Zwei Eigenbedarfskündigungen gegen verschiedene Mieter mit sich widersprechenden Begründungen – mit dieser unverfrorenen Masche ist eine Charlottenburger Vermieterin nun vor dem Landgericht gescheitert. Bei einem Mieter war es schon der zweite Versuch, ihn mit einem vorgeschobenen Eigenbedarfsverlangen auf die Straße zu setzen.
Peter Siebold, Mieter in der Eisenbahnstraße in Kreuzberg, musste sich schon zum zweiten Mal gegen eine Eigenbedarfskündigung zur Wehr setzen. Die von den Vermieterinnen Renate L.* und ihrer Tochter Sophia L.* im Jahr 2004 vorgebrachte Begründung war jedoch so unglaubwürdig und die Zeugen verstrickten sich in solche Widersprüche, dass die Räumungsklage 2005 in erster und 2006 in zweiter Instanz abgewiesen wurde. Es war offensichtlich, dass sie den Mieter loswerden wollten, weil er eine verhältnismäßig niedrige Miete zahlt (MieterMagazin 5/2006, Seite 9: „Merkwürdige Wohnverhältnisse“).
Drei Jahre später kam jedoch die nächste Eigenbedarfskündigung. Tochter Sophia L., die angeblich in der Wohnung ihrer Mutter in der Kantstraße lebt, wolle nun einen eigenen Hausstand gründen und die Wohnung in der Eisenbahnstraße gefalle ihr vom Schnitt und von der Lage her am besten. Ihre Räumungsklage scheiterte 2010 erneut, und auch die von ihr angestrengte Berufung wurde im September 2012 vom Landgericht Berlin zurückgewiesen.
Entscheidend war: Sie hatte auch für eine andere Wohnung eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen. In diesem Fall sollte in ihrem Haus in der Kantstraße* die Mieterin ausziehen, die die Nachbarwohnung von Mutter und Tochter L. bewohnt. Die Begründung hier: Sophia L. wolle in unmittelbarer Nähe ihrer Mutter wohnen, um sie pflegen zu können und um mit ihr gemeinsam vor Ort die Hausverwaltung zu besorgen. Zwei gleichzeitig verfolgte Eigenbedarfsverlangen mit sich widersprechenden Rechtfertigungen haben vor Gericht die ohnehin schon geringe Glaubwürdigkeit der Vermieterinnen L. völlig zerstört. Auch mit dieser Kündigung scheiterten sie also im Januar dieses Jahres in erster Instanz und im Oktober in der Berufung.
Offensichtlich hatten die Vermieterinnen geglaubt, dass die Mieter der beiden Häuser nichts voneinander erfahren würden. Doch das doppelte Spiel kam ans Licht. „Das war allerdings reiner Zufall“, sagt Mieter Siebold.
Jens Sethmann
* Der vollständige Name der Vermieterinnen und die Adresse sind der Redaktion bekannt, dürfen jedoch wegen der Rechtsprechung zum Persönlichkeitsschutz hier nicht genannt werden.
MieterMagazin 11/12
Glücklich, dass sie den Eigenbedarf ihrer Vermieterin abwehren konnten: Mieter Siebold
Foto: Sabine Münch
27.03.2022