Im Streit um den Abriss von 140 Wohnungen auf dem Bayer-Areal in Mitte zeigt sich der Pharma-Riese unnachgiebig und zunehmend auch rabiat.
Alle sechs verbliebenen Mietparteien in der Tegeler Straße 2-5 haben eine Verwertungskündigung enthalten. Eine Räumungsklage wurde bislang nur gegen einen Mieter eingereicht – allerdings aus einem ganz anderen Grund. Er hatte wegen wiederholter Einbrüche in dem weitgehend leer stehenden Häuserblock auf seinem Fensterbrett eine Mini-Kamera installiert. Das Amtsgericht wies die fristlose Kündigung allerdings im Mai 2023 zurück. Die gerade mal einwöchige Frist zur Entfernung der Kamera sei „sportlich“ und die Kündigungsbegründung wenig nachvollziehbar. Seit fast einem Jahr lebt der betreffende Mieter ohne Warmwasser und Heizung, weil die Versorgungsleitungen gekappt wurden.
Das MieterMagazin hat zuletzt in seiner Ausgabe 10/2021 berichtet („Bayer mauert und reißt ab“). Während der Konzern den Abriss damals noch vage mit der „Erweiterung unserer Unternehmensaktivitäten“ begründete, will er nun keine Fragen mehr beantworten. Vom Bezirksamt wurde 2022 die Abrissgenehmigung erteilt, weil das Grundstück in einem Gebiet liegt, in dem Wohnen nicht erlaubt ist – ungeachtet der Tatsache, dass in den Wohnhäusern seit über 100 Jahren gewohnt wird.
„140 bezahlbare Wohnungen kann man heutzutage nicht einfach so abreißen“, empört sich ein Bewohner. Anfang September soll Bayer im Stadtplanungsausschuss Rede und Antwort stehen.
Birgit Leiß
02.09.2023