Mieter müssen in der Regel den Anschluss ihrer Wohnung an das Fernwärmenetz dulden. Ob sich der Energieverbrauch dadurch verringert, spielt nach einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) keine Rolle. Beim Berliner Mieterverein hält man das für problematisch.
Geklagt hatte eine Mieterin aus der Siedlung Onkel Toms Hütte. Sie wollte ihre Gasetagenheizung behalten, „weil man sie besser individuell regulieren kann, aber auch aus umweltpolitischen Gründen“, so Barbara von Boroviczeny. „Freiwillig wäre ich nie Kunde eines Konzerns wie Vattenfall geworden“, erklärt sie. Nach Ansicht des BGH ist entscheidend, dass der Einbau einer durch Kraft-Wärme-Kopplung gespeisten Fernheizung Primärenergie einspart (Bundesgerichtshof, 24. September 2008 – VIII ZR 275/07). Auf die Argumente des Mieteranwalts, dass sich durch das Nutzerverhalten der tatsächliche Energieverbrauch in der Wohnung gelegentlich sogar erhöht, ging man bei Gericht nicht ein. Unberücksichtigt blieb auch die Tatsache, dass bei einer Gasetagenheizung nur der eigene Verbrauch zu zahlen ist und es keinen Grundpreis gibt – der Anreiz zum sparsamen Umgang mit der Heizung also größer ist als bei einer mit Fernwärme betriebenen Heizung. „Von diesem Urteil profitieren die Energieerzeuger und die Vermieter, weil sie die Mieten erhöhen und einen vorteilhafteren Energiepass vorlegen können“, so Barbara von Boroviczeny. „Zahlen müssen das die Mieter.“
Die Vermieterverbände begrüßten dagegen die Entscheidung und forder-ten weitere Erleichterungen bei der energetischen Sanierung, etwa eine Beseitigung des Mietminderungsrechts während der Modernisierung. „Für die Mieter ist es schwer nachzuvollziehen, dass sie für eine weniger komfortable Heizung mehr zahlen sollen“, meint Reiner Wild, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins. Er kritisiert außerdem, dass nur der Primärenergiefaktor berücksichtigt wurde, nicht aber der tatsächliche Energieverbrauch. „Diese Auseinandersetzung muss nicht rechtlich, sondern politisch entschieden werden: Die Bundesregierung muss für eine Klarstellung sorgen“, so Wild.
Birgit Leiß
MieterMagazin 11/08
Muss für die Umstellung auf eine weniger komfortable Heizung mehr bezahlen: Mieterin Barbara von Boroviczeny
Foto: Sabine Münch
03.01.2018