Die Wohnungsbaugesellschaft WIR ließ an den Fassaden einiger ihrer Häuser den Stuck abschlagen. Doch die Mieter wehren sich.
Heinz Jirout wohnt im Schöneberger Norden, als Architekt ist sein Hauptarbeitsgebiet die Restaurierung von Baudenkmalen. Um so erschrockener war er, als Bauarbeiter im Sommer dieses Jahres plötzlich begannen, den Stuck an den Nachbarhäusern abzuschlagen. Das Wohnungsunternehmen WIR hatte zwar eine Sanierung der Fassaden an den Häusern Schwerinstraße 8 und 9 sowie Zietenstraße 15, 17 und 19 angekündigt, aber mit keinem Wort erwähnt, dass dabei die Stuckverzierungen beseitigt werden sollten.
Auf Nachfragen der Mieter legte die WIR ein „Gutachten“ vor, das auf „Sichtkontrolle und Abklopfen von Fassadenbereichen“ beruht und für alle fünf Häuser die gleichen „Schäden“ auflistet. In der Schwerinstraße 8 wurden die Stuckelemente inzwischen komplett entfernt. In der Schwerinstraße 9 und der Zietenstraße 19 sollen die Gesimsbänder oberhalb der ersten Obergeschosse wiederhergestellt werden.
Die Arbeiten in der Zietenstraße 15 und 17 wurden aufgrund einer von den Mietern erwirkten einstweiligen Verfügung vorerst eingestellt. Das Hauptargument der Mieter: die Mietsache werde durch den Eingriff massiv verändert. Volker Hartig, Pressesprecher der Eigentümerin, gibt an, dass an den beiden Häusern die Verkehrssicherheit hergestellt und anschließend die Gerüste entfernt werden sollen – bis zu einer endgültigen Entscheidung. Inzwischen wurden jedoch auch die Abdeckbleche der Gesimse entfernt, so dass Regenwasser ungehindert in die Stuckelemente eindringen und diese nachhaltig schädigen kann. Will das Wohnungsunternehmen vollendete Tatsachen schaffen? Noch ist der Stuck mit relativ geringem Aufwand zu retten – im Interesse der Mieter und eines intakten Stadtbildes.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 10/07
Die stuckverzierte Fassade in der Zietenstraße 15 vor der „Sanierung“
Die stuckverzierte Fassade in der Zietenstraße 15 nach der „Sanierung“
Fotos: Heinz Jirout
18.12.2016