Am Ende dieses Jahres wollen die sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften 671 Millionen Euro in ihren Bestand investiert haben. Das wäre der höchste Stand seit mehr als zehn Jahren. Bei einer Busrundfahrt lobte Stadtentwicklungssenator Michael Müller dieses Engagement und präsentierte einige Modernisierungsprojekte. Doch es ist nicht alles eitel Sonnenschein.
18 Prozent des städtischen Wohnungsbestandes sind heute weder vollständig noch teilweise modernisiert. Dazu gehörte bis vor kurzem der Gewobag-Wohnblock Ostseestraße 85-105 im Ortsteil Prenzlauer Berg. Die 1953 im Stil der Stalinallee gebaute Wohnanlage mit 116 Wohnungen wird zurzeit denkmalgerecht modernisiert. Bevor dem Senator bei der Besichtigungstour eine fertig sanierte Wohnung präsentiert wurde, zeigte Gewobag-Vorstand Hendrik Jellema dem staunenden Publikum eine Wohnung im unsanierten Zustand mit Kachelofen, einer vorsintflutlichen Kücheneinrichtung und einem völlig verrotteten Bad. Das sollte verdeutlichen, welche Anstrengungen bei der Modernisierung unternommen werden müssen, warf aber auch die Frage auf, wieso die Gewobag die Wohnanlage so sehr hat verfallen lassen. Nach der Modernisierung soll die Nettokaltmiete von 4,05 Euro auf 5,13 Euro pro Quadratmeter steigen. Wo aber die alten Mieter nicht zurückziehen, vermietet die Gewobag die Wohnungen zu Preisen von 6,78 Euro bis 7,33 Euro pro Quadratmeter.
„Trotz der deutlich gestiegenen Investitionen sind die Neuvertragsmieten bei unseren sechs Wohnungsbaugesellschaften stabil“, meint dagegen Michael Müller. Die Neuvertragsmiete läge bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften 2013 wie schon 2012 unverändert bei 5,94 Euro pro Quadratmeter. „Das Mietenbündnis wirkt“, folgert der Senator.
Dieses „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“, das der Senat mit den städtischen Wohnungsunternehmen abgeschlossen hat, trifft beim Berliner Mieterverein auf Kritik. BMV-Geschäftsführer Reiner Wild: „Besonderen Ärger bereiten oft die Maßnahmen zur Einsparung von Energie.“ In vielen Fällen überschreiten die damit einhergehenden Mietsteigerungen die tatsächlich erzielbaren Heizkosteneinsparungen deutlich. Die Mietenkalkulation im Mietenbündnis müsse deshalb geändert werden.
Jens Sethmann
MieterMagazin 10/14
Die Besichtigungstour des Senators hat auch die Frage aufgeworfen, warum manche Häuser der Wohnungsbaugesellschaften so heruntergekommen sind (hier: Gewobag-Wohnblock an der Ostseestraße)
Foto: Nils Richter
02.01.2018