Die Katze ist das Lieblingshaustier der Deutschen. Das hat viele Gründe: Sie ist nicht nur elegant, possierlich und verschmust, sondern scheinbar auch pflegeleicht – und anpassungsfähig an einen Haushalt, in dem eigentlich keiner Zeit hat. Tierschützer und Veterinäre können da nur warnen: Die Zimmertiger stellen hohe Ansprüche. Dass dabei mancher kapituliert, zeigen übervolle Katzenboxen im Tierheim und Wildkatzen in den Straßen und Parks von Berlin.
„Derzeit leben in unserem Tierheim 645 Katzen, damit sind wir eigentlich voll belegt“, hatte Evamaria König, Pressesprecherin des Berliner Tierschutzvereins, noch Anfang Juli erklärt. Nur wenige Wochen später waren es an die 800: „Tierheim überfüllt“, titelte eine Berliner Tageszeitung. Der Sommer ist Ferien- und Reisezeit, und da werden besonders viele Tiere im Hausvaterweg abgegeben, weil ihre Besitzer nicht wissen, wohin mit ihnen. Einige werden dem Tierheim vor das Tor gestellt, andere einfach irgendwo ausgesetzt. Zumeist sind es Katzen, denn die stehen hierzulande auf Platz eins der Haustierliste.
„Katzen gelten gemeinhin als pflegeleicht. Mit einer Katze muss man nicht Gassi gehen, man kann sie über viele Stunden allein lassen, und sie lässt sich durchaus auch mal von Nachbarn füttern“, weiß Tierärztin Catharina Stopek von „Vets for Cats“, einer Schöneberger Praxis, die sich auf Katzen spezialisiert hat. Dass dem nicht unbedingt so ist, auch eine Katze Zuwendung, Pflege, ärztliche Versorgung und damit Zeit, Geld und durchaus Nerven kostet, wird vielen erst klar, wenn sie das Tier in ihren Haushalt aufgenommen haben.
Kinderspielplätze sind kein Katzen-Terrain
„Man sollte sich auf jeden Fall vorher genau überlegen, woher man ein Kätzchen holt“, so die Fachfrau. Kommt es von einem Bauernhof, wird es sich in der Ein- oder Zweizimmerwohnung kaum wohl fühlen, „es sei denn, man kann es tagsüber hinaus ins Freie lassen“, so die Veterinärmedizinerin. Aber in Berlin ist das nicht so einfach: Befahrene Straßen mitten in der Stadt oder Innenhöfe, zu denen sich auch andere Terrassentüren oder Fenster öffnen und in denen oft kleine Kinderspielplätze angelegt worden sind, sind kein ideales Katzen-Terrain. „Katzen koten gern in den lockeren Sand von Buddelkisten, der Ärger lässt dann nicht lange auf sich warten.“ Gerade entschied das Amtsgericht Potsdam, dass eine Katze, die fortwährend in fremde Wohnungen huscht, eine Belästigung und damit ein gerechtfertigter Mietminderungsgrund ist (Amtsgericht Potsdam – 26 C 492/ 13 vom 19. Juni 2014). Vom Vermieter könne verlangt werden, dass er gegen den Katzenhalter vorgeht, entschied der Richter.
„Wenn eine Katze in der Wohnung bleiben muss, sollte sie auch aus einer Wohnungshaltung stammen“, so die Tierärztin. Außerdem: Ein junges Kätzchen fühlt sich am wohlsten, wenn es nicht allein ist. Das mahnt auch Tierschützerin Evamaria König an: „Das Berliner Tierheim gibt junge Katzen überhaupt nur noch im Doppelpack ab, weil sie allein vereinsamen.“
Den sehr unterschiedlichen Ansprüchen von Katzen – alten oder jungen, Rassekatzen oder Mischlingen – versucht das Berliner Tierheim trotz Überbelegung mit spezieller Pflege und vor allem ganz verschiedenen Boxengrößen gerecht zu werden. Hier gibt es eine Krankenstation, das „Haus“ für eine ganze Katzenfamilie, in dem die Jungen lange bei ihrer Mutter bleiben können. Es gibt Doppel-, Gruppen- und auch Einzelboxen für jene Tiere, die andere neben sich nicht dulden. „Streichelpaten“ – ehrenamtliche Helferinnen des Tierschutzvereins – kommen regelmäßig und kümmern sich um die Tiere.
„Wer über eine Katze als Haustier nachdenkt, der kann sich im Tierheim nicht nur ein Tier aussuchen, das zu ihm und zur Familiensituation passt, sondern sich auch beraten lassen“, so Evamaria König. Aufgeklärt wird über Ansprüche an eine Katzenhaltung und auch zu Konflikten, die mit den Tieren im Haushalt auftreten. „Jede Katze ist anders und hat ihren eigenen Charakter“, so Evamaria König. Die einen sind verschmust, andere kratzbürstig. Es gibt welche, die die Gesellschaft anderer Katzen oder Haustiere genießen, und es gibt Einzelgänger, die niemanden neben sich dulden.
Gefahren für die Katze im Haushalt
„Und anders als beispielsweise Hunde bewegen sich Katzen dreidimensional“, fügt die Tierärztin hinzu. „Sie gehen über Bänke, Tische, springen auf Schränke – Katzen erreichen erstaunliche Höhen.“ Wen das stört, der muss Alternativen bieten: Kletterbäume mit verschiedenen Sitzplätzen, Verstecke, Kratzmöglichkeiten. Und das nicht nur an einer Stelle – gerade bei mehreren Katzen in einer Wohnung entstehen leicht Rivalitäten. Eine jede muss ihr eigenes Futter, ihren Schlafplatz und ihre Toilette haben. „Am besten, ein Katzenklo mehr als Katzen im Haus sind“, lautet der Rat der Tierärztin. Gleichzeitig warnt sie vor den Gefahren, die den Tieren drohen: Stürze aus großen Höhen lassen sich nur durch Netze vor Fenstern und Balkonen verhindern. Kippfenster müssen unbedingt mit einer speziellen Sicherung versehen werden. „Wenn eine Katze versucht, sich durch den Spalt zu zwängen, wird der zur Todesfalle für das Tier.“ Gefahren für die Tiere gehen aber auch von offenem Feuer, heißen Herdplatten, von geöffneten Waschmaschinen, geschmückten Weihnachtsbäumen und giftigen Zimmerpflanzen aus. Was sie draußen nie fressen würden – drinnen probieren sie es doch: am Korallenbäumchen knabbern, Lametta schlucken.
Catharina Stopek: „Auch gesunde Katzen müssen regelmäßig zum Tierarzt: Einmal jährlich sollte gegen Katzenseuche und Katzenschnupfen geimpft werden – bei jungen Tieren im ersten Jahr sogar zweimal.“ Mit Kosten pro Impfung um die 80 Euro muss ein Tierfreund rechnen. Eine Kastration schlägt mit circa 75 bis 140 Euro zu Buche. Diese Behandlung wurde gerade erst im brandenburgischen Luckenwalde per Verordnung zur Pflicht erhoben und wird dort sogar bezuschusst. Der Grund für das rigorose Vorgehen: Katzen sollen sich nicht unkontrolliert weiter vermehren.
„In Berlin dürften es mehrere 10.000 Tiere sein, die verwildert an Straßen, in Parks, auf Müllhalden oder Baustellen vegetieren“, erklärt Evamaria König. Ehrenamtliche Helfer des Tierschutzbundes unterhalten 245 Futterstellen für Berliner Straßenkatzen. Dort beobachten sie, verabreichen Medikamente, und dort werden mitunter auch gerade ausgesetzte verängstigte Tiere „herausgefischt“ und ins Tierheim gebracht.
Die überwachten Futterstellen sind eine wichtige Einrichtung. „Gefüttert wird, wenn die Tiere kommen, meist in der Dämmerung oder nachts. Die Helfer warten, bis alles gefressen ist und säubern die Plätze wieder“, betont Evamaria König. Denn immer wieder taucht der Verdacht auf, mit den Futterstellen würden Ratten und anderes Ungeziefer angelockt. So hatte das kommunale Wohnungsunternehmen Gesobau 2009 sogar einem Pankower Rentnerpaar die Wohnung gekündigt, weil es sich um ausgesetzte Katzen in der Umgebung kümmerte, Futterstellen und Schlafhäuschen eingerichtet hatte. Der Berliner Tierschutzverein schaltete sich in den Streit ein, vermittelte und schließlich zog die Wohnungsbaugesellschaft nicht nur ihre fristlose Kündigung zurück, sondern startete ein Pilotprojekt zur Betreuung herrenloser Katzen auf den Flächen des Unternehmens.
Rosemarie Mieder
MieterMagazin 10/14
Fotos: Sabine Münch
Katzen bewegen sich dreidimensional – dem muss man Rechnung tragen
Weil junge Katzen allein vereinsamen, geben Tierheime sie nur im Duo ab
Muss die Katze in der Wohnung bleiben, sollte sie auch aus einer Wohnungshaltung stammen
„Vets for Cats“ ist eine Tierarztpraxis, die sich auf die Behandlung und gesundheitliche Betreuung von Katzen spezialisiert hat. Bei Reisen kann das Tier hier auch in Pension gegeben werden.
Tel. 34 39 88 77
Bayerischer Platz 2
10779 Berlin-Schöneberg
www.vetsforcats.de
Rat und Tat
Katzen in der Mietwohnung: Genehmigung einholen
Ein Vermieter darf seinem Mieter die Haltung einer Katze (oder auch eines Hundes) nicht schon in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Mietvertrages, also vorgedruckt im Formular, verbieten. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 20. März 2013 (VIII ZR 168/12). Dies ist allerdings auch keine Blanko-Erlaubnis zur Katzenhaltung. Wer sich eine Katze anschaffen will, muss dies dem Vermieter anzeigen und seine Genehmigung einholen.
Zum Thema
Gut beraten
Im Tierheim warten derzeit viele Jungkatzen auf ein neues Zuhause. Wer sein Tier von hier holt, zahlt nur einen kleinen Obolus und kann sich dazu noch eingehend beraten lassen. Beachten sollte man: Junge Kätzchen werden nur paarweise abgegeben.
Vermittlung unter
Tel. 76 88 82 36
www.tierschutz-berlin.de
14.12.2017