Am 1. Oktober 1920 vereinigte sich Berlin mit sieben Städten, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken zur Einheitsgemeinde Groß-Berlin. Mit Blick auf das herannahende 100-jährige Jubiläum gibt die Hermann-Henselmann-Stiftung nach und nach eine fünfteilige Buchreihe heraus.
Den Anfang macht ein Band, der sich der heute wieder aktuellen Wohnungsfrage widmet. Gerade für den Wohnungsbau war die heftig umstrittene Eingemeindung ein bahnbrechender Schritt, hatten doch zuvor die Gemeinden mehr gegeneinander als miteinander gearbeitet, denn sie warben mit Steuererleichterungen Industriebetriebe und wohlhabende Bürger aus Berlin ab und ließen die Zentralstadt mit ihren riesigen Wohnungsproblemen allein. Erst nach der Fusion gab es eine einheitliche Wohnungspolitik, die in den 1920er Jahren zum Bau vorbildlicher Wohnsiedlungen führte. Dass die Erfolge einer starken Stadtverwaltung bis heute nicht selbstverständlich sind, zeigt das Buch mit Beispielen anderer europäischer Hauptstädte. In Paris haben Stadt und Vorstädte beim Umgang mit den großen Banlieu-Siedlungen kaum jemals zusammengearbeitet. In Moskau wird die Stadtentwicklung zum großen Teil von privaten Wohnungsbaukombinaten beherrscht. Und in London greift die britische Regierung tief in die Belange der Stadt ein – mit dem Ergebnis, dass es den sozialen Wohnungsbau dort nicht mehr gab und sich kaum noch jemand das Leben in London leisten kann.
js
23.08.2017