahren 1998 bis 2008 hatten – wollen und müssen wir deshalb deutlich mehr Wohnungen bauen. Nur so können wieder gute Bedingungen für Mieter erreicht werden.
Fragen an Bündnis 90/Die Grünen
Berliner Mieterverein: Wiedervermietung ist derzeit ein lukratives Geschäft für Vermieter. Denn trotz Mietpreisbremse verharrt das Mietenniveau auf den Immobilienportalen bei 8,50 bis 9,50 Euro pro Quadratmeter nettokalt im Monat beziehungsweise steigt sogar weiter an. Gleichzeitig sinkt bei Mietern die Bereitschaft massiv, ihre Rechte wahrzunehmen in Anbetracht der hohen Mieten bei Wiedervermietung und dem sehr knappen Wohnungsangebot. So wird zum Beispiel Mietminderung bei Mängeln nur noch selten ausgeübt, weil die Kündigung droht, wenn man mit einer Monatsmiete in Rückstand gerät.
Benötigen wir nicht parallel zur Nachbesserung der Mietpreisbremse auch einen verbesserten Kündigungsschutz, zum Beispiel indem die Schonfristzahlung auch bei ordentlicher Kündigung ermöglicht wird oder eine Kündigung wegen Mietrückständen erst nach Vorliegen eines Urteils auf eine Zahlungsklage hin möglich wird?
Welche Schwerpunkte sehen Sie für das zweite Mietrechtsreformgesetz aus Berliner Sicht?
Bündnis 90/Die Grünen: Der politische und finanzielle Schwerpunkt bündnisgrüner Wohnungspolitik liegt auf der Erstellung und Sicherung bezahlbaren Wohnens. Bereits bei Einführung der sogenannten Mietpreisbremse war klar, dass sie nicht alle Probleme lösen wird. So setzen sich Bündnis 90/Die Grünen dafür ein:
- Die Ausnahmen für überteuerte Bestandsmieten und umfassend modernisierte Wohnungen aufzuheben. Zudem sollen nur erstvermietete Neubauwohnungen anstatt alle Neubauwohnungen von der Mietpreisbremse ausgenommen werden.
- Die Rückzahlungspflicht überhöhter Mieten soll von Beginn des Mietverhältnisses an bestehen.
- Die sogenannte Vormiete muss bei Mietangeboten bekannt gemacht werden.
Im Rahmen eines zweiten Mietrechtsreformgesetzes sollte unseres Erachtens mindestens Folgendes geregelt werden:
- Abschaffung der Modernisierungsumlage in der bisherigen Form beziehungsweise Überführung in einen „grünen Mietspiegel“, der die Verbesserung der energetischen Ausstattung zur Grundlage macht. Als ersten Schritt schlagen wir eine Kopplung an die allgemeine Zinsentwicklung vor.
- „Härtefallklauseln“ für Modernisierungsbetroffene mit geringem Einkommen,
- Stärkung des Mietspiegels und Einbeziehung aller Bestandsmieten bei der Erhebung,
- Begrenzung von Mieterhöhungsmöglichkeiten in laufenden Mietverhältnissen.
Berliner Mieterverein: Die Flächenkonkurrenz ist in einer wachsenden Stadt ein wichtiges Problem. Das Ziel, mehr Flächen für den Wohnungsbau zu erhalten, konkurriert zum Beispiel mit der Grünflächensicherung, Kleingartennutzung oder auch mit klimapolitischen Stadtentwicklungszielen et cetera.
Kann es Berlin gelingen, den Zuwachs an Wohnbauten mit den anderen stadtentwicklungspolitischen Zielen unter einen Hut zu bringen?
Welche Prioritäten gibt es, und wie können die Konflikte im Rahmen der vorhandenen Instrumente aufgelöst werden?
Bündnis 90/Die Grünen: In der klassischen Physik gilt: Wo ein Körper ist, kann kein zweiter sein. Diese physikalische Gesetzmäßigkeit kann auch die Politik nicht grundsätzlich auflösen.
Sicherlich ist die Frage von baulichen Dichten 2016 anders zu diskutieren, als noch vor 20 Jahren. Freistehende Supermärkte in der Innenstadt sind zum Beispiel städtebaulich in keiner Weise zeitgemäß. Nach dem Motto „mehr hoch als breit“ wollen wir Flächen, wo gebaut wird, besser ausnutzen. Dadurch entsteht die Möglichkeit, mehr Grün- und Freiflächen zu erhalten beziehungsweise zu schaffen und trotzdem neue Wohnungen zu bauen. Besonders kritisch sehen wir in diesem Zusammenhang, dass nach wie vor Siedlungsgebiete ausgewiesen werden, auf denen nur Einfamilienhäuser entstehen. Die Flächen könnten durch höhere Bauten viel stärker zum Wohnungsbau beitragen. Das gilt insbesondere bei verkehrlich gut erschlossenen Standorten.
Konflikte können nur gelöst werden, indem alle Beteiligten, Politik, Bauherren und Bürgerschaft an der Konfliktlösung beteiligt werden. Das dies erfolgreich sein kann, zeigt zum Beispiel das HWS-Bauvorhaben Bachstraße 1-2, bei dem, im Ergebnis eines umfangreichen Beteiligungsprozesses, ein von allen unterstütztes Vorhaben entstanden ist. Bündnis 90/Die Grünen setzen sich seit Jahren für eine neue Beteiligungskultur in der Stadtplanung ein. Wir wollen transparente Planungs- und Abwägungsverfahren sowie die Information und breite Beteiligung von Öffentlichkeit und Interessenverbänden von Anfang an. So sollten zum Beispiel Vorort-Bürgerinitiativen in städtebauliche Juryverfahren einbezogen und das Berliner Baukollegium demokratisch und öffentlich gestaltet werden. Wir setzen uns für mehr geordnete Planverfahren ein. Der alte Westberliner Baunutzungsplan und die Ostberliner Praxis des § 34 BauGB sind unseres Erachtens keine geeigneten Werkzeuge moderner Stadtentwicklung.
Berliner Mieterverein: Während auf der einen Seite der Wohnungsbestand durch Modernisierung aufgewertet wird, gibt es auf der anderen Seite auch immer wieder massive Vernachlässigungen der Instandhaltung beziehungsweise zum Teil menschenunwürdige Unterbringung von Wanderarbeitern, Geflüchteten oder sonstigen Zuwanderern, die sonst kaum Chancen auf reguläre Mietverträge bekommen.
Reichen unsere Bestimmungen der Bauordnung und der Wohnungsaufsicht aus, um zum Beispiel Lösungen für Schrottimmobilien oder Überbelegung zu finden?
Könnte ein umfassendes Wohnraumschutzgesetz, dass das Verbot der Zweckentfremdung mit einschließt, hier neue Synergien schaffen?
Und wäre der Umgang mit asbestbelasteten Wohnungen hier zu integrieren, oder würden wir hierfür gesonderte Lösungen benötigen?
Bündnis 90/Die Grünen: Um gegen EigentümerInnen sogenannter „Schrottimmobilien“ vorzugehen, reichen ersichtlich die bisherigen Regelungen nicht aus. Eine Umfrage in den Bezirksverwaltungen, die die Wohnungsaufsicht nach § 2 WoAufG wahrnehmen, hat gezeigt, dass es spätestens seit dem Außerkrafttreten der Ausführungsvorschriften im Jahr 2011 an einer einheitlichen und effektiven Anwendung des Wohnungsaufsichtsgesetzes fehlt.
Die bündnisgrüne Abgeordnetenhausfraktion hat daher im Juni 2015 einen Gesetzentwurf (http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/17/DruckSachen/d17-2344.pdf) zur Änderung des Wohnungsaufsichtsgesetzes vorgelegt, um das aus dem Jahre 1990 stammende Wohnungsaufsichtsgesetz den heutigen Anforderungen anzupassen. Mit diesem Gesetz sollten die bezirklichen Wohnungsaufsichtsämter organisatorisch und finanziell in die Lage versetzt werden, gegen die kriminellen und ausbeuterischen Machenschaften der EigentümerInnen von Schrottimmobilien vorgehen zu können. Er wurde von jedoch der rot/schwarzen Koalition im Juni 2016 abgelehnt.
Bezüglich der Asbestproblematik muss man leider konstatieren, dass sich alle Berliner Koalitionen der vergangenen 20 Jahre vor konstruktiven Lösungsansätzen weggeduckt haben. Alle bündnisgrünen Initiativen wurden abgelehnt. So hatten wir bereits im Februar 2013 gefordert:
- einen Überblick über alle belasteten Wohnungen und eine Einschätzung des jeweiligen Gefahrenpotenzials im Rahmen eines Registers,
- eine Information der Bewohnerinnen und Bewohner sowie eine Kennzeichnung der Gebäude,
- einen Sanierungsfahrplan zur Beseitigung aller Gefahren.
Fragen an die Linken
Berliner Mieterverein: Der städtische Wohnungsbestand von derzeit 292.000 Wohnungen spielt eine immer größere Rolle für die Versorgung der Haushalte aus der unteren Hälfte der Einkommensskala und für Haushalte mit besonderen Zugangsschwierigkeiten am Wohnungsmarkt.
Können oder müssen die Städtischen noch mehr für die Versorgung dieser Haushalte tun?
Wie kann das aussehen? Sind grundsätzliche Reformen an der Mietenstruktur bei den Städtischen erforderlich?
Welche Mietverzichte sind vertretbar? Wie bewerten Sie das Wohnraumversorgungsgesetz an diesem Punkt?
Soll der Bestand an städtischen Wohnungen ausgeweitet werden, und welche Finanzen wären dafür erforderlich?
Die Linken: Die städtischen Wohnungen sind ein zentrales Instrument für eine soziale Stadt. Wir wollen die Wohnungspolitik konsequent sozial ausrichten, wirtschaftlich stärken und demokratisieren. DIE LINKE. Berlin schlägt vor, dass die städtischen Wohnungsbaugesellschaften aus ihrem Bestand jährlich wachsend eine bestimmte Zahl von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen zur Verfügung stellen. So entsteht ein Pool von Wohnungen, die dauerhaft nicht der Mietspiegelsystematik unterliegen, sondern zu fixierten Höchstmieten (5,50 Euro pro Quadratmeter) von bestimmten Personenkreisen (Transferleistungsbeziehende und WBS-Berechtigte) genutzt werden können.
Bei Neubauvorhaben sollen die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen sicherstellen, dass mindestens 50 Prozent der Neubauwohnungen für Personenkreise mit geringem Einkommen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wollen wir den Bestand an kommunalen Wohnungen in den kommenden fünf Jahren durch Ankauf und Neubau auf 400.000 Wohnungen erhöhen. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen die circa 4600 Wohnungen des Bundes in ihre Bestände eingliedern und bewirtschaften. Auch die Berliner Wohnungsbestände der berlinovo sollen als städtische Wohnungen gesichert werden.
Berlin bedarf eines ausreichenden Wohnungskontingents, um schnell und unbürokratisch Notfälle abzuwenden. Das geschützte Marktsegment für Menschen, die sich in besonderen Notlagen befinden, muss erweitert werden. Die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Senat und den städtischen Wohnungsbaugesellschaften zum Wohnen für Flüchtlinge muss ausgeweitet und an die gestiegene Zahl von Geflüchteten angepasst werden.
Damit die städtischen Wohnungsbaugesellschaften diese Aufgaben bewältigen können, schlagen wir eine Eigenkapitalerhöhung in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro jährlich vor. Zudem gelten Vorgaben zur Mietengestaltung: keine Neuvermietungszuschläge ohne eklatante Wohnwertverbesserung, Beibehaltung der alten Mietkonditionen bei Wohnungstausch in kleinere Wohnungen. Die Gesellschaften sollen jährlich konkrete, unternehmensspezifische wohnungswirtschaftliche und soziale Vorgaben erhalten. Die „politischen Leitlinien“ der künftigen „Wohnraumversorgung Berlin – Anstalt öffentlichen Rechts“ müssen mit konkreten Vorschlägen für Zielvorgaben, jährliche Zielbilder und Steuerung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften untersetzt werden.
Das Wohnraumversorgungsgesetz, das erst durch das erfolgreiche Mietenvolksbegehren möglich geworden ist, wollen wir ändern. Die Regeln für Miethöhen und Mietausgleich müssen sozial sein. Höchstens 30 Prozent des Einkommens für die Bruttowarmmiete halten wir für tragbar. Die Kappungsgrenzen müssen gestrichen, die jährliche Mieterhöhung im Sozialen Wohnungsbau ausgesetzt werden. Auch bestehende Mieterbeiräte bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen eine Rechtsgrundlage erhalten. Die Demokratisierung der städtischen Wohnungsunternehmen ist uns ein wichtiges Anliegen. Neben den klassischen Mieterbeiräten sollen auch neue Mitwirkungs- und Mitentscheidungsformen gefördert werden, individuelle Modernisierungsvereinbarungen Standard werden, Mieterinnen und Mieter über Modernisierungsvarianten mitentscheiden können.
Berliner Mieterverein: Das zweite Mietrechtsreformpaket befindet sich derzeit in der Kabinettsabstimmung der Bundesregierung.
Wenn die Linke jetzt schon eine Bundesratsinitiative des Senats formulieren dürfte, was würde da hinsichtlich der normalen Mieterhöhungen im Bestand, der Miethöhe bei Wiedervermietung und der Mieterhöhung bei Modernisierung drinstehen?
Die Linken: Das Land Berlin muss im Bundesrat alle Möglichkeiten für eine Verbesserung der sozialen Wohnraumversorgung und des Mieterschutzes nutzen und selbst initiativ werden. Der Berliner Mietspiegel muss verteidigt werden. Wir streiten zum Beispiel dafür, dass Mieterhöhungen ohne Wohnwertverbesserung – auch bei Wiedervermietung – nur noch im Rahmen eines Inflationsausgleichs erfolgen dürfen. Die Modernisierungsumlage muss abgeschafft und in den Mietspiegel integriert werden. In den Mietspiegel müssen alle Mieten – auch unveränderte Bestandsmieten – einfließen. Die Kündigungsmöglichkeiten der Vermieter bei Eigenbedarf sollen eingeschränkt und die Kündigungsfristen verlängert werden. Der Schutz der Mieterinnen und Mieter vor Kündigungen bei Mietrückständen soll verbessert werden. Darüber hinaus streiten wir für eine Verbesserung der Bedingungen für eine Wohnungswirtschaft, die nicht profitorientiert ist, zum Beispiel durch eine neue Gemeinnützigkeit: Ein Non-Profit-Sektor schafft bezahlbare Mieten für soziale Zielgruppen, beteiligt Mieterinnen und Mieter an Entscheidungen, verzichtet auf Gewinne und wird im Gegenzug von der Steuerlast befreit. Die Möglichkeit, die Grunderwerbsteuer zu umgehen, soll abgeschafft werden. Berlin soll eine Demokratisierung der Genossenschaften unterstützen.
Berliner Mieterverein: In welchem Umfang und was müsste in Berlin neu gebaut werden, um zu einer Entlastung auf dem Wohnungsmarkt zu kommen. Halten Sie die bisherigen Ansätze für die Neubauförderung von Sozialwohnungen für ausreichend. Falls nein, würden die Haushälter der Linken einer Ausweitung zustimmen?
Wo gebaut wird, ist nicht selten umstritten. Das Land Berlin besitzt von den Wohnbaupotenzialflächen nur 12 Prozent, mit dem Tempelhofer Feld 15 Prozent. Wird man in der nächsten Legislatur die Randbebauung noch einmal debattieren müssen?
Wie können private Grund- und Bodeneigentümer zur Mobilisierung von Wohnungsbaumaßnahmen angehalten werden. Reichen die Instrumente, die Berlin nutzen könnte?
Die Linken: Die derzeitige Wohnraumförderung ist der falsche Weg. Die Anfangsmieten von durchschnittlich 6,50 Euro pro Quadratmeter sind zu hoch und die Bindungen sind befristet. Die Konzentration allein auf den Wohnungsneubau ist nicht zielführend, weil diese Förderung am teuersten ist. Die Förderung der Wohnungsmodernisierung und des Ankaufs von Wohnungen muss erweitert werden, um guten Wohnraum bezahlbar für alle zur Verfügung zu stellen. Die Bereitstellung von Wohnraum für besondere Bedarfsgruppen, wie geflüchtete Menschen, Studierende, betreute Wohngruppen, aber auch zum Beispiel die Schaffung von Ateliers sollen in die Förderung integriert werden. Ebenso sollen Kleinstwohnungen und modulare Gebäude gefördert werden können, um den Bedürfnissen nach sehr preisgünstigem, einfachem, aber qualitativ gutem Wohnraum nachzukommen.
Wir schlagen vor, dass sich eine soziale Wohnraumförderung – mit einer Eigenkapitalerhöhung in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro jährlich – vor allem an die öffentlichen Wohnungsunternehmen, aber auch – durch Zuschüsse von zunächst insgesamt 30 Millionen Euro jährlich – an Genossenschaften sowie sozial orientierte Baugemeinschaften und Bauträger richtet. Gegenleistung für die Förderung ist die dauerhafte Bereitstellung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum. Es ist nicht nachvollziehbar, dass mit öffentlichen Geldern errichteter Wohnraum nur als „Zwischennutzung“ fungieren soll, statt diesen für immer als Sozialwohnraum zu binden. Für die Vergabe der Mittel schlagen wir ein transparentes Bewertungsmodell mit Förderkriterien – Wohnungsstruktur und Qualität, städtebauliche Anforderungen, ökologische Vorgaben – und ein zivilgesellschaftliches Begleitgremium vor.
Zusammen mit der Förderung durch die Eigenkapitalzuführung an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften kann so der Bestand an sozial gebundenen Wohnungen um 10000 pro Jahr erhöht werden. Unser langfristiges Ziel sind 500.000 dauerhaft mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen. Das entspricht einem Viertel aller Berliner Wohnungen. Gegenüber dem derzeitigen Stand wäre das fast eine Verdopplung, bei mietpreisgebundenen Wohnungen sogar eine Verdreifachung.
DIE LINKE. Berlin schlägt vor, in der Bauordnung Berlin zu regeln, dass Baugenehmigungen zu befristen sind. Für Vorhaben des Wohnungsbaus sollen Baugenehmigungen generell für zwei Jahre befristet erteilt werden, um das öffentliche Interesse an einer baulichen Realisierung zum Ausdruck zu bringen und spekulativen Entwicklungen vorzubeugen. Boden ist nicht vermehrbar und deshalb von besonderem Wert, auch für eine soziale Stadtentwicklung. Berlin muss strategisch handeln und wieder eine aktive Vorratspolitik betreiben, um handlungsfähig zu bleiben und den Bodenmarkt mit zu regulieren. Städtische Grundstücke für den Wohnungsbau sollen vorrangig an städtische Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und soziale Bauträger vergeben werden – eine gerechte Bodenverteilung wirkt dem Ausverkauf des Gemeineigentums Boden und der Bodenpreisspekulation entgegen.
Für private Bauflächen ist eine soziale Bodennutzung vorzuschreiben. Wenn ein Investor Baurecht erhält, soll er einen Anteil von mindestens der Hälfte der Wohnungen zu sozial tragbaren Miethöhen vorsehen. In Bebauungsplänen sind durch Festlegungen übergroße und Luxuswohnungen auszuschließen, um Flächenverbrauch einzuschränken und die sozial gerechte Verteilung der endlichen Ressource Boden zu ermöglichen.
Das Tempelhofer Feld ist das beste Beispiel dafür, wie neue Grün- und Erholungsflächen von den Bewohnerinnen und Bewohnern der angrenzenden, dicht bebauten Stadtteile angenommen werden. Wir wollen das Tempelhofer Feld auch weiterhin von Bebauung freihalten. Es ist ökologisch und für das Stadtklima ein wichtiger Ort und als Erholung für die Berlinerinnen und Berliner unverzichtbar. DIE LINKE. Berlin steht hinter der Entscheidung der Berlinerinnen und Berliner, die Argumente gelten noch immer. DIE LINKE. Berlin setzt sich deshalb für eine umgehende Wiederherstellung des Volksgesetzes ein und tritt weiterhin gegen alle Maßnahmen auf, die diesem Gesetz zuwiderlaufen.
Parks und Grünflächen sollen geschützt und mit ihren stadtklimatischen und sozialen Funktionen weiterentwickelt, anstatt bebaut werden. Für den notwendigen Wohnungsbau sollen stattdessen die zahlreich in der Stadt vorhandenen untergenutzten Flächen aktiviert und dabei soll ein regionaler Ansatz verfolgt werden. Eine dichtere, höhere Bebauung ist an manchen Orten sinnvoll, der Schutz von Grün- und Freiflächen überall.
Fragen an die FDP
Berliner Mieterverein: Der Berliner Senat hat jüngst eine Bundesratsinitiative zur Mietrechtsverbesserung eingebracht. Darin wird eine Nachbesserung der Mietpreisbremse verlangt.
Unterstützen Sie diese Initiative zur Verbesserung der Mietpreisbremse?
Soll bei Mieterhöhungen nach Modernisierung, wie im zweiten Mietrechtsreformpaket des Bundesjustizministeriums vorgesehen, nunmehr eine Beschränkung der Mieterhöhungsmöglichkeiten vorgenommen werden, um das „Herausmodernisieren“ zu vermeiden?
FDP: Nein, wir unterstützen diesen Ansatz nicht. Der Wohnungsmarkt kann nur durch ein größeres Angebot, also deutlich mehr Neubau entspannt werden. Zusätzliche Regulierung schafft keine Wohnung mehr, reduziert aber die Anreize für den Neubau und bremst ihn damit. Die Politik sollte sich besser darauf konzentrieren, übertriebene Bauauflagen (wie zum Beispiel Teile der Energieeinsparverordnung) zu reduzieren beziehungsweise nicht ständig neue aufzusatteln (wie zum Beispiel mit den neu angedachten Regulierungen zum Einbruchschutz oder mit über die Nachfrage hinausgehenden Vorgaben zum Bau barrierefreier und rollstuhlgerechter Wohnungen).
Berliner Mieterverein: Allenthalben wird davon gesprochen, dass die bisherige Neubautätigkeit weitgehend an der Nachfrage vorbeigeht. Jüngst hieß es in der ARD-Sendung Panorama auf Basis von Daten des Forschungsinstituts Empirica, das in Berlin nur 2,5 Prozent der im letzten Jahr neu errichteten Wohnungen in das sogenannte bezahlbare Segment fallen.
Sind auch Sie der Auffassung, dass der Soziale Mietwohnungsneubau deutlich aufgestockt werden muss?
FDP: Falls ja, in welcher Größenordnung soll das stattfinden, und welche Eckpunkte wären nach Ihrer Auffassung für die Wohnungsbauförderung essenziell.
Dass die kostendeckenden Mieten im Neubau relativ hoch sind, liegt vor allem daran, dass die Kosten für den Neubau hoch sind, unter anderem bedingt durch steigende Grundstückspreise und immer wieder neue zusätzliche Auflagen (zum Beispiel regelmäßig erhöhte energetische Vorgaben). An diesen beiden Ansatzpunkten muss vor allem gearbeitet werden, um das genannte Problem zu lösen. Wir wollen preiswerteres Bauen ermöglichen, um bezahlbare Mieten auch im Neubau zu erreichen. Dazu wollen wir Verordnungen entschlacken und unnötige verteuernde Auflagen streichen.
Um Mieter zu entlasten, wollen wir auch die Belastungen für Mieter durch die Kosten der Ver- und Entsorgung („zweite Miete“) reduzieren, indem wir mehr Wettbewerb für diese Leistungen zulassen.
Wir halten es politisch für geboten, in Not befindliche Menschen direkt zu unterstützen (Subjektförderung statt Objektförderung), anstatt hohe Summen an öffentlichen Subventionen für Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen.
Berliner Mieterverein: Die rasant angestiegenen Boden- und Grundstückspreise sind zu einem Gutteil verantwortlich für die hohen Gesamtkosten von Neubauten. Hinzukommt, dass viele baureife Grundstücke aus spekulativer Absicht zurückgehalten werden. Wie soll die Politik dieses Problem auflösen?
FDP: Das Land kann durch Verkauf von Liegenschaften unterhalb des Marktpreises die Lage etwas entspannen. Dabei soll das Land Berlin auch Bedingungen zur zukünftigen Nutzung stellen können, die sich nach den stadtentwicklungs- und wirtschaftspolitischen Zielen des Landes richten.
Wir Freien Demokraten wollen die Grunderwerbssteuer wieder auf 3,5 Prozent senken, was ebenfalls eine Kostenentlastung darstellen würde.
Das Land Berlin soll zudem den Aufkauf von Wohnungsbeständen durch die öffentliche Hand beenden, da dies keine Wohnungen schafft, sondern nur die Kaufpreise weiter künstlich in die Höhe treibt.
Um eine klare Perspektive für Investoren aufzuzeigen und ihnen Bauentscheidungen zu erleichtern, fordern wir, die Stadtentwicklung Berlins auf ein weiteres Wachstum auf bis zu 5 Millionen Einwohnern im Jahr 2050 auszurichten. Es ist dazu dringend nötig, im Dialog mit den Bezirken und dem Land Brandenburg einen Masterplan für die gesamte Metropolregion zu entwickeln.
Hierfür müssen konkrete Planungen für die Bereitstellung von Wohnraum, Bildungseinrichtungen, Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur, Büro- und Gewerbeflächen, Erholung und Energieversorgung entwickelt werden.
Fotos: BFW Landesverband Berlin/Brandenburg/Pflug, Nils Richter, CDU, Die Grünen, FDP
26.01.2017