Im Gegensatz zu einigen Auto-Konzernen müssen die europäischen Hersteller von Geschirrspülern, Fernsehgeräten, Kühl- und Gefrierschränken nicht zu unlauteren Methoden greifen, um den Energieverbrauch ihrer Produkte schönzurechnen. Die EU-weit vorgeschriebenen Tests sind hoffnungslos veraltet und ergeben am Ende fast immer einen sehr geringen Stromverbrauch.
Ein durchschnittlicher Haushalt kann durch energieeffiziente Haushalts- und Elektrogeräte jährlich fast 500 Euro sparen. Durch strengere Effizienzvorgaben soll der Energieverbrauch dieser Geräte in Europa bis zum Jahre 2020 um fast zehn Prozent sinken. Die vier großen europäischen Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen CLASP, ECOS, EEB und Topten prüften deshalb 18 Monate lang den Stromverbrauch von Fernsehgeräten, Kühl- und Gefrierschränken und Geschirrspülern unter Alltagsbedingungen. Das Ergebnis der Studie ist erschreckend: Der tatsächliche Verbrauch der Geräte ist in der Praxis um 20 bis 30 Prozent höher, als auf dem zurzeit EU-weit gültigen Energielabel von A+++ bis G angegeben. In einem Fall lag er sogar mehr als doppelt so hoch. Der Grund: Die Tests sind hoffnungslos veraltet. Der Stromverbrauch von Kühl- und Gefrierschränken zum Beispiel wird bisher äußerst realitätsfremd in leerem Zustand, bei gleichbleibender Außentemperatur und ohne Öffnen des Geräts gemessen, Fernsehgeräte mit zehn Jahre alten Test-Videos.
Holger Brackemann, Untersuchungsleiter der Stiftung Warentest: „Wir sehen bei fast allen mit dem Energielabel versehenen Produkten, dass die Prüfvorschriften zu Ergebnissen führen, die im Alltag der Verbraucher nicht zu erzielen sind.“ Die Tests müssten deshalb schnellstmöglich aktualisiert, alltagsnäher und durch Messungen außerhalb der Labors ersetzt werden. Aber selbst wenn neue Testverfahren von der EU-Kommission genehmigt werden – ihre konkrete Ausgestaltung wird bisher von Gremien ausgehandelt, in denen immer noch Herstellervertreter dominieren.
Rainer Bratfisch
26.09.2017