Das Land Berlin verkauft nach wie vor Wohnungen, die sich im Landesbesitz befinden. Bei der Privatisierung von vermieteten Ein- und Zweifamilienhäusern soll der erweiterte Mieterschutz nicht gelten, obwohl die Gefahr von Eigenbedarfskündigungen hier besonders hoch ist.
Ralf Möller wohnt seit 31 Jahren mit seiner Frau am Stölpchenweg in Wannsee. Das Zweifamilienhaus gehörte den Berliner Forsten. Der damalige Forstbeschäftigte hatte seine Werkmietwohnung im Laufe der Jahre in Schuss gehalten. Jetzt befürchten die Möllers, bald ausziehen zu müssen. Im Mai hat ein Sachverständiger Haus und Grundstück zur Verkehrswertermittlung begutachtet – ein sicheres Anzeichen für den bevorstehenden Verkauf.
„Das Damoklesschwert schwebt schon seit 1996 über uns“, berichtet Möller. Damals wurden alle Wohnungen der Berliner Forsten an die Hausverwaltung WoBeGe, eine Tochter der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land, übergeben. Auf Möllers Nachfrage wurde ihm unter anderem von der damaligen Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer wiederholt zugesichert, dass im Falle eines Verkaufs ein erweiterter Mieterschutz gelten würde. Die im Jahr 2000 beschlossenen „Grundsätze der Wohnraumprivatisierung“ („8-Punkte-Programm“), sichern den Mietern einen unbefristeten Schutz vor Eigenbedarfskündigungen, vor Verwertungskündigungen und vor Luxusmodernisierungen zu und räumen ihnen ein Vorkaufsrecht ein.
Doch 2014 wendete sich das Blatt. Der damalige Finanzsenator Ulrich Nußbaum erklärte, dass es bei einem Verkauf keinen besonderen Mieterschutz geben soll. Sein Nachfolger Matthias Kollatz-Ahnen ist davon bisher nicht abgerückt.
Dabei wäre gerade hier ein wirksamer Kündigungsschutz außerordentlich wichtig, denn der Kauf eines Ein- oder Zweifamilienhauses ist vor allem für Selbstnutzer attraktiv. Auf die idyllisch gelegenen Forst-Immobilien trifft das erst recht zu. „Es gibt im Haus zwar Probleme mit Feuchtigkeit im Mauerwerk, aber wer genug Geld hat, lässt sich davon nicht abhalten“, sagt Ralf Möller. „Eine Eigenbedarfskündigung dürfte also schon nach kurzer Zeit drohen.“ Ein Wohnungsverlust kurz vor dem Ruhestand wäre für den Mieter katastrophal. Das Verkaufsgebahren des Senats nennt Möller „Existenzvernichtung eigener Landesbediensteter“.
Jens Sethmann
28.03.2022