Seit zwei Jahren bietet der Berliner Mieterverein (BMV) seinen Mitgliedern eine kostenlose Mieter-Vermieter-Mediation an. In vielen Fällen führt sie zu einer schnellen Einigung, von der beide Seiten profitieren.
Nicht immer ist der Gang vor den Kadi die beste Lösung. „Viele Mieter wollen sich nicht auf ein langwieriges Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang einlassen“, erklärt Marco Waelisch, der als Mediator im Auftrag des Mietervereins tätig ist. Mancher Mieter legt auch Wert auf ein gutes Verhältnis zu seinem Vermieter – eine Klage hingegen belastet die Atmosphäre meist erheblich. Zudem gibt es Fälle, in denen die Sachlage juristisch unklar ist, ein rechtliches Verfahren also mit Unwägbarkeiten verbunden wäre.
So war es auch bei einer Familie, die sich hilfesuchend an Marco Waelisch wandte. Nach diversen Unstimmigkeiten und Streitereien war das Verhältnis zu ihrem Vermieter schon nach kurzer Zeit zerrüttet. Ein ruhiges, sachliches Gespräch war gar nicht mehr möglich. Da der Vermieter im gleichen Haus wohnte, fühlte sich die Familie nicht mehr wohl und wollte ausziehen. Das Problem: Im Mietvertrag gab es eine Klausel, wonach ein Auszug frühestens nach zwei Jahren möglich war. Wie immer in solchen Fällen nahm der Mediator zunächst einmal telefonisch Kontakt zum Vermieter auf. „Manche Vermieter reagieren skeptisch, zumal das Angebot noch wenig bekannt ist, aber viele freuen sich auch, dass jemand den Konflikt auf diese Weise angeht“, so Waelischs Erfahrung. In diesem Fall war der Hauseigentümer durchaus offen für eine Einigung, auch er wollte, dass endlich wieder Frieden im Haus einzieht. Dennoch wollte er die Mieter nicht ohne Weiteres ziehen lassen, weil er viel in die Wohnung investiert hatte. Beide Seiten machten nun abwechselnd Vorschläge an den Mediator, der gab sie weiter. Am Ende stand ein Kompromiss, mit dem beide Seiten zufrieden waren: Gegen einen finanziellen Ausgleich konnte die Familie früher ausziehen. Die schriftliche Vereinbarung wurde von einem Juristen nochmals geprüft, bevor sie von Mieter und Vermieter unterschrieben wurde – Ende gut, alles gut.
Der Ausgleich steht im Vordergrund
Bevor ein Mediator eingeschaltet wird, sollte zuerst immer eine Rechtsberatung des BMV aufgesucht werden. Denn beim Mediationsverfahren stehen nicht die Rechte beider Seiten, sondern deren Bedürfnisse und Interessen im Vordergrund. Hier gilt es, einen Ausgleich zu finden. Gleichwohl sollte der Mieter seine mietrechtliche Situation kennen, um zu wissen, auf welchen Kompromiss er sich sinnvollerweise einlässt.
Nach den bisherigen Erfahrungen ist die Mediation zwischen Mieter und Vermieter vor allem bei Wohnungsmängeln, bei Auszugsverhandlungen und bei Modernisierungsvorhaben sinnvoll. „Der große Vorteil ist, dass schnell und ohne viel Zeitaufwand ein Ergebnis erreicht wird“, meint Marco Waelisch. Und falls es nicht funktioniert, steht dem Mieter immer noch der rechtliche Weg offen.
Birgit Leiß
MieterMagazin 11/09
„Das Ergebnis wird ohne viel zeitlichen Aufwand erreicht“: Mediator Marco Waelisch
Foto: Sabine Münch
Informationen unter Tel. 030 226 26-187,
telefonische Beratung dienstags von 17 bis 18 Uhr unter Tel. 030 226 26-187
Rat und Tat
Was ist Mediation?
Mediation ist eine Methode der Konfliktbearbeitung, bei der mittels einer neutralen, dritten Person einvernehmliche Lösungen angestrebt werden. Der Mediator macht dabei selber keine Vorschläge und ergreift auch nicht Partei, sondern vermittelt zwischen den beiden Seiten. Mediationsverfahren werden immer häufiger angewandt, zum Beispiel bei Partnerschafts- und Familienkonflikten, aber auch im Arbeitsbereich. Der BMV bietet seinen Mitgliedern außer der Vermieter-Mieter-Mediation auch eine kostenlose Vermittlung bei Nachbarschaftsstreitigkeiten an. Dabei geht es darum, gerichtliche Auseinandersetzungen möglichst zu vermeiden.
bl
20.06.2023