Das Wohnen in einem geschützten Denkmal ist etwas Besonderes. Nicht jeder lebt in historischen Mauern, hinter stilvollen Stuckfassaden oder in der Wohnanlage eines berühmten Architekten. Weil strenge Auflagen gelten, ist man als Mieter in einem Baudenkmal vor unliebsamen Veränderungen sicher. Doch in letzter Zeit machen die Berliner Denkmalschutzbehörden Eigentümern und Investoren weitreichende Zugeständnisse: Das Ausbauen von Dachgeschossen, Balkonanbauten oder das Anbringen von Wärmedämmungen – Dinge, die dem Denkmalschutz eigentlich entgegenstehen – werden genehmigt. Daneben wird aber auch dem jahrelangen Verfall von Baudenkmalen tatenlos zugesehen. Auf der anderen Seite werden manchen Bewohnern sehr kleinliche Vorgaben gemacht. Zuweilen sind Rollläden verboten oder die Farbe von Markisen vorgeschrieben.
Das denkmalgeschützte Märchenviertel des Architekten Otto Rudolf Salvisberg aus den späten 20er Jahren wurde 2011 und 2012 in zwei Teilen von der GSW an das Immobilienunternehmen Berner Group verkauft. Diese wollte die rund 700 Wohnungen sanieren und anschließend zumindest teilweise einzeln als Eigentumswohnungen verkaufen. Der Umbau begann im Herbst 2013 an der Straße Mittelheide. Die Wohnungen bekommen Balkone und die Dachgeschosse werden ausgebaut. Dazu werden die Walmdächer auf ganzer Länge aufgerissen, um dort eine durchgehende Reihe von Panoramafenstern einzuziehen. Das Erscheinungsbild der Häuser wird dadurch stark verändert. Doch weil dies nur die Rückseiten der Häuser betrifft und die alten Dachstühle wegen toxischer Belastung erneuert werden müssten, gaben die Denkmalbehörden dazu ihre Erlaubnis. Wird hier der Denkmalschutz nicht zur Potemkinsche Fassade für Passanten? „Die Denkmalqualitäten konnten auf diese Weise erhalten und behutsam zeitgemäßen Wohnansprüchen angepasst werden“, erklärt dazu das Landesdenkmalamt. „Dass die Dächer aufgerissen werden, ist sicher nicht im Sinne von Salvisberg“, meint Lutz Czieselsky von der Bürgerinitiative Mittelheide-Märchenviertel. Auch die alten Fenster landeten im Schuttcontainer.
Denkmalschutz als Steuerspar-Oase
Das hindert die Eigentümer nicht, den Denkmalwert der Anlage zu rühmen: „Alle Details der besonderen Architektur werden sorgfältig herausgearbeitet“, verkündet der Verkaufsprospekt des Eigentümers. Dahinter steckt allerdings weniger die Liebe zur historischen Architektur, sondern ein klarer finanzieller Vorteil: „Denkmalschutz-Immobilien sind Steuer-Oasen“, wirbt die Berner Group. Für Investitionen in die Sanierung von Baudenkmalen gibt es besondere Steuerabschreibungsmöglichkeiten. Die Sanierungskosten kann man über zwölf Jahre verteilt von seinem zu versteuernden Einkommen abziehen, als Eigennutzer über zehn Jahre.
Ganz im Gegensatz zum ursprünglichen sozialen Anspruch der Siedlung, der auch ein Grund für die Unterschutzstellung war, will der heutige Projektentwickler seinen Kunden den Wohnungskauf schmackhaft machen: „Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Wohnraum erwarten Experten in Berlin-Köpenick bereits mittelfristig steigende Preise und Mieten für Immobilien vor allem in begehrten Wohnlagen. Eine beruhigende Perspektive, falls Sie Ihre Wohnung im Märchenviertel tatsächlich einmal verkaufen oder vermieten wollen.“
Mit den heutigen Mietern wurde anfangs nicht gerechnet. Der Bürgerinitiative Mittelheide-Märchenviertel gelang es aber mit Unterstützung des Berliner Mietervereins, im Oktober 2013 eine Rahmenvereinbarung mit der Berner Group zu schließen, nach der die Mieter vor Eigenbedarfskündigungen geschützt sind und der Vermieter auf mehrere Mieterhöhungsmöglichkeiten verzichtet.
Ganz Ähnliches spielte sich in Zehlendorf bei den Häusern Am Fischtal 56 und 56 a/b ab. Die Dachgeschosse wurden ausgebaut, die Wohnungen teuer modernisiert sowie mit Balkonen versehen und schließlich zu Preisen von 3500 bis 4600 Euro pro Quadratmeter zum Kauf angeboten. Die Häuser waren 1928 nach dem Entwurf des Architektenduos Mebes & Emmerich als Teil einer Mustersiedlung der Wohnungsbaugesellschaft Gagfah errichtet worden. Diese heute als Ensemble unter Denkmalschutz stehende Siedlung war mit ihren Satteldächern als Gegenbild zur direkt gegenüberliegenden Gehag-Siedlung Onkel Toms Hütte konzipiert, deren Flachdächer heftig umstritten waren. Die erbittert geführte ideologische Debatte um moderne oder konservative Architektur ging als „Zehlendorfer Dächerkrieg“ seinerzeit in die Geschichte ein.
Man sollte meinen, dass deshalb die Denkmalpflege hier ein besonderes Augenmerk auf die Dächer legen müsste. Weil Dachstühle aber „irreparabel geschädigt“ waren, erlaubte sie deren Abbruch und den Ausbau neuer Dächer „in Anlehnung an die historische Gestaltung“. Genehmigt wurden dabei aber auch neue Dachgauben, Dachflächenfenster und auf den Gebäuderückseiten sogar große Einschnitte zum Bau von Dachterrassen. „Im Ergebnis konnte ein Denkmalverlust vermieden und eine denkmalverträgliche, aber auch wirtschaftlich zumutbare Lösung gefunden werden“, erklärt Christine Wolf vom Landesdenkmalamt. Das Zeugnis vom „Dächerkrieg“ ist allerdings dahin.
Geradezu ein Mahnmal für einen erfolglosen Denkmalschutz ist der ehemalige Zentralvieh- und Schlachthof an der Eldenaer Straße in Prenzlauer Berg. Die Reste der ab 1877 gebauten Anlage wurden 1990 unter Denkmalschutz gestellt, doch das Land Berlin als Eigentümer und die von ihm beauftragte Stadtentwicklungsgesellschaft haben kaum etwas für den Erhalt der alten Backsteingemäuer getan. Für die besser erhaltenen Gebäude fanden sich Investoren, aber bei den meisten Stallgebäuden schritt der Verfall 20 Jahre lang unaufhaltsam voran. Auch die einzigartige, 420 Meter lange Fußgängerbrücke, die das gesamte Gelände überspannte, wurde trotz Denkmalschutzes im Jahr 2002 bis auf einen 45 Meter kurzen Stummel abgerissen.
Das jüngste Denkmalschutzdesaster entstand 2011 mit dem fast vollständigen Abriss von fünf Rinderställen. Nur die alten Giebelwände der langgestreckten Hallen blieben stehen, dazwischen wurde je eine Reihe von Townhouses gebaut. Damit soll „der ursprüngliche Charakter des Gebietes erhalten werden“, erklärte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Eine vollständige Wiederherstellung sei jedoch wegen des außerordentlich schlechten baulichen Zustandes „wirtschaftlich nicht tragfähig“. Die Ernte fuhr ein privater Investor ein, der mit dem Slogan „Tradition neu interpretiert“ die Townhouses unter dem Namen „Eldenaer Höfe“ zu Preisen ab 320.000 Euro verkaufen konnte. Die zwischen die Giebel geklemmten Reihenhäuser nehmen weder die alten Fluchtlinien der Seitenfassaden noch die ursprüngliche Dachform auf und sehen genauso aus wie der Rest der Eigentums-Reihenhaus-Landschaft auf dem Schlachthofgelände. Die Lehre aus der Geschichte: Um Denkmalschutzauflagen zu umgehen, muss man sein Denkmal nur nachhaltig genug verrotten lassen. Die Chance, dass die letzten vier leerstehenden Stallgebäude an der Landsberger Allee erhalten bleiben, wird von Tag zu Tag geringer.
Abwarten und Tee trinken …
„Grundsätzlich gilt, dass denkmalrechtliche Genehmigungsanträge einem Abwägungsgebot unterliegen“, erklärt Christine Wolf vom Landesdenkmalamt. Wenn private oder öffentliche Interessen schwerer wiegen als die Denkmalschutzgründe, müssen auch Maßnahmen genehmigt werden, die das Denkmal beeinträchtigen oder gar beseitigen. Jeder Fall muss einzeln geprüft werden: alle Eigenschaften, die den Denkmalwert ausmachen, die Wirtschaftlichkeit der Denkmalerhaltung und womöglich entgegenstehende öffentliche Belange.
Im Kleinen ist der Denkmalschutz gar nicht so zahnlos, sondern sogar zuweilen recht hartnäckig. Beispiel Hufeisensiedlung in Britz: Um das ursprüngliche Erscheinungsbild der UNESCO-Welterbe-Siedlung aus den 20er Jahren wiederherzustellen, sollten unter anderem die im Laufe der Jahre angebrachten Balkonverglasungen verschwinden. Elf Mieter aus der Fritz-Reuter-Allee, die ihre Balkone mit Zustimmung des damaligen Vermieters verfenstert hatten oder später die Wohnung so angemietet haben, wehrten sich dagegen. Selbst als sie vor Gericht recht bekamen, ließ die Eigentümerin Deutsche Wohnen nicht locker. Sie sparte bei der Sanierung der Fassaden die Balkone der wehrhaften Mieter aus. Während die Fassade in frischem Rot erstrahlt, blieben über Jahre einzelne Balkonwände unverputzt. Weil die Deutsche Wohnen die Sanierung der Hufeisensiedlung bis Ende 2013 abschließen wollte, hat sie sich doch noch dazu herabgelassen, auch die übrigen Balkone in Ordnung zu bringen. „Das hat drei Jahre lang Nerven gekostet“, berichtet eine betroffene Mieterin. Das Anbringen von Rollläden und Markisen ist den Mietern verboten. Nur über den nach oben offenen Balkonen der obersten Etage sind Markisen zulässig, aber nur in einer Farbe, die zur jeweiligen Fassade passt. Die Mieter sind vor allem darüber verärgert, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Das Büro der Deutschen Wohnen am Hufeisen hat einen gläsernen Anbau aus den 80er Jahren, der nicht entfernt werden muss. Und bei den ebenso unter Denkmalschutz stehenden Reihenhäusern, die an Einzeleigentümer verkauft worden sind, werden Rollläden und Markisen jeglicher Farbe und Größe geduldet.
Denkmale unterliegen nicht der Energieeinsparverordnung
Ein Problem ist die energetische Sanierung. Baudenkmale sind zwar grundsätzlich von den Vorgaben der Energieeinsparverordnung ausgenommen, dennoch möchte man als Denkmalbewohner nicht in schwer zu beheizenden Räumen leben. Die üblichen Maßnahmen – eine Außendämmung der Fassade mit Polystyrolplatten und der Einbau neuer Isolierglasfenster – scheiden aus, weil sie das Erscheinungsbild drastisch verändern. „Wir Denkmalpfleger setzen ganz auf intelligente und denkmalverträgliche Lösungen zur Energieeinsparung, die entstellende Außendämmungen an Baudenkmalen und baukulturell wertvollen Bauwerken entbehrlich machen“, erklärt Christine Wolf.
Für Häuser mit stuckverzierten oder verklinkerten Fassaden ist die Innendämmung eine Alternative. Das ist allerdings erheblich teurer. Bei den Altbauten aus der Kaiserzeit, die meist sehr dicke Außenmauern haben, ist eine nachträgliche Dämmung auch nicht in jedem Fall erforderlich. Jüngere Gebäude sind energetisch häufig in schlechtem Zustand. So musste bei der 1931 bis 1934 gebauten Reichsforschungssiedlung in Haselhorst etwas getan werden. Aus Kostengründen hat man sich trotz Denkmalschutzes für eine acht Zentimeter dicke Außendämmung entschlossen. Die Häuser hatten ohnehin glatte Fassaden. Um die Proportionen zu bewahren, mussten jedoch auch die Fenster um acht Zentimeter nach außen versetzt werden. Die alten Kastendoppelfenster wurden dabei durch Nachbauten ersetzt. Mit 30 Prozent Energieeinsparung rechnet die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag. Für die Mieter der 2750 Wohnungen haben sich die Nettokaltmieten am Ende der zehnjährigen Sanierung von 4,81 Euro auf 6,46 Euro pro Quadratmeter erhöht.
Die Dämmwelle wird das Stadtbild nachhaltig verändern
Dass es auch ohne Wärmedämmung und Fensteraustausch geht, zeigte das Wohnungsunternehmen Degewo bei ihrer Tempelhofer Wohnanlage „Blanke Helle“ am Alboinplatz. „Es war eine Auflage der Denkmalbehörde, dass wir die Doppelkastenfenster erhalten müssen“, berichtet Degewo-Projektleiterin Haike Kaufmann. „Die Innenflügel erhielten eine neue Verglasung mit Wärmeschutzbedampfung und Gummidichtungen.“ Der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) konnte so von 2,7 auf gute 1,7 gesenkt werden. Im nicht denkmalgeschützten Teil der Siedlung baute die Degewo neue Kunststofffenster mit einem U-Wert von 1,1 ein. „Das ist immer so eine Gratwanderung zwischen Denkmalschutz und Erneuerung“, sagt Haike Kaufmann.
Verzichtet wurde auf eine Wanddämmung auch bei der Weißen Stadt in Reinickendorf. Der Vermieter „Deutsche Wohnen“ hat hier nur die Dächer gedämmt und Einfachfenster ausgetauscht, ansonsten aber die Energieeffizienz durch ein Blockheizkraftwerk gesteigert. Der Primärenergiebedarf wird damit um 32 Prozent gesenkt. Karl Gerhold vom Kraftwerksbauer Getec verspricht: „Auch die Mieter profitieren – trotz steigender Energiepreise – von bis zu fünf Prozent geringeren Heizenergiekosten.“ Viel ist es nicht, was von den Einsparungen bis zum Mieter durchsickert.
Gerade die anhaltende Wärmedämmwelle wird das Berliner Stadtbild schleichend, aber nachhaltig verändern. Weniger als fünf Prozent der Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Unter der großen Masse der nicht-geschützten Altbauten gibt es zuhauf abschreckende Beispiele von verhunzten Fassaden.
Originale Stuckverzierungen werden bedenkenlos abgeschlagen, um bis zu 20 Zentimeter dicke Dämmplatten anzubringen. Zuweilen werden anschließend wieder Stuckimitate aus Kunststoff aufgeklebt, die oft wie plumpe Karikaturen des ursprünglichen Fassadenschmucks wirken. Durch die dickeren Wände bekommen zudem die Fensteröffnungen eine Schießschartenoptik. Sollte die undifferenzierte Wärmedämmung so weitergehen, könnte das für das Stadtbild ähnlich verheerende Auswirkungen haben wie die „Entstuckungs“-Aktivitäten des letzten Jahrhunderts.
Jens Sethmann
Nach dem Berliner Denkmalschutzgesetz ist ein Baudenkmal eine bauliche Anlage, „deren Erhaltung wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt“. Der geschichtliche und wissenschaftliche Wert liegt darin, dass das Gebäude etwas über seine Entstehungszeit aussagt. So erzählt uns beispielsweise ein Wohnhaus mit Hintertreppe und Mädchenkammer viel über die damaligen sozialen Verhältnisse, ein altes Abwasserpumpwerk kann Auskunft über die früheren hygienischen Standards geben und die Reste der Berliner Mauer halten die Erinnerung an die Teilung der Stadt wach. Von künstlerischem Wert sind besonders schöne oder originelle Bauwerke wie zum Beispiel die rundum verglaste Neue Nationalgalerie oder ein besonders reich verziertes Stadthaus. Städtebauliche Bedeutung hat ein Denkmal, wenn es für das Stadtbild einen herausragenden Wert hat – bestes Beispiel: der von überall sichtbare Fernsehturm. Ein Gebäude muss also nicht gleichzeitig sehr alt, besonders selten, außergewöhnlich schön und weltberühmt sein, um unter Denkmalschutz gestellt zu werden.
Alle Denkmale sind in der Denkmalliste verzeichnet. Darin wird unterschieden in Baudenkmale, Denkmalbereiche, Gartendenkmale und Bodendenkmale. Baudenkmale sind einzelne schützenswerte Gebäude wie eine Kirche oder eine Villa. Sie sind oftmals Bestandteil eines Denkmalbereichs. Ein Denkmalbereich oder Ensemble ist meist eine größere Anlage wie zum Beispiel eine Wohnsiedlung oder ein alter Dorfanger. Nicht alle Gebäude in einem Ensemble sind einzeln als Baudenkmal geschützt. Gartendenkmale sind historische Parkanlagen, Friedhöfe oder auch Alleen. Bodendenkmale können alte Fundamente, Kellergewölbe oder Ausgrabungen alter Siedlerstellen sein.
Die Berliner Denkmalliste umfasst rund 8000 Denkmalpositionen, von der mittelalterlichen Nikolaikirche bis zur Eastside Gallery von 1990, vom riesigen Tempelhofer Flughafengebäude bis zur Wasserpumpe am Straßenrand. Weil Berlin erst durch die Industrialisierung groß geworden ist und im Krieg viel zerstört wurde, ist die Stadt arm an alten Baudenkmalen. Nur 14 Prozent der Denkmale stammen aus der Zeit vor 1871. Dagegen ist Berlin berühmt für seine Denkmale der Moderne und für seine Industrie- und Technikdenkmale.
js
Mieter, die in einem denkmalgeschützten Haus wohnen, haben dieselben Rechte und Pflichten wie alle anderen Mieter auch. Selbstverständlich dürfen sie die Wände streichen, wie sie wollen, individuelle Namensschilder an die Tür schrauben oder Bilderhaken in die Wände dübeln. Vorsicht aber bei baulichen Veränderungen! Wenn Mieter mit Zustimmung des Vermieters in der Wohnung selbst Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten ausführen möchten, sollten sie unbedingt Rücksprache mit der Unteren Denkmalschutzbehörde halten. Nicht nur die äußere Hülle eines Denkmals steht unter Schutz, sondern auch die Baukonstruktion und im Einzelfall sogar das Interieur. Bei ungenehmigten Umbauten kann das Amt die Wiederherstellung des alten Zustands verlangen. Das kann für den Mieter sehr teuer werden, und auf das Einverständnis des Eigentümers kann er sich dabei auch nicht berufen.
Grundsätzlich muss der Mieter alle Maßnahmen dulden, die zur Sicherung und Instandhaltung des Denkmals notwendig sind. Da solche Maßnahmen nicht mietenwirksam sind, ist das Wohnen im Denkmal für Mieter vorteilhaft. So werden alte Fenster nicht einfach gegen Iso-Fenster ausgetauscht und die Kosten über die Modernisierungsumlage auf die Miete aufgeschlagen, sondern nach Möglichkeit repariert. Die Kosten einer Denkmalsanierung dürfen nicht auf die Mieter umgelegt werden, wenn sich dadurch nicht eine echte Wohnwertverbesserung ergibt. Vor kostentreibenden Modernisierungsmaßnahmen wie dem Anbau von Balkonen oder der Installation eines Aufzugs, was zusätzlich auf Dauer hohe Betriebskosten verursacht, können Mieter im Denkmal halbwegs sicher sein – wenn die Denkmalschutzbehörden nicht zu viele Augen zudrücken.
js
MieterMagazin 10/14
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alle Fotos: Nils Richter
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Verfall und Potemkinsche Dörfer: Am „Alten Schlachthof“ hat sich der Denkmalschutz selbst ein desaströses Denkmal gesetzt
Häufig kollidiert der Denkmalschutz mit der energiesparenden Modernisierung – in der „Weißen Stadt“ hat man auf eine Wärmedämmung zugunsten des Erscheinungsbildes verzichtet
Das Zeugnis des historischen „Zehlendorfer Dachkriegs“ (hier: Am Fischteich) muss dem Dachgeschossausbau mit Terrassen und Gauben weichen
Mit den Mietern der Hufeisensiedlung leistete sich die „Deutsche Wohnen“ ein zähes Ringen um den Originalzustand der Loggien – bei ihrem eigenen Bürogebäude spielte der Denkmalschutz keine Rolle
Gratwanderung: Ein moderner Nachbau der alten Doppelkastenfenster sorgte in der Wohnanlage „Blanke Helle“ für eine erhebliche Energieeinsparung – allerdings nicht der größtmöglichen
Ausführliche Informationen
zum Denkmalschutz:
www.stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/
Programm Städtebaulicher Denkmalschutz:
www.stadtentwicklung.berlin.de/staedtebau/
foerderprogramme/denkmalschutz/
Deutsches Nationalkomitee
für Denkmalschutz:
www.dnk.de
29.03.2022