Seit über zehn Jahren steht das prächtige Eckhaus Stubenrauch-, Ecke Odenwaldstraße in Friedenau leer und verfällt zusehends. Die Anwohner wollten das nicht mehr länger hinnehmen und haben als Nachbarschaftsverein ein Nutzungskonzept entwickelt.
„Wir haben viele Ideen, was man mit diesem Haus machen könnte“, sagt Ingrid Schipper, pensionierte Lehrerin und Gründerin der Initiative. Seit über zwei Jahren engagiert sich die Gruppe aus rund 20 Aktiven gegen den skandalösen Leerstand. Weil es fast ausschließlich Frauen sind, werden sie die „Haus-Frauen“ genannt. Ein generationsübergreifendes gemeinschaftliches Wohnprojekt schwebt ihnen vor, vielleicht mit Künstlerateliers und Wohnungen für Flüchtlinge. Im Erdgeschoss würde man gern ein Kiezcafé einrichten. Die Frauen haben einen Verein gegründet, Protestaktionen vor dem Haus gemacht, einen kleinen Film gedreht und sind den politisch Verantwortlichen im Bezirk auf die Füße getreten. „Wir wollen dieses wunderschöne Haus retten und dem Spekulationsmarkt entziehen“, sagt Ingrid Schipper.
Was die Eigentümerin bezweckt, die das Haus zusammen mit ihrer Mutter 1973 erworben hat, ist unklar. Ihr gehört auch das Haus Burgsdorfstraße 1 in Wedding, das ebenfalls seit über einem Jahrzehnt leer steht. Klar ist: Weder ein Bußgeldbescheid – gegen den sie Widerspruch eingelegt hat – noch die freundlichen Kontaktversuche der Anwohnerinitiative brachten die alte Dame dazu, die rund 1600 Quadratmeter Wohnfläche in der Odenwaldstraße 1, Ecke Stubenrauchstraße 69 zu vermieten oder zu verkaufen.
Seit der Verschärfung des Zweckentfremdungsverbotgesetzes im April 2018 können die Bezirke Treuhänder einsetzen, um Wohnraum zur Wohnzwecken wiederherzustellen. Doch Jörn Oltmann, grüner Baustadtrat von Tempelhof-Schöneberg, ist skeptisch, ob ein derart marodes, nicht mehr bewohnbares Haus überhaupt unter das Gebot der Zweckentfremdung fällt, und er weiß auch nicht, woher das Geld für die Instandsetzung kommen soll – geschätzte zwei bis drei Millionen Euro. Am 23. August – nach Redaktionsschluss dieser MieterMagazin-Ausgabe – sollte in der Bezirksverordnetenversammlung ein Antrag behandelt werden, den Leerstand durch Einsetzen eines Treuhänders zu beenden.
Birgit Leiß
Website der Anwohnerinitiative: https://leerstand-friedenau.blogspot.com/2018/
Noch bis zum 9. September sind eine Ausstellung und ein Film der Initiative zum Thema Leerstand zu sehen.
Ort: Stadtteilbüro der SPD-Abgeordneten Dilek Kolat, Schmiljanstraße 17
Geöffnet ist dienstags 15 bis 18 Uhr, mittwochs 15 bis 17 Uhr und donnerstags 11 bis 14 Uhr
20.08.2018