Gleich nachdem der Zusammenschluss der Wohnungskonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen von Börsenspekulanten ausgebremst worden war, startete Vonovia einen neuen Übernahmeversuch. Sie legt für ein verbessertes Angebot noch einmal rund eine Milliarde Euro drauf – Geld, das letztlich aus den Taschen der Mieterinnen und Mieter kommt.
Die sicher geglaubte Fusion der beiden größten deutschen Wohnungskonzerne ist Ende Juli vorerst gescheitert. Es haben nicht genug Aktionäre der Deutschen Wohnen das Übernahmeangebot der Vonovia angenommen. Vonovia bekam nur 47,6 Prozent der Unternehmensanteile unter seine Kontrolle. Die notwendige Quote von 50 Prozent wurde nicht erreicht, weil insbesondere Hedgefonds das Angebot ablehnten. Augenscheinlich waren ihnen 52 Euro pro Aktie zu wenig.
Die Hedgefonds haben offensichtlich darauf spekuliert, dass Vonovia einen weiteren Übernahmeversuch starten und dabei ihr Angebot verbessern würde. So ist es auch eingetreten. Nur eine Woche nach dem Eingeständnis, dass der erste Anlauf gescheitert ist, kündigte Vonovia ein neues Angebot an: Die Aktionäre der Deutschen Wohnen sollen nun 53 Euro pro Aktie bekommen. Insgesamt legt Vonovia rund eine Milliarde Euro drauf. „Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass eine Kombination der beiden Unternehmen strategische, wirtschaftliche und wohnungspolitische Vorteile bringt“, sagt Vonovia-Chef Rolf Buch.
Ob sich die Hedgefonds darauf einlassen, ist nicht sicher. Diese Fonds sind Gelegenheitsjäger an der Börse, die mit dem Geld ihrer Anleger die größtmögliche Rendite erzielen wollen. Solange der Gewinn stimmt, ist es ihnen vollkommen gleichgültig, ob die Firmen, in die sie investieren, ihr Geld mit Wohnungen, Weizen oder Waffen verdienen. Durch die riesigen Geldsummen, mit denen die Hedgefonds jonglieren, haben sie eine enorme wirtschaftliche Macht, die sie hier zum Beispiel dazu nutzen, aus zwei fusionswilligen Wohnungskonzernen noch mehr Geld herauszuquetschen oder aber den Zusammenschluss platzen zu lassen.
Vonovia und Deutsche Wohnen betonen, weiter zu ihrem „Zukunfts- und Sozialpakt Wohnen“ zu stehen. Dazu gehört das Angebot an das Land Berlin, 20.000 Wohnungen aus den Beständen von Vonovia und Deutsche Wohnen zu kaufen. Auch dieser mit dem Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) abgesprochene Handel wird trotz der Fusionswirren weiter verfolgt. Der Senat prüft zurzeit den Wert dieser Wohnanlagen und will den Deal dann zügig unter Dach und Fach bringen.
Die Transaktion ist umstritten, denn mit dem Kaufpreis finanziert das Land Berlin die Fusion der Wohnungskonzerne mit und die Wohnungen haben zum Teil einen hohen Sanierungsbedarf. Zudem ist der Handel politisch heikel: Vonovia und Deutsche Wohnen wollen offensichtlich „gut Wetter machen“ und liefern der SPD Argumente für die Ablehnung des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.
Die Finanzaufsicht bahnt den Weg
Vonovia erwartet, dass beim nächsten Fusionsversuch mehr als 50 Prozent der Deutsche-Wohnen-Anteilseigner das Angebot annehmen und der Milliardenhandel bis Ende September oder Anfang Oktober über die Bühne geht. Die Bundesfinanzaufsicht BaFin hat dafür den Weg gebahnt. Eigentlich gilt für einen erneuten Übernahmeversuch eine einjährige Sperrfrist, doch die BaFin hat die Vonovia davon befreit.
Jens Sethmann
Erst feindlich, dann freundlich
Die Vonovia hat bereits 2015 erfolglos versucht, die Deutsche Wohnen zu schlucken – damals als „feindliche Übernahme“: Sie versuchte gegen den Willen der Deutsche-Wohnen-Chefetage, den Aktionären ihre Anteile abzukaufen. Das ist Anfang 2016 missglückt. Jetzt strebt Vonovia eine freundliche Übernahme an: Beide wollen zusammengehen, und die Deutsche Wohnen empfiehlt ihren Aktionären, das Angebot der Vonovia anzunehmen. Es entstünde ein riesiger Wohnungskonzern mit deutschlandweit rund 500.000 Wohnungen, darunter allein 150.000 in Berlin.
js
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Immer wieder war die Deutsche Wohnen Gegenstand der MieterMagazin-Berichterstattung. Seit einiger Zeit verweigert die Deutsche Wohnen auch die Kommunikation mit dem Berliner Mieterverein wegen dessen Unterstützung des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.
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28.08.2021