Die Gewerbemieten haben sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Viele Gewerbemieter, die auf einen Verbleib an ihrem Standort angewiesen sind und ihre Einnahmen nicht erhöhen können, stehen vor dem Aus.
Von 2012 bis 2020 ist der Durchschnitt der Berliner Gewerbemieten von 9,50 Euro auf 19 Euro pro Quadratmeter angestiegen. Das ergab eine Untersuchung des Instituts Empirica im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Während Läden sich um 89 Prozent auf 20,60 Euro pro Quadratmeter und Büros um 105 Prozent auf 20 Euro verteuerten, fiel die Steigerung für Werkstatt- und Lagerflächen um 64 Prozent auf 7,50 Euro etwas geringer aus.
Innerhalb des S-Bahn-Rings wurden die Gewerbemieten besonders stark angehoben. Für Betriebe des Bauhandwerks wurde eine geringe Abwanderung an den Stadtrand festgestellt. Andere Branchen wurden der Studie zufolge nicht verdrängt – einzelne Betriebe hingegen schon. Läden, die auf ihre angestammte Kundschaft vor Ort angewiesen sind, können nach einer drastischen Mieterhöhung nicht einfach in einen anderen Stadtteil ziehen. Sie müssen entweder durch Preiserhöhungen ihren Umsatz steigern oder ihr Geschäft aufgeben. Häufig folgt dann ein Nachfolger aus derselben Branche, der aber ein höherwertiges Angebot hat. „So verschwindet die Imbissbude oder der preiswerte Italiener zugunsten von Restaurants der gehobenen Küche, das Blumenwunderland ersetzt den vietnamesischen Blumenhändler“, heißt es in der Studie. Auch wenn der Branchenmix erhalten bleibt, verändert sich der Kiez nachhaltig.
Von Mieterhöhungen besonders stark betroffen sind soziale Träger, die zum Beispiel Kitas oder Beratungszentren in gewerblich angemieteten Räumen betreiben. Da ihre Angebote an den Standort gebunden sind, haben sie keine Möglichkeit auszuweichen.
Gewerbemieten sind weit weniger reguliert als Wohnungsmieten. Üblich sind befristete Verträge. Nach deren Auslaufen kann eine neue Miete frei vereinbart werden. Der Berliner Senat will deshalb über den Bundesrat eine Gewerbemietpreisbremse einführen. Zum Antrag vom September 2019 hat der Bundesrat aber immer noch keinen Beschluss gefasst.
Jens Sethmann
29.09.2022