Sie kennen den Fall: Da hat man endlich seine Traumwohnung gefunden und erfährt dann kurz vor Vertragsabschluss, dass man dem Vormieter einen „Abstand“ zahlen muss. Wer die Wohnung haben will, hat dann oft keine andere Wahl. Doch gegen allzu dreiste Forderungen kann man sich wehren.
Viele Mieter haben nichts dagegen, dem Vormieter für eine gut erhaltene Einbauküche oder andere sinnvolle Einbauten einen fairen Preis zu zahlen. Aber nicht selten wird für eine verschlissene Polstergarnitur oder ein paar Gardinenstangen eine horrende Summe verlangt. Seit dem Wohnungsvermittlungsgesetz von 1993 haben Betroffene aber bessere Chancen, sich gegen solch unlautere Geschäfte zu wehren. Die klassische Abstandszahlung, das heißt, ein Entgelt nur für das Freimachen der Wohnung, ist seitdem verboten. Der ausziehende Mieter darf sich allerdings die Umzugskosten erstatten lassen. Die Höhe muss durch Belege nachgewiesen werden.
Ablösezahlungen für in der Wohnung verbleibende Möbel und Einbauten sind zwar grundsätzlich zulässig. Aber das geforderte Entgelt darf nicht in einem auffälligen Missverhältnis zum Wert der Gegenstände stehen, wie es im Gesetz heißt. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist dies der Fall, wenn der Preis mehr als 50 Prozent über dem Wert des Gegenstands liegt (BGH, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 1997, Seite 380). „Das Problem ist hier die Beweisführung“, erklärt der Rechtsexperte des Berliner Mietervereins, Frank Maciejewski. Er empfiehlt daher, die übernommenen Möbel so genau wie möglich zu beschreiben und Fotos davon zu machen. Dennoch: Landet der Streit vor Gericht, geht es in der Regel nicht ohne ein Gutachten.
Übernommene Einrichtung dokumentieren!
Abstandsforderungen sind längst nicht mehr so verbreitet wie vor 20 Jahren, als in West-Berlin praktisch keine Wohnung ohne Abstand zu haben war. Doch je begehrter die Bleibe aufgrund ihrer Lage oder Größe ist, desto häufiger werden Wohnungssuchende mit Forderungen konfrontiert. Über 15.000 Euro musste etwa eine Steglitzer Familie für eine Einbauküche sowie diverse Kleinmöbel bezahlen. Der Vormieter war ins Ausland gegangen und war froh, sich die Auflösung seiner 170 Quadratmeter großen Wohnung zu sparen. Wie üblich in solchen Fällen wusste der Vermieter Bescheid. Den Mietvertrag gab es erst, als der Kaufvertrag unterschrieben war. „Die meisten Sachen habe ich zum Sperrmüll gefahren“, erzählt der neue Mieter.
Strategien, die Abstandszahlung zu umgehen, funktionieren selten. Manchmal hilft es, direkt mit dem Vermieter zu verhandeln. Denn der ist in erster Linie an einem solventen Mieter interessiert – ob sein Ex-Mieter noch ein Geschäft machen kann oder nicht, wird ihm in der Regel egal sein. Ist der Mietvertrag unterschrieben, bevor die Ablöse gezahlt oder der Kaufvertrag unterschrieben ist, hat der ausziehende Mieter keinerlei Handhabe mehr, seine Forderungen durchzusetzen. Natürlich darf er dann aber seinen Parkettboden herausreißen oder seine Luxusbadewanne mitnehmen.
Was allerdings auch passieren kann, wenn der ausziehende Mieter seine Einbauten einfach in der Wohnung lässt und sie somit dem Vermieter schenkt, zeigt der folgende Fall. Ein Ehepaar hatte bereits eine Zusage für eine Wohnung, als der Vermieter beschloss, die Wohnung noch einmal zu begutachten. In der Folge teilte er den Interessenten mit, dass die Miete 120 Euro über dem zunächst offerierten Angebot liegen würde. Letztlich hatte der Vormieter durch die Sanierung des Bades und das Verlegen von Laminat für eine Wertsteigerung gesorgt, die sich der Vermieter nun zunutze machte. Das Paar verzichtete unter diesen Umständen auf die Wohnung. „Hätte uns der Vormieter gefragt, dann hätten wir ihm aus Fairness Abstand gezahlt“, sagen sie. So aber waren sie verstimmt.
Birgit Leiß
MieterMagazin 11/08
Nicht selten werden von einem Mieter bei der Wohnungsübernahme Mondpreise für Schrott verlangt
Illustration: Susanne Nöllgen/GrafikBüro
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Bei Abzocke: Geld zurück!
10.000 Euro für ein paar Rollos und einen alten Teppichboden – solche Wucherpreise muss man sich nicht gefallen lassen. Wenn der Wert der gekauften Gegenstände um mehr als 50 Prozent überschritten wird, kann man das zuviel gezahlte Geld insoweit zurückverlangen. Der Anspruch verjährt erst nach drei Jahren. Ebenfalls unwirksam wird die Ablösungsvereinbarung, wenn der Mietvertrag gar nicht zustande kommt. Vorsicht vor Zahlungen ohne schriftliche Vereinbarung oder gar ohne Quittung! Bevor man leichtfertig hohe Geldbeträge zahlt, um an eine Wohnung zu kommen, sollte man zur Rechtsberatung gehen.
bl
Weitere Informationen zum Thema „Abstand“ oder „Ablöse“:
27.12.2018